Erotikthriller «Babygirl»«Moderne Frau, die sich im Bett unterwirft, ist kein Widerspruch»
Im Erotikthriller «Babygirl» spielt Nicole Kidman eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich im Bett ihrem Praktikanten unterwirft. Laut einer Sexologin keine antifeministische Praxis.
Darum gehts
Der Erotikthriller «Babygirl» mit Nicole Kidman sorgt für Diskussionen über Feminismus und Sexualität.
Im Film unterwirft sich Kidmans Figur, eine erfolgreiche Geschäftsfrau, ihrem Praktikanten im Bett.
Sexologin Laura Burkhardt erklärt, dass solche Fantasien bei vielen Frauen vorhanden und nicht antifeministisch sind.
Der Film regt an, über sexuelle Fantasien und Machtspiele zu sprechen, ähnlich wie die «Fifty Shades»-Reihe.
Der Film «Babygirl» mit Nicole Kidman (57) löst auf Social Media einen Hype aus. Junge Frauen erzählen, der Erotikthriller habe bei ihnen sexuelle Fantasien ausgelöst. Dabei ist der Plot alles andere als eine Ode an Feminismus und Gleichberechtigung – oder etwa doch?
Unterwürfigkeit im Bett: Antifeministisch, oder nicht?
Kidman schlüpft in «Babygirl» in die Rolle der erfolgreichen Geschäftsfrau Romy. Trotz Ehemann fühlt sie sich von ihrem neuen Praktikanten Samuel (Harris Dickinson) angezogen und die beiden beginnen eine Affäre. Im Bett ordnet sich die im Alltag dominante Romy komplett unter. Das Spiel mit Samuel droht, ihr Leben zu zerstören.
Der Effekt, den «Babygirl» auf junge Frauen hat, erinnert an die «Fifty Shades»-Reihe, in der sich die Studentin Anastasia vom Milliardär Christian Grey in BDSM-Praktiken dominieren lässt. Um diesen zu erklären, gilt zu verstehen, dass Unterwürfigkeit im Bett nichts mit Antifeminismus zu tun hat.
Was ist BDSM?
Die vier Buchstaben BDSM stehen für die Begriffe Bondage, Discipline, Dominance, Submission, Sadism und Masochism – zu Deutsch Fesseln, Disziplin, Dominanz, Unterwürfigkeit, Sadismus und Masochismus. Beim Ausleben dieser Praktiken nimmt meist eine Person den dominanten Part ein, während die andere in die Rolle des Unterwürfigen schlüpft. Manche Menschen fühlen sich auch in beiden Rollen wohl. Die Grenzen der sexuellen Praktik werden meist vom devoten Part durch ein Safeword gesteckt. Wird dieses genannt, ist die Grenze überschritten und das Spiel wird beendet.
«Der Film greift durchaus Fantasien auf, die bei vielen Frauen vorhanden sind.»
«Eine moderne Frau, die sich im Bett unterordnet, bildet keinen Widerspruch. Selbstbestimmung bedeutet, dass jede Frau, jeder Mensch, frei entscheiden kann, wie die eigene Sexualität gestaltet wird», erklärt die Sexologin Laura Burkhardt 20 Minuten. Statt sich dem Mann zu unterwerfen, steht laut der Zürcherin eher das «Gefühl vom Begehrtwerden» im Zentrum. Dieses hänge stark mit dem Spiel der Hingabe, Begehren und Kontrolle zusammen.
Über die Expertin
Laura Burkhardt ist studierte Sexologin und bietet Beratung zu Themen wie Lustlosigkeit, Orgasmusproblemen, Affären und Fetischen an. Die gebürtige Kölnerin führt eine Praxis im Herzen von Zürich. Nebst ihrer Tätigkeit als Therapeutin ist sie Host von «The Vagina Podcast», der sich dem weiblichen Geschlecht widmet.
![Sexualtherapeutin Laura Burkhardt Sexualtherapeutin Laura Burkhardt](https://image.20min.ch/2025/01/14/4a8c90cd-9b2a-4b26-8ffc-229a098efdfc.jpeg?auto=format%2Ccompress%2Cenhance&fit=max&w=1200&h=1200&rect=0%2C0%2C4000%2C2667&s=f33e662b28a100d4874a650114675eca)
Sexualtherapeutin Laura Burkhardt
Privat«Der Film greift durchaus Fantasien auf, die bei vielen Frauen vorhanden sind. Häufig geht es dabei weniger darum, tatsächlich dominiert zu werden, sondern vielmehr darum, sich in der Fantasie begehrt zu fühlen – in einer Dynamik, die trotzdem durch Eigenbestimmung geprägt bleibt», erklärt sie. So könne man Intensität und Leidenschaft sicher erleben, ohne diese im echten Leben ausleben zu müssen. «Entscheidend ist, dass solche Dynamiken auf konsensuellen Abmachungen basieren und alle Beteiligten sich dabei wohlfühlen.»
Ist der Mann öfters der dominante Teil?
Machtspiele sind in der Sexualität verbreitet, ob bewusst oder unbewusst. Das Wechselspiel von Hingabe und Kontrolle kommt gemäss Burkhardt nicht nur in BDSM-Praktiken vor: «Besonders in Momenten intensiver Erregung, die nicht selten mit einer erhöhten Körperspannung einhergeht, können Fantasien entstehen, die mit Macht oder Dominanz verknüpft sind.»
Sowohl in «Babygirl» als auch in der «Fifty Shades»-Reihe ist der Mann jeweils der dominante Teil im Bett. Laut der Therapeutin, die einen Podcast über weibliche Lust führt, sind Rollenwechsel genauso denkbar. «Viele Menschen tragen sowohl dominante als auch devote Anteile in sich, die je nach Situation und Partner unterschiedlich zum Vorschein kommen. Sich fallen zu lassen kann genauso reizvoll sein wie die Führung zu übernehmen – entscheidend ist, dass es für beide stimmig bleibt.» Burkhardt animiere ihre Kundschaft, «sich auszuprobieren und auch mal die ‹Rollen zu tauschen›, um neue Facetten ihrer Sexualität zu entdecken».
«Babygirl» als Gesprächsöffner über sexuelle Fantasien
Studien zeigen zudem, dass sowohl Männer wie Frauen Fantasien der Dominanz und Unterwerfung haben. «Die Unterschiede hängen eher von individuellen Vorlieben, sexuellen Lernschritten und Erfahrungen als von stereotypen Geschlechterrollen ab. Fantasien über Macht und Kontrolle sind also nicht ausschliesslich an ein bestimmtes Geschlecht gebunden, sondern es existiert eine breite Variation in der Bevölkerung.»
Allgemein sei BDSM deutlich verbreiteter, als viele meinen. «Schätzungen zufolge haben etwa 20 bis 40 Prozent der Menschen Fantasien oder Erfahrungen in diesem Bereich. Das Spektrum reicht von gelegentlichen Fantasien bis hin zu intensiven Lebensstilen», klärt Burkhardt auf. Filme wie «Babygirl» helfen zusätzlich «eigene Fantasien zu beflügeln und als Gesprächsöffner dienen, um über Wünsche und Grenzen mit Sexpartner*innen zu sprechen».
«Babygirl» läuft ab dem 30. Januar in den Schweizer Kinos.
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