«Babys bedienen bereits ein Smartphone»

Aktualisiert

Psychologin warnt«Babys bedienen bereits ein Smartphone»

Die Basler Psychologin Margarete Bolten warnt davor, Kinder zu früh ans Handy zu lassen. Viele Eltern wüssten gar nicht, was sie damit anrichten.

von
lha
Immer mehr Eltern greifen zum Smartphone, wenn das Kind im Tram oder sonstwo, wo es unangebracht ist, schreit.
Psychologin Margarete Bolten vom Universitätskinderspital beider Basel warnt vor den Folgen.
«Früher gab man dem Kind zum Beispiel einen Schlüsselbund zum Spielen. Heute aber geben die Eltern immer häufiger ihr Handy und spielen Videos ab», sagt Bolten.
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Immer mehr Eltern greifen zum Smartphone, wenn das Kind im Tram oder sonstwo, wo es unangebracht ist, schreit.

Keystone/Christof Schuerpf

Das Handy ist ein wahres Wundermittel. Sogar Kleinkinder lassen sich damit ruhigstellen. Immer mehr Eltern greifen zum Smartphone, wenn das Kind im Tram oder sonstwo, wo es unangebracht ist, schreit. Ein Video oder ein einfaches Game – und das Geschrei hört auf. «Früher gab man dem Kind zum Beispiel einen Schlüsselbund zum Spielen. Heute aber geben die Eltern immer häufiger ihr Handy und spielen Videos ab», sagt Psychologin Margarete Bolten dem «Regionaljournal» von SRF.

Die Psychologin ist im Universitätskinderspital beider Basel tätig, wo sie immer häufiger mit den Folgen übermässiger Handynutzung bei Kleinkindern konfrontiert ist. Im Interview mit dem UKBB-Blog spricht sie sogar von autistischen Verhaltensweisen, die Kinder durch die intensive Nutzung von Smartphones entwickelt hätten. «Viele Eltern gehen völlig unkritisch mit diesen Geräten um», sagt Bolten. Sie sind auch eine grosse Versuchung für gestresste Eltern. «Das Handy strahlt, das Kind strahlt auch.»

Eltern reagieren schockiert

Viele hätten das Gefühl, dass sie ihre Kinder mit spezifische Apps sogar fördern könnten. Die Psychologin stellt klar: «Die Forschung zeigt auch sehr eindeutig: Eine erhöhte Mediennutzung wirkt sich negativ aus auf die Sprach- und kognitive Entwicklung, die Konzentration, den Schlaf oder auch darauf, ob ein Kind lernt, seine Emotionen selbständig zu regulieren.»

Klärt sie Eltern in der Sprechstunde darüber auf, seien viele schockiert. Das sei auch ihr Ziel. «Ich möchte Eltern aufrütteln», sagt Bolten. In der Sprechstunde treffe sie allerdings die Extreme an. «Zweijährige, die um 20 Uhr mit dem iPad ins Bett gelegt werden und da reinstarren, bis sie vor Erschöpfung einschlafen.» Bolten sagt denn auch: Der Kontakt mit solchen Geräten sei nicht per se problematisch.

Bildschirm sollte die Ausnahme bleiben

Allerdings mahnt sie zur Vorsicht. Die visuellen Reize von Videos und Games auf Smartphones und Tablets seien viel stärker als ein Fernseher. In einem Leitfaden, der in Zusammenarbeit mit dem Basler Gesundheitsdepartement entwickelt wurde, wird dazu geraten, Kinder unter vier Jahren nur ausnahmsweise und höchstens eine halbe Stunde «Bildschirmmedien» auszusetzen.

Wer sich danach entscheide, sein Kind vom Handy fernzuhalten, dem falle dies meistens gar nicht mal so schwer, weiss Bolten. «Es gibt ja auch genügend Möglichkeiten, Kinder sinnvoller zu beschäftigen. Zum Beispiel sie draussen spielen zu lassen.»

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