Babyschütteln auf dem iPhone

Aktualisiert

«Baby Shaker»Babyschütteln auf dem iPhone

Kindsmisshandlung als Game: Nach heftigen Protesten hat Apple eine iPhone-Applikation von auserlesener Geschmacklosigkeit aus dem App-Store verbannt.

Nur gerade drei Tage lang war die iPhone-Applikation «Baby Shaker» im Apple-Store erhältlich. Am Montag kam die Software des Herstellers Sikalosoft in den Handel, am Mittwoch reagierte Apple auf die lauten Proteste und nahm den «Baby Shaker» wieder aus dem App-Store.

Rote Kreuze über den Augen

Wer sich die Software aufs iPhone lud, konnte ein Game von seltener Geschmacklosigkeit spielen: Auf dem Display erschienen weinende, schwarz-weiss gezeichnete Babys, die durch Schütteln des iPhones zum Schweigen gebracht werden mussten. Schüttelte man lange und kräftig genug, wurde das Baby still und über seinen Augen erschienen rote Kreuze.

Was auf dem iPhone als Spiel daherkommt, ist in der wirklichen Welt bittere Realität: Das so genannte Schütteltrauma gilt als häufigste Todesursache bei körperlicher Kindesmisshandlung. Babys, die das Schütteln überleben, tragen oft bleibende Behinderungen davon. Kein Wunder, wurde Protest laut: So verurteilten laut einem Bericht der «New York Times» Organisationen wie das «Sarah Jane Brain Foundation» oder das «National Center on Shaken Baby Syndrome» das iPhone-Game aufs Schärfste. Patrick Donahue, Gründer der «Sarah Jane Brain Foundation», schrieb Apple-Chef Steve Jobs gemäss der britischen Zeitung «Telegraph»: «Als Vater einer Dreijährigen, die im Alter von erst fünf Tagen von der Säuglingsschwester geschüttelt wurde, was ihr drei Rippen und beide Schlüsselbeine brach und schwere Hirnverletzungen verursachte, kann ich meine Empfindungen nicht in Worte fassen.»

Undurchsichtige Zulassungsbestimmungen

Apple-Sprecherin Natalie Kerris bestätigte laut «New York Times», dass Apple die Applikation am Mittwoch aus dem Handel genommen hatte. Sie wollte indes keinen Kommentar dazu abgeben, warum «Baby Shaker» überhaupt im Apple-Store angeboten worden war. Ebenso wenig machte sie Angaben darüber, wie oft die Software heruntergeladen wurde.

Der Vorfall wirft neues Licht auf die undurchsichtigen Zulassungsbestimmungen, die Apple in seinem App-Store anwendet. Denn Applikationen mit Schimpfwörtern oder sexuellen Inhalten werden strikt geblockt. Virtueller Kindermord dagegen liegt offenbar drin – zumindest solange kein Protest laut wird.

(dhr)

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