«20 Prozent sind weg»Zocken uns Pensionskassen bei den Gebühren ab?
Die Pensionskassen verwalten über eine Billion Franken – dadurch fallen hohe Vermögensverwaltungskosten an. Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm kritisiert, dass davon viel Geld in den Portemonnaies der Banker versickere.
Darum gehts
Über eine Billion Franken werden von den Schweizer Pensionskassen verwaltet.
Die Renten sinken seit Jahren, während die Kosten für die Verwaltung und Vermögensverwaltung stetig steigen.
Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm fordert mehr Transparenz bei den Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten.
2022 verwalteten die 1353 Pensionskassen in der Schweiz insgesamt 1066 Milliarden Franken. Dies zeigt die Pensionskassenstatistik des Bundes.
Pensionskassen-Renten sinken seit 20 Jahren
Die Renten selber sind in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken. Konnte ein 55-Jähriger mit einem Jahreseinkommen von 120’000 Franken, der in zehn Jahren pensioniert wird, 2002 noch mit einer Jahresrente von 74’920 Franken (AHV und Pensionskasse) rechnen, waren es 2023 nur noch 59’200 – ein Minus von 15’720 Franken. Während die AHV-Rente in dieser Zeit leicht gestiegen ist, sind die Pensionskassen-Renten deutlich gesunken, wie eine Grafik des Finanzdienstleisters VZ Vermögenszentrum zeigt.
Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten explodieren
Während die Pensionskassen-Renten sinken, sind das verwaltete Vermögen und der Verwaltungsaufwand richtiggehend explodiert. Vor zehn Jahren betrug der Aufwand für die Verwaltung der PK-Vermögen insgesamt noch drei Milliarden Franken, 2022 waren es schon sieben Milliarden. Und wie bei den Renten gibt es auch beim Verwaltungsaufwand massive Unterschiede zwischen den Kassen, wie eine Auswertung von VZ Vermögenszentrum zeigt: Bei der teuersten Kasse beträgt der Verwaltungs- und Vermögensverwaltungsaufwand das Vier- bis Sechsfache gegenüber der günstigsten.
Ex-Preisüberwacher Strahm: «Jeder fünfte Franken versickert»
«Eigentlich wäre die Pensionskasse als gemeinnütziges System gedacht gewesen und sollte keinen Gewinn machen – es ist aber ein riesiges kommerzielles Business entstanden», sagt Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm, der sich seit 20 Jahren mit der 2. Säule auseinandersetzt.
«Aber die Banken, Vermögensverwalter und Fonds, die diese Unmengen an Geld verwalten, nehmen sich auch einiges davon raus – dieses Geld versickert dann etwa in den Portemonnaies der Banker und Fondsmanager.»
Er kritisiert die hohen Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten, die laut einer Berechnung der Beratungsfirma «c-alm» im Jahr 2021 bei über acht Milliarden, oder 1426 Franken pro Kopf und Jahr, lagen – und vor allem dessen Intransparenz: «Einerseits ist natürlich die Kapitalsumme gestiegen und beträgt über eine Billion, das führt auch zu höherem Vermögensverwaltungsaufwand. Aber die Banken, Vermögensverwalter und Fonds, die diese Unmengen an Geld verwalten, nehmen sich auch einiges davon raus – dieses Geld versickert dann etwa in den Portemonnaies der Banker und Fondsmanager.»
Dieser Meinung ist auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund: «Es versickert zu viel Geld der Versicherten in der Finanzindustrie, jedes Jahr mehr», sagt Sprecher Urban Hodel. «Gleichzeitig sinken die Renten und den Pensionskassen geht es gut. Und es gibt keinen Aufschrei, dass hier Milliarden am Paradeplatz landen statt bei der Bevölkerung.»

«Müsste jede Kasse transparent ausweisen, wie viel in der Verwaltung und Vermögensverwaltung versickert, würden alle von den Versicherten unter Druck geraten», ist sich Strahm sicher.
Franziska RothenbuehlerStrahm spricht sich nicht für eine Deckelung des Verwaltungsaufwandes aus, das halte er nicht für seriös. Aber er fordert eine vergleichbare Transparenz über die Kosten, analog zu den Krankenkassen, die ihre Prämien ausweisen müssen. «Man kann die Pensionskasse nicht selbst wählen. Müsste jede Kasse jedoch transparent ausweisen, wie viel in der Verwaltung und Vermögensverwaltung versickert, würden alle von den Versicherten unter Druck geraten», ist sich Strahm sicher.
Pensionskassenverband: «Blosser Fokus auf Vermögensverwaltungskosten ist falsch»
Rein statistisch gesehen sei die durchschnittliche Höhe einer neuen Altersrente in den letzten Jahren gesunken, sagt der Schweizerische Pensionskassenverband «Asip». Das dürfe allerdings nicht mit einer generellen Leistungseinbusse gleichgesetzt werden: «Zum einen öffnen sich Pensionskassen immer häufiger für neue Erwerbsgruppen mit naturgemäss weniger Sparkapital und später tieferen Renten, etwa Teilzeitangestellte oder Mehrfachbeschäftigte. Zum anderen haben sich in den letzten Jahren immer mehr Personen bei der Pensionierung für das angesammelte Sparkapital anstelle der Rente entschieden», erklärt Asip-Direktor Lukas Müller-Brunner.

Immer mehr Personen entscheiden sich für eine Auszahlung des angesammelten Alterskapitals statt einer Rente, sagt Lukas Müller-Brunner, Direktor der Schweizerischen Pensionskassenverbands.
AsipDer Anstieg des Verwaltungsaufwands sei auf neue Belastungen zurückzuführen, die etwa von Datenschutzregeln, Vorgaben zur Aufsicht oder der Bezahlung von Radio- und Fernsehgebühren herrührten. «Gerade bei der Vermögensverwaltung ist aber ein blosser Fokus auf die Kosten falsch. Man kann so zwar etwas Geld sparen, vergibt aber auch die Chance auf höhere Erträge an den Kapitalmärkten», so Müller-Brunner.
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