Gewalt an der Basler Fasnacht: «Die haben echt viel Sche***gemacht»

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BaselElio (18): «Ich hasse es, wenn sie die Polizei provozieren»

An der Fasnacht sind Jugendliche eskaliert, es kam zu Pfefferspray-Missbrauch, Gewalt gegen Beamte und Schlägereien. 20 Minuten konnte mit einem jungen Mann reden, der dabei war.

Elio hat festgehalten, wie der Jugendliche am Mittwochabend verhaftet wurde, nachdem er gegen einen Mann Pfefferspray einsetzte.
Im Laufe des Abends soll wiederholt Pfefferspray eingesetzt worden sein.
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Elio hat festgehalten, wie der Jugendliche am Mittwochabend verhaftet wurde, nachdem er gegen einen Mann Pfefferspray einsetzte.

Privat

Darum gehts

  • An der Basler Fasnacht kam es zu Schlägereien und aggressivem Verhalten von Jugendlichen.

  • Elio, ein 18-jähriger Basler, kritisiert die Provokationen gegen die Polizei und das aggressive Verhalten der Jugendlichen.

  • Eine Teenagerin wurde nach Gewalt gegen Beamte festgenommen. Ein zweiter Jugendlicher nachdem er Pfefferspray gegen einen Passanten einsetzte.

  • Elio betont, dass die Jugendlichen Respekt vor der Fasnacht haben, aber die Eskalation durch den Wunsch nach Aufmerksamkeit getrieben wird.

«Sind wir in Marseille oder in Basel?», schreit ein junger Mann auf einem Tiktok-Video ins Mikrofon von Tik-Toker Jiggo. Hinter ihm ist eine Gruppe Jugendlicher zu sehen. Chaotische Szenen sind es, Rauch, Geschrei. Auch Polizisten sind in dem Video zu sehen.

«Eskalation an der Fasnacht – weiss jemand, was los war?», heisst es unter dem Post. Die Liste an Ausfälligkeiten an der Basler Fasnacht wird zum Ende der drei Tage immer länger: Gewalt gegen Beamte, geworfene Gegenstände, Böller, Pfefferspray gegen Passanten und – Schlägereien.

Am Freitag meldet sich Elio* bei 20 Minuten. Er sei an allen drei Tagen an der Fasnacht gewesen. Und an allen drei Abenden sei es «brutal eskaliert», sagt er. «Dieses Jahr war es megaschlimm», sagt er zu 20 Minuten. Er meldet sich aus seiner Mittagspause. Elio arbeite in der Innenstadt und «bekomme halt alles mit.» Er sei zwar Teil der Gruppe, die an der Fasnacht eskalierte, würde sich aber bei Streitigkeiten heraushalten.

Warum glaubst du, eskaliert die Situation an der Fasnacht oft?

Elio berichtet von krassen Szenen in der Stadt, von Fights zwischen Mädchen, von Schlägereien zwischen Männergruppen. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen – «ich will ja keine Probleme».

«Stress haben die anderen schon genug gemacht», sagt Elio, der schockiert gewesen sei. Einerseits davon, wie die Jugendlichen die Polizei provoziert hätten: «Ich hasse, wenn sie das machen.» Sie hätten dieses Jahr echt «viel Sche***» gemacht, die Kollegen. Anderseits sei er aber auch vom Eingreifen der Polizei, das er oft als «zu krass» empfunden hat, befremdet. «Viele von denen, die provoziert haben, sind 13 oder 14, die wissen doch nicht, was sie da machen», sagt er.

«Wir haben Respekt vor der Fasnacht, sonst wären wir nicht da.»

Elio, 18

Angefangen habe «es» am Dienstagabend am Basler Claraplatz: «Ich war mit Kollegen vor dem McDonalds, als eine 14-Jährige von der Polizei mitgenommen wurde.» Er soll gesehen haben, wie das Mädchen davor eine Polizistin gestossen habe. Polizei-Mediensprecher Rooven Brucker bestätigt, dass man am Dienstagabend eine Teenagerin angehalten und auf den Posten mitgenommen habe: «Dies ist, nachdem es zu Gewalt gegen Beamte gekommen ist.»

Die 14-Jährige habe bei dem Polizeieinsatz sichtlich Schmerzen an der Schulter gehabt, sagt Elio. «Sie fühlt sich sche****. Jetzt hat sie auch Stress mit den Eltern», sagt Elio, der den Bruder des jungen Mädchens vor Ort trösten musste. Ihr sei der Vorfall peinlich, sagt Elio, der sie am Donnerstag gesehen habe.

Polizei setzte Pfefferspray ein

Elio sei auch dabei gewesen, als die Polizei am Mittwochabend einen weiteren Jugendlichen angehalten habe. «Er hat einen Mann gepfeffert», sagt Elio. Im Verlauf des Abends hätten Jugendliche Pfeffersprays gegen sich selbst und Dritte verwendet, sagt Polizeisprecher Brucker. Auf einem Foto von Elio, das 20 Minuten vorliegt, soll der junge Mann vor einem Polizeiwagen zu sehen sein –  er lächelt. Die anderen der Gruppe hätten die Festnahme gefilmt, heisst es in der Medienmitteilung der Basler Polizei. Gefilmt wurde, sagt Elio. Aber: Die Aufnahmen seien nicht veröffentlicht worden.

Am Mittwochabend soll die Polizei laut Elio Pfefferspray gegen die Jugendlichen eingesetzt haben. Elio habe Asthma und deswegen Atemprobleme bekommen, sagt er. Der Polizeisprecher Rooven Brucker bestätigt gegenüber 20 Minuten, dass man im Rahmen eines Einsatzes an der Fasnacht am Mittwochabend Pfefferspray verwendet habe. Den Betroffenen sei danach medizinische Betreuung angeboten worden, das sei aber abgelehnt worden. «Dies im Rahmen der Verhältnismässigkeit», sagt er.

«Sie wollen einfach cool sein»

Elio habe die Jugendlichen wiederholt davon abhalten wollen, die Polizei zu provozieren. Sie würden «einen auf cool» machen und dann wegrennen, wenn es ernst werde. Auf die Frage, warum die Jugendlichen in diesem Jahr so eskaliert seien, hat er eine einfache Antwort: «Sie wollen einfach cool sein.»

Cool sei das Ganze gar nicht, findet Elio. Auch die Aussagen von Jugendlichen im Video von Jiggo, wonach Basel «wegen der Schlägereien» die beste Fasnacht habe, fände er nicht in Ordnung. Aber: «Basel ist bekannt für Stress.»

Mit mangelndem Respekt vor der Fasnacht, wie die Polizei nach den Vorfällen suggeriert, habe das nichts zu tun. «Das ist oft der Fall in Basel, wenn viel los ist», sagt er. Und: «Wir haben Respekt vor der Fasnacht, sonst würden wir ja nicht gehen.» Vielmehr wolle man sich wohl mit der Polizei messen. «Das macht denen Spass», sagt Elio. Und: Es gebe Klicks in den sozialen Medien.

Das wiederum findet Jiggo «einfach nur traurig». Er selbst sei auch überrascht gewesen von den Aussagen der Jugendlichen. Um Aussagen für seinen Content abzuholen, sei er an verschiedene Orte gegangen, auch nach Laufen, Liestal und eben Basel-Stadt. Die Antworten zur Fasnacht seien überall etwa ähnlich gewesen: mehr Spass, bessere Kostüme, bessere Partys, besserer Vibe. «Nur in Basel-Stadt fiel die Antwort: wegen Schlägerei.»

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