Basel«Handwerksbetriebe erhalten keine Aufträge mehr»
Vermieter und Mieter einer Basler Liegenschaft einigten sich auf neue Küchen und einen entsprechenden Mietzinsaufschlag. Dann kam die Wohnschutzkommission.
Darum gehts
In Basel gilt seit bald einem Jahr ein Wohnschutzgesetz, mit dem bezahlbarer Wohnraum geschützt werden soll.
In Zeiten von Wohnungsnot sind Sanierungen und Umbauten bewilligungspflichtig.
Die Wohnschutzkommission hat nun einen Deal zwischen Vermieter- und Mieterschaft zum Einbau neuer Küchen in einem Mehrfamilienhaus gekippt.
In der Immobilienbranche löst die neue Gesetzgebung heftige Kritik aus, auch politisch wurden bereits Lockerungen gefordert.
In Basel ist seit vergangenem Mai ein neues Wohnschutzgesetz in Kraft. Dieses unterstellt sämtliche Sanierungen, Renovationen und Umbauten, die über den einfachen Unterhalt hinausgehen, «in Zeiten der Wohnungsnot» einer Bewilligungspflicht. Die Einhaltung kontrolliert die neu geschaffene Wohnschutzkommission. Diese publiziert seit Februar regelmässig Musterentscheide. Ein solcher gibt nun zu reden.
Darum gehts im Entscheid
Vermieter- und Mieterschaft einer Liegenschaft haben sich auf den Ersatz ihrer Küchen geeinigt. Für die neuen Küchen wurden pro Wohnung 54'000 Franken veranschlagt. Mit der Mieterschaft einigte man sich auf einen Mietzinsaufschlag von 120 Franken. Die Wohnschutzkommission hat diesen Deal nun für nichtig erklärt.
Der Komplettersatz der noch funktionalen Küchen auf Wunsch der Mieterschaft entspreche nicht den überwiegenden Bedürfnissen der Wohnbevölkerung, argumentiert die Kommission. Einzig der Ersatz der Elektrogeräte sowie die damit verbundenen Arbeiten seien auf den Mietzins überwälzbar. Diese Investitionskosten beliefen sich auf 12'343 Franken, rechnet die Kommission vor. Die übrigen Arbeiten könnten nicht berücksichtigt werden. Daraus ergebe sich dann ein maximal zulässiger Mietzinsaufschlag von zwölf Franken pro Wohnung.

Solange die Leerstandsquote unter 1,5 Prozent liegt, herrscht in Basel Wohnungsnot. Und solange Wohnungsnot besteht, unterliegen Sanierungen der Bewilligungspflicht, um bezahlbaren Wohnraum zu schützen.
Statistisches Amt Basel-StadtDass die Mieterschaft einverstanden gewesen sei mit dem höheren Mietzinsaufschlag, sei unerheblich. «Der Mieterschutz ist im Bundesprivatrecht abschliessend geregelt», so die Kommission in ihrem Entscheid. Darin erteilt sie der Bauherrschaft die Bewilligung unter den genannten Auflagen und unter Auferlegung einer Mietzinskontrolle während fünf Jahren. Der Entscheid ist rechtskräftig.
Immo-Branche stoppt Investitionen
Fabian Halmer, Teilhaber bei Holinger Moll Immobilien, kritisiert den Entscheid in einem Linkedin-Post. Der Gesetzgeber stelle hier das Interesse der überwiegenden Bevölkerung über das Interesse der direkt betroffenen Parteien. «Wem ist nun damit geholfen oder wer wird hier vor wem geschützt?», fragt er rhetorisch.
Der Beitrag des Immobilienspezialisten auf Linkedin zum Entscheid der WSK hat eine Debatte ausgelöst.
LinkedinGegenüber «Prime News» führt Halmer weiter aus, dass die Überregulierung dazu führe, dass grössere und kleinere Immobilienbesitzer nicht mehr investieren würden. «Das betrifft auch Handwerksbetriebe, die keine Aufträge mehr erhalten, das hört man ganz eindeutig aus der Branche.»
Der Basler Grosse Rat hat im Januar bereits Lockerungen beim Wohnschutz beschlossen. Damit sollen die Interessen der Vermieter wieder stärker berücksichtigt werden. Die vier Motionen, allesamt aus dem bürgerlichen Lager, waren eine Reaktion auf den Investitionsstopp, mit dem mehrere grosse Immobilienbesitzer in Basel-Stadt, wie etwa die Bâloise, auf die neuen Wohnschutzbestimmungen reagiert hatten. Die Regierung muss ihre Stellungnahme dazu bis am 17. April dem Rat präsentieren.
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Hast du oder hat jemand, den du kennst, Fragen zu Miete oder Vermietung?
Hier findest du Hilfe:
Mietrecht.ch, Schlichtungsstellen nach Region
Rechtsauskunftsstellen nach Region
Mieterinnen- und Mieterverband, Tel. 0900 900800 (kostenpflichtig)
Casafair, Hauseigentümerverband
HEV Schweiz, Hauseigentümerverband
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