Basel: KI macht Hexenverfolgung für alle zugänglich

Publiziert

Historischer True CrimeDank KI kannst du Anna Stöcklers Hexengeständnis lesen

Das Archivs des ehemaligen Fürstbistums Basel macht neu Kriminalakten aus dem 15. bis 18. Jahrhundert online einsehbar. Dokumentiert sind auch Urteile über «Hexen» der Region Basel.

Darum gehts

  • Seit neuestem sind im Archivs des ehemaligen Fürstbistums Basel Kriminalakten aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit einsehbar.

  • Darunter sind auch einige grauenerregende Dokumente von Hexenverbrennungen.

  • Eine Schicksal einer vermeintlichen Hexe wird im folgenden Artikel besprochen.

Eine der letzten vermeintlichen Hexen Europas wurde in der Schweiz geköpft. Anna Göldi wurde 1782 in Glarus hingerichtet. In der Schweiz wurden rund 10'000 Menschen, überwiegend Frauen der Hexerei beschuldigt. Besonders in der frühen Neuzeit zwischen den Jahren 1550 und 1670 war die Hexenjagd in Europa in vollem Gange. Schätzungen zufolge fielen diesen Verfolgungen mehr als 100.000 Menschen zum Opfer.

True-Crime aus der frühen Neuzeit

Das Archiv des ehemaligen Fürstbistums Basel (AAEB) stellt seit kurzem Kriminalakten aus dem 15. bis 18. Jahrhundert online. Diese sind frei zugänglich. Darunter befinden sich auch einige Schriften zur Hexenjagd in der heutigen Nordwestschweiz.

Denn auch das Fürstbistum Basel war vom Hexenwahn stark betroffen, wobei erhebliche Unterschiede zwischen den Vogteien bestanden. Im katholischen Norden fand die letzte Hinrichtung 1670 statt, im reformierten Süden erst 1710. Diese regionalen Unterschiede machen das Fürstbistum zu einem interessanten, aber bislang wenig erforschten Studienobjekt.

Der Fall Anna Stöckler

Unter den kürzlich digitalisierten Dokumenten befindet sich etwa das Geständnis der Anna Stöckler aus Aesch. Sie gestand am 27. Februar 1546 unter Folter und später auch ohne die Beihilfe eines Folterknechts und vor sieben Zeugen folgendes:

1. Vor vierzehn Jahren habe sie sich von Gott losgesagt und sich dem Teufel hingegeben.
2. Sie habe mit Komplizen einen Hagelsturm verursacht.
3. Sie habe ein Pferd, das ihrem Bruder gehörte, getötet, weil seine Frau ihr Kind geschlagen hatte.
4. Sie habe Menschen krank gemacht.
5. Sie habe mit Komplizen erneut Hagel heraufbeschworen.
6. Dieser habe verschiedene Schäden (verlorene Weinlese) verursacht.
7. Sie habe Hans Leuenberger befohlen, ein Kind zu erblinden.

So schön die Handschrift ist, so schwer ist sie für uns heute lesbar.

So schön die Handschrift ist, so schwer ist sie für uns heute lesbar.

AEEB

Wie die unglückliche Anna nun für das aufgezwungene Geständnis bestraft wurde, ist nicht bekannt. Andere Dokumente führen etwa die Hinrichtung, Verbannung oder eine Haftstrafe auf. Nur vereinzelt wurden die Angeklagten auch freigesprochen.

Handschriften dank KI fast verständlich

Das Geständnis ist in einer verschnörkelten Handschrift geschrieben. «Auf der Website können die einzigartigen historischen Dokumente online mit KI lesbar gemacht werden», so das AAEB.

Das KI Programm heisst Transkribus und zaubert aus dem unleserlichen Gewirr aus Runen und Glyphen ein Text in den uns bekannten Buchstaben. Dabei muss man wissen, dass es damals noch keine einheitliche Rechtschreibung gab und die Texte etwas eigentümlich sind. So steht etwa wörtlich in der «Fallakte»:

... und habent den anschlag gemacht uff die negsten fronffasten nach faßnacht die Reben und alle frucht Zue werderben, von do dannen uff Bratlen maten Zu fare [sic!]

Am meisten hilft jedoch eine gute Portion Fantasie und das laute Vorlesen beim Entziffern des Kriminaldokuments auf Frühneuhochdeutsch.

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt

11 Kommentare