Basel, nimm dich vor Winikon in Acht!

Aktualisiert

Ambitionen eines 5. LigistenBasel, nimm dich vor Winikon in Acht!

Es war ein ganz normaler Fussballmatch im August. Normal? Nein, der FC Winikon holte seine ersten Punkte – historische Punkte auf dem Weg zum Schweizer Meistertitel 2023.

von
Philipp Reich
Der FC Rot-Weiss Winikon startete im Sommer 2011 in der 5. Liga und will 2023 Schweizer Meister werden. (Bild: Facebook)

Der FC Rot-Weiss Winikon startete im Sommer 2011 in der 5. Liga und will 2023 Schweizer Meister werden. (Bild: Facebook)

Wie so oft im Fussball bestätigt sich die alte Regel «Wer die Tore nicht macht, kriegt sie»: Mit einem Sonntagsschuss ins Lattenkreuz trifft Fällanden zum Ausgleich. Winikon war in der ersten Halbzeit verdient in Führung gegangen und hätte das Skore gar noch ausbauen können. Doch es sollte wohl einfach nicht sein.

Es ist ein 5.-Liga-Spiel, wie sie an diesem schönen Spätsommermorgen im August haufenweise stattfinden. Am Greifensee kämpfen der FC Rot-Weiss Winikon und die Reserven des FC Fällanden um die ersten Punkte der neuen Meisterschaft. Die Zweikämpfe werden hart geführt, Bälle verstolpert, gelungene Aktionen von den wenigen Fans beklatscht. Nach etwas mehr als 90 Minuten pfeift der Schiedsrichter ab - ein ganz normaler Fussballmorgen geht zu Ende.

Ganz normal? Mitnichten. Die Zuschauer haben soeben «Historisches» erlebt – den ersten Punktgewinn des Schweizer Fussballmeisters 2023. So jedenfalls lautet das ambitionierte Ziel des FC Rot-Weiss Winikon. In 12 Jahren will der neugegründete Amateuerverein aus einem kleinen Nest bei Uster von der 5. Liga in die Super League aufsteigen und schliesslich den Meistertitel feiern.

Acht Aufstiege in zwölf Jahren

Was für Aussenstehende wie ein Witz klingt, ist für die Initianten des Projekts mehr als nur eine Fantasterei. «Wir sind zuversichtlich, dass es gut kommt», sagt Präsident Hansruedi Knöpfli. Nach dem direkten Durchmarsch in die 2. Liga soll eine erste Zeit der Konsolidierung folgen. Für 2018 ist der Schritt in die 1. Liga geplant, 2021 schliesslich der Aufstieg in die Challenge League. Zwei Jahre später will man den Meisterpokal in die Höhe stemmen. Eigentlich war der Titel schon für 2022 geplant. «Aber sie haben uns eine Liga dazwischengebaut», ärgert sich Knöpfli nicht ganz ernsthaft über die neue Promotion League, die ab nächster Saison eingeführt wird.

Das Projekt «Meister 2023» basiert auf einer Diplomarbeit der «Swiss Marketing Academy», deren Geschäftsführer RWW-Präsident Knöpfli ist. Die Studenten des Lehrganges Event- und Sponsoringplaner lieferten das Konzept, das nun umgesetzt wird. «Konkrete Pläne gibt es für die nächsten drei, vier Jahre. Danach sehen wir weiter», so Knöpfli. «Wir wollen den Klub langsam aber sicher aufbauen.» Dazu gehören vor allem moderne Marketing-Strategien. Fanartikel wie T-Shirts und Kaffeetassen sind über die Homepage bereits erhältlich, eine Facebook-Gruppe, welche die Fans auf dem Laufenden hält, darf natürlich auch nicht fehlen.

Ex-FCZ-Spieler Tarone im Kader

Sportlich setzt RW Winikon auf Freiwillige. Auf der Homepage kann sich jeder melden, der gerne beim Projekt dabei wäre. So ist das Kader auch bunt gemischt. Vom aufstrebenden Lehrling bis zum erfahrenen Senior ist alles dabei. Doch ohne einschlägige Neuverplichtungen geht's natürlich nicht. So konnte Daniel Tarone, der mit dem FCZ 2005 Cupsieger wurde, für das Projekt begeistert werden. Beim ersten Auftritt in Fällanden fehlte der Ex-Profi wegen dem Geburtstag seines Sohnes noch, beim ersten Heimspiel am nächsten Sonntag will Tarone aber dabei sein. Ebenfalls im Kader ist dann Ersel Sertkan, der 1996 zu zwei Super-League-Teileinsätzen mit dem FC St. Gallen kam.

Löhne werden vorerst aber keine ausbezahlt. Alle Mitglieder - auch Daniel Tarone - müssen einen Jahresbeitrag bezahlen. Momentan kriegen die Spieler allerdings die Spesen ausbezahlt. Das ist - obwohl schon im Amateurfussball schnell Spesen bezahlt werden - für einen 5.-Liga-Verein sehr ungewöhnlich. Für einen Lehrling sei es sonst aber eine kostspielige Angelegenheit, so das Argument der Vereinsleitung. Dass dieses Konzept irgendwann überdacht werden muss, weiss auch Knöpfli. «Für den Moment ist es gut so. Der Fussball ist ein schnelllebiges Geschäft. In den nächsten Jahren werden wir die Mannschaft punktuell ausbauen und verstärken.»

«Wir haben eine Strategie, es kann klappen»

Wichtig ist dem Präsidenten aber auch, dass der Fokus nicht nur auf den sportlichen Zielen liegt. Der Verein soll Begeisterung entfachen, der ganzen Region etwas bieten. Neben der 1. Mannschaft kommt im nächsten Jahr eine Damenmannschaft hinzu und auch in der Juniorenförderung ist der Klub aktiv. «Wir sind breit abgestützt», erklärt Knöpfli. «Andere Vereine müssen um ihre Mitglieder kämpfen, wir nicht.»

Aber eben: Der FC Rot-Weiss Winikon will kein Verein wie jeder andere sein. Das Ziel lautet Meistertitel 2023. «Wir haben eine Strategie, es kann klappen», so Knöpfli. Mit den Kritiken, die das Projekt für überheblich halten, kann der Präsident gut umgehen. «Das Schönste, was man haben kann, sind ein Haufen Neider.»

United Zürich

In der Schweiz startete 2008 ein ähnlich ambitioniertes Projekt. Der damalige 4.-Liga-Klub Fenerbahçe Zürich wurde in FC United Zürich umbenannt. Die Vision war damals klar: «Wir wollen 2018 Meister werden», sagte Mitinitiator Bernhard Fanger. Bis 2013 soll das Team in der 2. Liga Interregional kicken, so der Plan damals. Auch wenn der Aufstieg aus der 2. Liga Regional im Sommer verpasst wurde, liegt man dafür gut im Rennen. In der neuen Meisterschaft ist das erneut verstärkte Team bisher bei einem Torverhältnis von 7:1 ohne Verlustpunkte und der grosse Aufstiegsfavorit. Winikon-Präsident Hansruedi Knöpfli hatte zwar Kontakt mit United Zürich, sagt allerdings: «Das ist ein anderes Projekt.»

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