UmfrageBasler Bürger spielen Psychiater
10'000 Stadtbewohner haben eine Umfrage der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) erhalten. Sie sollen ein fiktives Fallbeispiel psychologisch beurteilen.

Fast 50 Prozent der Bevölkerung erhalten im Laufe ihres Lebens eine psychiatrische Diagnose. Mit der Umfrage will das UPK die Stigmatisierung von psychisch Kranken abbauen. (Symbolbild)
Der 23-jährige Sebastian M. wohnt in Ihrer Nachbarschaft. Von Bekannten haben Sie gehört, dass sich seine Familie sich um ihn sorgt. Er soll seinen Ausbildungsplatz verloren haben und sich von Freunden isolieren. Man sieht Sebastian nur noch selten und ungepflegt in der Öffentlichkeit. Er scheint Selbstgespräche zu führen, blickt sich auf der Strasse misstrauisch um und scheint sich von anderen verfolgt zu fühlen. Sebastian soll seiner Familie erzählt haben, dass andere seine Gedanken lesen und ihn fernsteuern würden. Sie haben bei ihm noch nie gefährliches Verhalten beobachtet, auch seine Familie hat nichts derartiges berichtet. Sich selber hat Sebastian ebenfalls nicht gefährdet.
Würden Sie jemanden wie Sebastian M. als Untermieter nehmen? Würden Sie ihm Ihre Kinder für ein paar Stunden zur Aufsicht anvertrauen? Wären Sie damit einverstanden, dass jemand wie Sebastian M. in Ihre Familie einheiratet?
Stigmatisierung abbauen
Diese und ähnliche Fragen sollen 10'000 Basler Stadtbewohner in einer 16-seitigen Bevölkerungsumfrage zur Wahrnehmung der Psychiatrie beantworten. Zudem sollen die Befragten einschätzen, ob Sebastian M. an einer psychischen Krankheit leidet und, falls ja, welche Diagnose gestellt werden könnte. Sollen sich die Basler also als Hobby-Psychologen versuchen? Es gehe nicht um eine korrekte Diagnose, sonder eher um die Einstellung zu einem psychisch kranken Menschen, erklärt Undine Lang, Klinikdirektorin der Erwachsenen-Psychiatrischen Klinik in der «Basler Zeitung».
«Fast 50 Prozent der Bevölkerung erhalten im Laufe ihres Lebens eine psychiatrische Diagnose - entsprechend viele Menschen dürften mit psychisch Erkrankten Kontakt haben. Ob hier Distanz oder Verständnis herrscht, soll der Fragebogen klären.» Insbesondere gehe es darum, die Stigmatisierung von psychiatrischen Patientinnen und Patienen abzubauen, beschreibt Lang das Ziel der Befragung, die Teil eines vom Basler Gesundheitsdepartement bewilligten Forschungsprojekts ist.
Wegen der komplexen Thematik rechnet das UPK mit einem Rücklauf von lediglich zehn Prozent. Die Kosten für die Befragung belaufen sich auf 78'000 Franken.