Maler- und GipserbrancheBaubranche will Frauen mit Teilzeit zum Büezen ködern
Teilzeit arbeitet auf dem Bau fast niemand. Das will das Projekt Teilzeitbau ändern. Zwei Malergeschäfte haben so Teilzeitstellen geschaffen und erzählen von ihren Erfahrungen.
Die Landolt Maler AG in Winterthur und das kleine Malergeschäft Wyss GmbH im Zürcher Saaland bieten Teilzeitjobs an. Ihre Mitarbeitenden sind begeistert.
20 MinutenDarum gehts
Die Baubranchen bieten nur selten Teilzeitjobs an.
Dadurch gehen vor allem weibliche Fachkräfte verloren.
Das Projekt Teilzeitbau will das ändern und fördert Teilzeitarbeit im Maler- und Gipsergewerbe.
Auf dem Bau arbeitet fast niemand Teilzeit. Das kostet der Branche viele Fachkräfte. So sind etwa 40 Prozent der Malerlehrlinge Frauen. Bereits nach wenigen Jahren legt aber fast die Hälfte von ihnen den Pinsel zur Seite und wechselt den Job.
Jede zehnte vollzeitbeschäftigte Person in der Maler- und Gipserbranche würde aber sofort auf eine Teilzeitstelle wechseln, wie Umfragen zeigen. Das will das Projekt Teilzeitbau nun ermöglichen. Seit drei Jahren fördert es gezielt Teilzeitstellen im Maler- und Gipsergewerbe.
Mit Erfolg, wie erste Zahlen zeigen: 2017 gab es nur 638 Teilzeitjobs in der Branche, 2019 waren es schon 785 und im Jahr 2020 schliesslich 1115 Teilzeitstellen.
Das ist das Projekt Teilzeitbau:
Das Projekt Teilzeitbau wurde 2018 vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband, den Gewerkschaften Unia und Syna sowie dem Verein Pro Teilzeit ins Leben gerufen. Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt zusätzlich vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Ziel ist es, Teilzeitarbeitsmodelle in allen Schweizer Baubranchen einzuführen und somit zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben beizutragen.
Dass sich gerade die Baubranchen schwertun mit Teilzeitarbeit, liegt vor allem an den Unternehmen: «Vielerorts heisst es einfach: Das geht nicht», sagt Projektleiterin Barbara Rimml zu 20 Minuten. Die Unternehmen könnten es sich nicht vorstellen oder hätten Angst vor zu viel Mehraufwand und negativen Reaktionen der Kundschaft.
«Doch mit der richtigen Organisation und Kommunikation ist Teilzeitarbeit überall möglich», erklärt Rimml. Das würden alle Unternehmen sagen, die es versucht hätten. Hinzu kämen auch Vorteile für die Firmen: «Sie können gute und motivierte Fachkräfte behalten.»
Firmen kennen Möglichkeiten nicht
Oft fehle es aber an Ideen und Vorbildern: «Jobsharing beispielsweise ist in den Baubranchen wenig verbreitet», so Rimml. Deshalb haben die Projektverantwortlichen in Zusammenarbeit mit Pilotbetrieben des Maler- und Gipsergewerbes Hilfsmittel erarbeitet.
«Wir zeigen den Firmen dann die Möglichkeiten auf, wie Teilzeitarbeiten möglich wird.» Es handele sich dabei um organisatorische und rechtliche Hilfsmittel, beispielsweise einen Musterarbeitsvertrag und Checklisten. Diese werden im November allen Maler- und Gipser-Firmen in der Deutschschweiz zur Verfügung gestellt.
Teilzeit macht Baubranche attraktiver für Frauen
Teilzeitarbeit ist überall möglich, bestätigt auch Personalexpertin Daniela Frau von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW: «Das ist eine Einstellungssache.» In der Baubranche sind Teilzeitjobs aber noch nicht weit verbreitet. «Viele Unternehmen haben darum Angst, dass sie zu viel investieren und es dann doch nicht funktioniert», so Frau.
Gerade in der Baubranche sei Teilzeit aber wichtig. Denn noch immer arbeiten mehr Männer als Frauen auf dem Bau. «Mit mehr Teilzeitstellen könnten die Branche für Frauen interessanter werden», erklärt Frau. Zudem wollen auch immer mehr junge Männer Teilzeit arbeiten können.
Nun sei es die Aufgabe grösserer Firmen, mutig voran zu gehen. «Denn grosse Unternehmen haben mehr Ressourcen und können in ein neues Teilzeit-Arbeitsmodell investieren», erklärt Frau. Zudem hätten Grossfirmen eine Vorbildfunktion und animierten Kleinbetriebe nachzuziehen.
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, aufgrund der Geschlechtsidentität diskriminiert?
Hier findest du Hilfe:
Gleichstellungsbüros nach Region
Gleichstellungsgesetz.ch, Datenbank der Fälle aus Deutschschweizer Kantonen
Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Probleme mit dem Job?
Hier findest du Hilfe:
Arbeit.swiss, Informationen und Adressen für Stellensuchende
Lohnforderung.ch, Rechte bei fristloser Kündigung
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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