Bis zu 70’000 Franken - Bei schweren Impf-Nebenwirkungen gibt es Genugtuung vom Bund

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Bis zu 70’000 FrankenBei schweren Impf-Nebenwirkungen gibt es Genugtuung vom Bund

Wer nach der Corona-Impfung an schwerwiegenden Nebenwirkungen leidet, hat Anrecht auf bis zu 70’000 Franken. Für Schweizer Verhältnisse sei das relativ hoch, sagt ein Rechtsanwalt.

Muss ein Patient nach der Impfung medizinisch behandelt werden, spricht man von schwerwiegenden Nebenwirkungen.
Die Bandbreite der verschiedenen Nebenwirkungen nach der Covid-Impfung ist gross. Häufig sind: Fieber, Kopfschmerzen, Atemnot, Herpes Zoster Reaktivierung, Schüttelfrost, Übelkeit und Erbrechen. International sei es in sehr seltenen Fällen aber auch schon zu Herzmuskelentzündungen und Immunthrombozytopenien (ITP) gekommen.
Rund 1000 Fälle von Nebenwirkungen stuft Swissmedic als schwerwiegend ein.
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Muss ein Patient nach der Impfung medizinisch behandelt werden, spricht man von schwerwiegenden Nebenwirkungen.

20min/François Melillo

Darum gehts

  • Bei Swissmedic sind 3000 Fälle von Nebenwirkungen bei der Covid-Impfung gemeldet worden.

  • In besonders schweren Fällen können Betroffene eine Genugtuung beim Bund einfordern.

  • Bis zu 70’000 Franken können bei bleibenden Schäden gezahlt werden.

Schmerzen bei der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Fieber: Bei der Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic sind bisher rund 3000 Meldungen zu Nebenwirkungen von Corona-Impfungen eingegangen. Rund Tausend davon schätzte Swissmedic als schwerwiegend ein. Bei zwei Personen waren die Nebenwirkungen derart schwerwiegend, dass sie ein Gesuch für eine Entschädigung oder Genugtuung beim Eidgenössischen Departement des Innern eingereicht haben. Dies schreibt die «NZZ am Sonntag». Das Gesuch werde im Moment geprüft, bestätigt eine Sprecherin des Bundes gegenüber der Zeitung.

Genugtuung von bis zu 70’000 Franken

Die Bandbreite der verschiedenen Nebenwirkungen nach der Covid-Impfung ist laut Swissmedic sehr gross. Bei der Aufsichtsbehörde am häufigsten gemeldet werden Fieber, Kopfschmerzen, Atemnot, Schüttelfrost, eine Reaktivierung des Herpes Zoster-Virus, Übelkeit und Erbrechen. International sei es in sehr seltenen Fällen aber auch schon zu Herzmuskelentzündungen und Immunthrombozytopenien (ITP) gekommen. «Die Einteilung in schwerwiegende und nicht-schwerwiegende unerwünschte Wirkungen ist international standardisiert», sagt Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi zu 20 Minuten. «Grundsätzlich sind alle Nebenwirkungen, die medizinisch behandelt werden müssen, als schwerwiegend einzustufen.»

Laut dem Epidemiengesetz haftet der Bund für diese schwerwiegenden Impfschäden, falls kein Verschulden beim behandelnden Arzt oder dem Impfstoffhersteller nachgewiesen werden kann und auch die Versicherung nichts zahlt. In solchen Fällen kann ein Patient für den entstandenen Schaden eine Genugtuung beim Bund von bis zu 70’000 Franken einfordern. «Der Bund will damit eine Rechtssicherheit für ungenügende Leistungsansprüche der Patienten herstellen und Anreize zur Impfung stärken», erklärt Rechtsanwalt Dr. iur. Philipp Skarupinski. Dies gerade bei Vakzinen wie der Covid-Impfung, deren Studienlage zu den Langzeitfolgen noch unklar sei.

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Bund und Kantone wollen Impfquote von 80 Prozent

Aufgrund der internationalen Ausbreitung der Delta-Variante peilen die Behörden nun eine höhere Impfrate als bisher an – nämlich eine von 80 Prozent. «Delta wird sich auch bei uns durchsetzen», sagt Urs Karrer, Vizepräsident der wissenschaftlichen Corona-Task-Force und Chefarzt für Innere Medizin und Infektiologie am Kantonsspital Winterthur, gegenüber der «NZZ am Sonntag». «Wir rechnen damit, dass die Delta-Variante in der Schweiz in vier bis sechs Wochen dominant sein wird.»

Der Bund gehe davon aus, dass es im Herbst zu einer vierten Welle kommen wird. Um eine schwere Welle abzuwenden, sei es daher nötig, dass bis dann möglichst viele Menschen geimpft seien, sagt Karrer. Denn die Delta-Variante sei rund 50 Prozent ansteckender als die in der Schweiz dominante Alpha-Variante.

Bund zahlt nur in schlimmen Fällen

Eine Entschädigung sei eine Zahlung für die finanziellen Einbussen wie Erwerbsausfall oder ähnliches, so der Rechtsanwalt. «Eine Genugtuung wiederum ist eine Art Schmerzensgeld für die seelische Beeinträchtigung des Geschädigten», sagt Skarupinski. «Sie deckt alles ab, das nicht materiell greifbar ist.» Die Summe von 70’000 Franken stuft er für die hiesigen Verhältnisse als relativ hoch ein. «Das Haftungsrecht in der Schweiz kennt keine Unsummen wie in den USA.» Trotzdem würden bei sehr schweren Beeinträchtigungen bei anderen Haftungsfällen auch in der Schweiz noch höhere Genugtuungen gezahlt.

Eine Genugtuung werde auch nur bezahlt, falls der Impfstoff bei Patienten dauerhafte Schäden oder eine schwere Beeinträchtigung anrichte und sei bei typischen Impfreaktionen nicht vorgesehen. «Wenn Sie zwei Wochen mit Fieber im Bett liegen, haben Sie wohl keinen Anspruch. Falls es aber zum Beispiel zu irreversiblen Lähmungen kommt schon», so Skarupinski. «Wie hoch die Genugtuung ausfällt, muss aber immer im Einzelfall festgemacht werden.»

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