NanterreBeifahrer von Nahel musste zusehen, wie sein Freund neben ihm starb
Der 17 Jahre alte Fouad sass neben Nahel, als dieser in Nanterre am Steuer erschossen wurde. Gegenüber «Le Parisien» erzählt der Teenager, wie er die tragischen Minuten erlebte und wie es ihm seither geht.
Eine Augenzeugin filmte, wie die französische Polizei in Nanterre bei einer Verkehrskontrolle auf den 17-jährigen Nahel schoss.
Twitter/@Ohana_FgnDarum gehts
Im Auto, in dem der 17 Jahre alte Nahel von der Polizei erschossen wurde, sass auch der gleichaltrige Fouad.
Nun erzählte er einer Journalistin, wie er den fatalen Moment und die Tage seither erlebte.
Am Montag will er zur Polizei gehen – und am Samstag an Nahels Beerdigung teilnehmen.
Seit Dienstag – dem Tag, an dem er mitansehen musste, wie sein Freund Nahel vor seinen Augen von einem Polizisten erschossen wurde – verkriecht sich der 17-jährige Fouad (Vorname geändert). «Er hat ständig Albträume», erzählt die Mutter der Zeitung «Le Parisien». Immer und immer wieder spiele er die Bilder von Nahels Tod und die Videos, die sie zusammen gemacht haben. «Er verbringt die ganze Zeit damit, zu weinen», sagte sie. Ihr Sohn sei «in erster Linie ein Opfer».
«Es ist dramatisch, wenn man seinen Freund vor seinen Augen sterben sieht – zudem hätte er auch angeschossen werden können. Er wird damit leben müssen, aber es wird schwer für ihn werden», so die Mutter weiter.
«Mach den Motor aus, sonst knall ich dich ab»
Als es geschah, sass Fouad auf dem Beifahrersitz neben dem gleichaltrigen Nahel im gelben Mercedes. Die beiden waren von zwei Motorradpolizisten mit hohem Tempo auf einer Busspur verfolgt worden, gerieten dann aber in einen Stau. Die Beamten seien abgestiegen und zum Auto gerannt. «Sie haben uns gesagt, wir sollen das Fenster runterlassen», so Fouad, was Nahel dann auch getan habe. Einer der beiden Polizisten habe sich ans Fenster neben Nahel gestellt, der andere sei beim Kotflügel gestanden. «Der Polizist, der am Fenster stand, sagte: ‹Mach den Motor aus!›» Dann habe er Nahel einen Schlag mit dem Pistolengriff verpasst.
Nahel sei danach «etwas betäubt und in Panik» gewesen. «Er wusste nicht, was er tun sollte. Ihm war schwindelig, er konnte nicht einmal sprechen. Er war wirklich traumatisiert», berichtet Fouad. Dann habe er die Waffe auf Nahel gerichtet. Er habe ihn noch einmal geschlagen und geschrien: «Mach den Motor aus, sonst knall ich dich ab.» Auch der zweite Polizist habe so etwas wie «ich werde dir eine Kugel in den Kopf jagen» gesagt.
Fuss vom Bremspedal gerutscht
Nahel habe versucht, sich vor weiteren Schlägen zu schützen – dann sei sein Fuss vom Bremspedal gerutscht. Der Wagen, der ein Automatikgetriebe hat, habe einen Satz nach vorne gemacht. Der Polizist am Fenster habe gerufen: «Erschiess ihn!» Da habe der zweite Polizist abgedrückt.
Der Fuss des schwer verletzten Nahel habe am Gaspedal «geklebt», schildert Fouad. «Er war noch etwa drei Sekunden lang da – dann fing er an zu zittern und antwortete mir nicht mehr.» Als das Auto an der Place Nelson-Mandela in einen Signalmast krachte, sei Fouad in Panik davongerannt. «Ich hatte Angst – Angst, dass man auf mich schiesst», erzählt er. In seiner Panik habe er das Handy im Auto vergessen.
Fouad versteckte sich beim Vater
«Als Fouad nach Hause kam, war er völlig verwirrt», sagt seine Mutter. «Er hat nur unverständliches Zeug gemurmelt und erzählt, sie hätten einen Unfall gehabt. Man muss bedenken, dass er erst 17 Jahre alt ist. Die Rettungskräfte hätten Nahel wiederbeleben wollen, aber nichts für ihn tun können.» Fouad sei zudem selbst verletzt – er habe seit dem Schuss ständig ein Klingeln in den Ohren und ihm würden ein Bein, der Bauch, der Hintern und seine Hände schmerzen.
Auch sie selbst sei bei Fouads Rückkehr in Panik geraten, berichtet die Mutter weiter. «Ich wollte direkt zur Polizei gehen, aber mit Arbeit und meinen fünf Kindern, um die ich mich alleine kümmern musste, war das kompliziert.» Also schickte sie Fouad zu seinem Vater nach Marseille. Er sei aber am Donnerstag zurückgekehrt, um am Samstag an der Beerdigung von Nahel dabei zu sein. Am Montag werde er sich selbst bei der Polizei melden. Mittlerweile hat Fouads Mutter einen Anwalt genommen, der als Nebenkläger auftreten wolle.
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