Verbot gefordert«Bereits 4-Jährige tragen ein Kopftuch»
Per Petition will eine deutsche NGO Kopftücher für Kinder verbieten. Der kindliche Körper werde zum Lustobjekt. Die Idee stösst auch in der Schweiz auf Anklang.
Mit einer Petition an das deutsche Bundesjustizministerium möchte die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes Deutschland die Verschleierung von Mädchen an Schulen und Kindergärten verbieten.
Das Kopftuch dränge die Mädchen in eine traditionell-minderwertige Rollenidentität, sexualisiere den kindlichen Körper als Lustobjekt und schliesse Mädchen von vielen Lebensbereichen aus, heisst es in der Petition «Den Kopf frei haben». Auch gesundheitliche Gründe führt Terre des Femmes an: Ein Kopftuch verursache auch Vitamin-D-Mangel.
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«Als wäre ihr Körper eine Sünde»
Die Idee findet auch in der Schweiz Anklang. Saïda Keller-Messahli vom Forum für einen fortschrittlichen Islam, unterstützt die Petition. Sie sagt, dass junge Mädchen mit Kopftuch auch in der Schweiz ausgeschlossen würden: «Das Kopftuch markiert sie bereits im Kindesalter als Musliminnen und kann sie nachhaltig von der Gesellschaft ausschliessen.» Betroffen seien etwa Mädchen, die aufgrund des Kopftuchs nicht mehr in den Schwimmunterricht gehen.
Das müsse man verhindern, damit nicht nur die Gleichberechtigung, sondern auch ein gesundes Verhältnis zum anderen Geschlecht gelebt werden könne. «Schon im jungen Alter behandelt man die Kinder so, als wäre ihr Körper eine Sünde», sagt Keller-Messahli. Es sei eine fragwürdige Konditionierung, wenn Mädchen mit dem Gefühl aufwachsen, dass ihr Körper nicht in Ordnung sei.
Kopftuch bereits ab vier Jahren
Auch der Schriftsteller Kacem El Ghazzali unterschreibt die Petition. Mädchen würden mit Kopftuch als sexuelle Wesen markiert: «Die Verschleierung bedeutet nicht nur eine ‹harmlose› religiöse Bedeckung des Kopfes. Sie steht auch für geschlechtsspezifische Diskriminierung.» Die Bewegungsfreiheit der Mädchen werde eingeschränkt und die Entwicklung eines natürlichen Körperbewusstseins behindert.
Er sei prinzipiell gegen alle religiösen Symbole in Schulen. Trotzdem lehne er es ab, beispielsweise ein Kreuz mit einem Kopftuch zu vergleichen. «Es gibt religiöse Symbole, die gleichzeitig Werkzeuge von Sexismus und Unterdrückung sind – das Kopftuch gehört dazu.»
In ganz Europa gebe es immer mehr Kinder, die bereits früh das Kopftuch verordnet bekämen, sagt Keller-Messahli. In Schweizer Moscheen würden Kinder sogar bereits ab vier Jahren ein Kopftuch tragen. «Es ist eine Form des Kindesmissbrauchs. Etwas, das man so früher nicht einmal in muslimischen Ländern gesehen hat.» El Ghazzali bestätigt: «Häufig werden Minderjährige bereits in der frühen Kindheit verschleiert.»
«Verbote nützen nichts»
Qaasim Illi vom Islamischen Zentralrat Schweiz lehnt die Petition ab, da sie in die Erziehungshoheit der Eltern eingreife. Die religiöse Erziehung von Kindern bis 16 Jahren sei in der Schweiz primär Sache der Eltern. So sehe es das Gesetz vor. «Dahinter liegen reifliche Überlegungen, die die Petition aus rein ideologischen und kurzsichtigen Gründen auszuhebeln beabsichtigt», sagt Illi.
Trotzdem sei es für Kinder schwierig, aufzuwachsen, wenn sie in ihrer Freiheit von den Eltern eingeschränkt würden. «Es bringt nichts, wenn man sein Kind zum Kopftuchtragen zwingt. Das würde nur die Beziehung zur Tochter zerstören.» Wenn ein Kind ein Kopftuch tragen möchte, solle es eines tragen dürfen.
Illi findet, dass es in der Schweiz kein Verbot brauche: «Wir brauchen mehr Offenheit und gegenseitige Toleranz. Verbote tragen nichts dazu bei.»