Schon 15 Personen ums Leben gekommenBergführer erklärt, warum auch Corona zu mehr Lawinentoten führt
In der Schweiz sind in diesem Winter bereits 15 Menschen in Lawinen tödlich verunglückt. Laut einem Walliser Bergführer hat das mit der prekären Lawinensituation zu tun – aber nicht nur.
Darum gehts
Im laufenden Winter sind bis anhin überdurchschnittlich viele Menschen bei Lawinen-Niedergängen ums Leben gekommen.
Auffallend: Sämtliche Unfälle ereigneten sich abseits der Piste.
Laut Pierre Mathey, Geschäftsführer des Schweizer Bergführerverbandes (SBV), sind die Unglücke nicht nur der aktuellen Lawinen-, sondern auch der Corona-Situation geschuldet.
Schon wieder musste die Walliser Kantonspolizei am Samstag einen Todesfall durch ein Lawinenunglück mitteilen: Bei Nendaz kam ein 56-jähriger Bergführer ums Leben, der sich mit drei Gästen ausserhalb des Skigebietes auf einer Abfahrt befand. Einer der Gäste wurde ebenfalls von den Schneemassen verschüttet, überlebte jedoch.
Bereits am vergangenen Montag hatte die Kapo Wallis zwei Lawinentote vermelden müssen: Bei Siviez verstarb ein 29-jähriger Ire, bei Verbier ein 38-jähriger Brite. Auch in der Waadt, in Gstaad (BE), Engelberg (OW), Stoos (SZ) und Klosters-Serneus (GR) waren in den letzten Tagen Opfer zu beklagen.
Neuschnee und Triebschneeansammlungen
Damit kostete der Lawinenwinter 2020/2021 bereits 15 Personen das Leben, wie der Webseite des Institituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) zu entnehmen ist. Das ist weit über dem Durchschnitt: Im langjährigen Mittel betrug die Zahl der Todesopfer bis Ende März jeweils rund 18. Und wir haben noch nicht einmal Februar.
An Warnungen seitens Kantonspolizeien und des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) mangelt es nicht. So wies das SLF in seinem Bulletin vom Sonntagmorgen auf die Gefahr des Neuschnees etwa im Mittelwallis hin: «Schon einzelne Schneesportler können sehr leicht Lawinen auslösen.» Grosse Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr sei unerlässlich. Die Walliser Kantonspolizei warnt in einer Mitteilung vor weiteren Triebschneeansammlungen, «wodurch die Lawinengefahr bestehen bleibt oder sogar verschärft wird».
Warnungen zu wenig ernst genommen?
Umso mehr fällt auf, dass sich sämtliche tödliche Lawinenunfälle in diesem Winter abseits geöffneter Abfahrten und Routen zugetragen haben. Zwar waren bereits in den vergangenen Jahren vermehrt Freerider und Tourengänger im unpräparierten Gelände unterwegs. Pierre Mathey, Geschäftsführer des Schweizer Bergführerverbandes (SBV), geht jedoch davon aus, dass Corona diesen Trend zusätzlich befeuert hat: Der Quasi-Lockdown würde die Menschen vermehrt in die Berge treiben. «Sie brauchen frische Luft und wollen in der Natur etwas erleben», so Mathey.
Um sich nicht mit Hunderten anderen Leuten auf der Piste zu tummeln und in der Schlange vor den Liften anstehen müssen, würden viele in den Tiefschnee ausweichen. «Manche von ihnen haben leider nicht genügend Know-how, um die Lawinengefahr richtig einzuschätzen», sagt Mathey. Ausserdem vermutet der Walliser Bergführer, dass aufgrund der zahlreichen Einschränkungen im Alltag die Lawinenwarnungen nicht so ernst genommen werden wie zu normalen Zeiten.
Hast du oder jemand, den du kennst, ein Trauma?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Hotline bei Angststörungen und Panik, Tel. 0848 801 109
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
Pro Juventute, Tel. 147
Dargebotene Hand, Tel. 143