«Betriebsfrieden gestört»Deshalb waren Covid-Kündigungen der Swiss zulässig
Weil sie sich nicht gegen Covid impfen liessen, hatte die Swiss 2021 rund 150 Mitarbeiter entlassen. Ein Gericht hatte die Klage einiger der Betroffenen abgeschmettert. Nun folgte die Begründung.
Swiss: Darum gehts
Das Bezirksgericht Bülach hat die Klagen gegen die Covid-bedingten Kündigungen der Swiss abgewiesen.
Die Kündigungen wurden als weder unzulässig noch missbräuchlich eingestuft.
Ungeimpfte Mitarbeitende konnten nicht auf allen Destinationen eingesetzt werden, was den Betriebsfrieden störte.
Die Kläger müssen hohe Gerichtskosten und Entschädigungen an die Swiss zahlen.
Bruchlandung im Covid-Prozess: Das Bezirksgericht Bülach hat eine Klage gegen die impfbedingten Kündigungen der Swiss im Jahr 2021 abgewiesen. Damals war die Schweizer Airline die erste europäische Fluggesellschaft, die ungeimpftem Personal mit einer Kündigung drohte – bei insgesamt 150 Flight-Attendants und Piloten machte man schliesslich ernst.
Mehrere der Betroffenen hatten im Anschluss beim Bezirksgericht Bülach eine Klage gegen das Unternehmen eingereicht. Ohne Erfolg: Bereits vor gut einem halben Jahr waren die Klagen abgeschmettert worden. Nun hat das Gericht zwei Urteilsbegründungen veröffentlicht.
Weder unzulässig noch missbräuclich
Daraus geht hervor, dass die Kündigungen nach der Auffassung des Gerichts weder unzulässig noch missbräuchlich waren. Sie seien auch nicht in Verletzung übergeordneter, schützenswerter Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden erfolgt.
Da Ungeimpfte nicht auf allen Destinationen einsetzbar waren, hätte die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften den Betriebsfrieden gestört.
Für die Kläger wird es teuer
Die Gerichtsverhandlungen hatten bereits im vergangenen Frühling stattgefunden. Eine Flugbegleiterin, die seit 1988 im Beruf tätig und seit 2002 bei der Swiss angestellt war, wurde am 24. Mai 2022 gekündigt, nachdem sie wiederholt keinen Impfnachweis erbracht hatte.
Sie forderte vor Gericht eine Entschädigung von sechs Monatslöhnen, insgesamt rund 38'000 Franken, oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Ihre Klage wurde abgewiesen. Noch schlimmer: Wie die NZZ vorrechnet, muss sie nun die Gerichtskosten von 5900 Franken tragen und der Swiss eine Parteientschädigung von 5000 Franken zahlen.
Pilot muss fast 30'000 Franken zahlen
Ein Pilot, der sich nicht impfen lassen wollte und im zwölften Dienstjahr stand, musste die Swiss verlassen und beantragte vor Gericht eine Entschädigung von 18 Monatslöhnen, insgesamt rund 212'000 Franken.
Auch seine Klage wurde abgewiesen. Er muss 13'100 Franken Gerichtskosten und 15'000 Franken Parteientschädigung an die Swiss zahlen.
Sollten Unternehmen das Recht haben, Impfungen für ihre Mitarbeitenden vorzuschreiben?
Einsatzplanung zu komplex
Vor Gericht argumentierte die Swiss, dass die Einsatzplanung zu komplex geworden wäre, wenn sie auf die Ungeimpften hätte Rücksicht nehmen müssen. Eine Anwältin von zwei Flight-Attendants sah dies anders und behauptete, die Swiss habe ein Exempel statuieren wollen.
Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass die Swiss als Arbeitgeberin nicht berechtigt gewesen sei, ein Corona-Impfobligatorium für ihr fliegendes Personal einzuführen und bei Widerhandlung die Kündigung auszusprechen.
Betriebliches Interesse
Die Bülacher Richter schrieben in ihrem Entscheid, je schwerer das betriebliche Interesse wiege, desto eher müsse sich der Arbeitnehmer einen Eingriff in seine geschützte Sphäre gefallen lassen. Die Swiss habe sich an die besonderen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Ausland mit den jeweiligen Impfvorschriften während der Pandemie halten müssen.
Eine solche Einsatzplanung sei in der Pandemiesituation sehr komplex geworden. Ende August 2021 sei der Flugbetrieb mit der geringen Zahl des verfügbaren geimpften Personals ernstlich gefährdet gewesen.
Enge Platzverhältnisse
Im Flugbetrieb mit den engen Platzverhältnissen sei zudem von einem höheren Ansteckungsrisiko auszugehen. Nebst der betrieblichen Notwendigkeit und der Schutzbedürftigkeit des Personals sei auch die Schutzbedürftigkeit der Passagiere als hoch zu gewichten gewesen.
Es gelte auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber dürfe nicht einzelne Arbeitnehmer willkürlich benachteiligen. Ungeimpfte Crew-Mitglieder hätten nur noch auf bestimmten Destinationen eingesetzt werden können, wogegen geimpfte Crew-Mitglieder für Destinationen mit ausgeprägten Schutzmassnahmen bestimmt gewesen wären.
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