US-Präsident - Biden geisselt die Schweiz in Rede vor dem Kongress als Steuerparadies

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US-PräsidentBiden geisselt die Schweiz in Rede vor dem Kongress als Steuerparadies

Am Mittwochabend sprach US-Präsident Joe Biden erstmalig seit seiner Vereidigung vor dem US-Kongress. Auch die Schweiz war dabei Thema – kam aber dabei nicht gut weg.

Joe Biden sprach vor dem US-Kongress – auch über die Schweiz.
Der US-Präsident nannte die Schweiz in einem Atemzug mit Steueroasen wie den Cayman Islands oder Bermuda.
Diese Oasen will Biden mit einer Steuerreform austrocknen.
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Joe Biden sprach vor dem US-Kongress – auch über die Schweiz.

AFP

Darum gehts

  • Joe Biden hat am Mittwoch erstmals eine Rede vor dem US-Kongress gehalten.

  • Dominierendes Thema war die Corona-Pandemie.

  • Biden griff dabei aber auch die Schweiz als Steuerparadies an.

US-Präsident Joe Biden hat am Mittwochabend seine erste Rede vor dem US-Kongress gehalten. «Amerika ist wieder in Bewegung», zog Biden das Fazit seiner ersten 100 Tage als US-Präsident. Es sei aber wichtig, dass die USA massiv in Infrastruktur, Forschung und Bildung investiere. «Der Rest der Welt wartet nicht auf uns», so Biden.

Der US-Präsident fand in seiner Rede aber auch Zeit, um einen Nadelstich gegen die Schweiz zu setzen. Biden warb für eine gross angelegte der Besteuerung von Unternehmen. Mit dieser Reform möchte Biden Steueroasen trockenlegen. Als Beispiele nannte er die Cayman Islands, Bermuda – und die Schweiz. Das geht aus einem Tweet von SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi hervor.

Das dominierende Thema von Bidens Rede war aber die Pandemie. «Das war ein wirklich schreckliches Jahr», sagt der Bürgerrechtshistoriker Matt Dalmont vom Dartmouth College in New Hampshire. «Es kommt alles zusammen.» Wer in einer solchen Situation neuer Präsident werde, müsse den Weg aus der Krise weisen. Und Biden habe das bisher getan. Er habe geklotzt, nicht gekleckert. «Da findet sich ein grosser Widerhall von FDR», erklärt Dalmont mit Blick auf Franklin D. Roosevelt, der als Präsident von 1933 bis 1945 mit Wirtschafts- und Sozialreformen Geschichte schrieb.

Erfolgreiche Impfkampagne

Als bei Amtsantritt ältester Präsident der USA hat Biden bereits einiges angepackt, von Infrastruktur über Rassendiskriminierung bis Klimaschutz. Und nicht zuletzt hat er das hoch gesteckte Ziel von 200 Millionen Coronavirus-Impfungen binnen 100 Tagen erreicht.

So hat Biden in den ersten 100 Tagen im Amt ein Pandemie-Hilfspaket historischer Dimension geschnürt. Das Gesundheitsprogramm hat neuen Schwung bekommen, in der Klimapolitik kam die Kehrtwende zurück zum Pariser Abkommen. Unter dem neuen Präsidenten sind die USA wieder auf internationale Bündnisse zugegangen, von denen Donald Trump sich abgewandt hatte.

Was die Frage der Rassendiskriminierung angeht, so sucht Biden Lösungen in vielen Bereichen: In seinem gross angelegten Infrastrukturplan beispielsweise sind Massnahmen enthalten, die Ungerechtigkeiten und Schäden wiedergutmachen sollen, die beim Autobahnbau quer durch von Schwarzen bewohnte Viertel entstanden. «Das ist etwas, an das die meisten Amerikaner gar nicht denken», sagt Historiker Delmont. «Die Leute hören «Infrastruktur» und denken, es ist ein von Hautfarben unabhängiges Feld der Politik.» Ohne dieses Verständnis der Zusammenhänge, ob es nun um den Strassenbau gehe oder um die Tatsache, dass Minderheiten besonders unter der Pandemie leiden, sei auch schwer nachzuvollziehen, was systemischer Rassismus bedeute.

Auch wenn das eine oder andere Vorhaben holprig lief – bei der Einwanderungspolitik sandte Biden zunächst widersprüchliche Signale –, so erntet er insgesamt grosses Lob. «Er ist als Gegenprogramm zu Trump angetreten – einfühlsam, bescheiden und voller Erfahrung, und er erfüllt die Erwartungen», sagt David Axelrod, ehemaliger Berater von Ex-Präsident Barack Obama. «Er hat ein Gefühl von Ruhe und Gleichgewicht zurückgebracht.»

Mehr Ruhe im Weissen Haus

Was es nicht mehr gibt, sind die unberechenbaren Pressekonferenzen, die plötzlichen Entlassungen, die impulsiven Ankündigungen, die vielen Tweets. Dafür gibt es vorbereitete Zahlen und Methode – wie bei dem Kärtchen in der Jackentasche. Darauf stehen das Tagesprogramm und die Kernzahlen zu Covid-19. Öffentliche Auftritte Bidens sind weit rarer als die seines Vorgängers Trump, der nur zu gerne den Jubel seiner Anhänger hörte. Das liegt nicht nur an der Pandemie, sondern auch am politischen Stil Bidens.

Bislang sprechen die Umfragewerte für den Präsidenten. Dem Meinungsforschungsinstitut Pew Research zufolge kam Joe Biden im April auf eine Zustimmung von 59 Prozent, so viel wie Barack Obama oder George W. Bush nach etwa 100 Tagen im Amt. Mit Donald Trumps Politik erklärten sich im April 2017 nur 39 Prozent der Amerikaner einverstanden.

Es gibt kaum jemanden in Washington, der länger versucht hat, Präsident zu werden, als Joe Biden. Nach Jahrzehnten im Politbetrieb hat er eine klare Vorstellung davon, was er erreichen will. Doch man sieht ihm auch sein Alter zunehmend an: Er spricht mittlerweile leiser, bewegt sich ein bisschen langsamer und hat Gewicht verloren. «Ich mache einfach weiter und nehme die Dinge, wie sie kommen», sagte er bei seiner bisher einzigen offiziellen Pressekonferenz. Zu tun hat er genug – Golf gespielt hat er in den ersten 100 Tagen im Amt nur einmal.

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(DPA/lub/her)

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