GesundheitsrisikoBlaualgen-Pest in deutschen Badeseen
Wenn es draußen heiß wird, wollen alle in den See. Doch Blaualgen haben viele Gewässer erobert. Bei Menschen können sie zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen.

Blaualgen auf der Alster: Für Enten und andere Tiere stellen sie eine tödliche Gefahr dar.
Je heißer der Sommer, desto verlockender der Badesee. Kinder spielen im Wasser, drücken einander unter die Oberfläche, nehmen schon mal einen großen Schluck. Alles kein Problem? Falsch. Blaualgen, in der Fachsprache Cyanobakterien genannt, reizen die Schleimhäute und lösen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall aus. Für Tiere können sie sogar lebensbedrohlich werden.
Das Problem gibt es in ganz Deutschland, von warmen Badeseen im Süden bis in die Ostsee. Die Verwaltungen sind vollkommen machtlos – sie hängen Warnschilder auf und hoffen, dass die Menschen sich daran halten. Mehr bleibt ihnen nicht. Der Hamburger Eichbaumsee ist schon seit dem Jahr 2007 gesperrt.
Teilweise sind die Seen von ganzen Algen-Teppichen bedeckt. Dabei beginnt es ganz klein, mit winzigen Bakterien, erläutert Norbert Wasmund vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde. Diese schließen sich dann zur Gallerte zusammen, zu Schlieren, Fusseln, einer schwammigen Masse, die an der Haut des Schwimmers entlang streicht und kleben bleibt. In der Ostsee können die Bakterien auch lange Fäden bilden.
Organe leiden bei Überdosis
Vor allem die Leber ist es, die an der Belastung durch die Cyanobakterien leidet. So kommen immer wieder Enten, Rinder und Hunde ums Leben. Sie seien oft deshalb betroffen, weil sie «exzessiv» tränken, bis die Leber den Giftstoffen nicht mehr gewachsen sei, sagt Wasmund. «Die Ente schlabbert ganz bewusst die festeren Bestandteile.»
Bei Menschen komme gereizte Haut immer mal wieder vor, sagt der Biologe. Ob wirklich nur die Algen daran schuld sind, ist allerdings umstritten. In mehreren Seen haben die Behörden trotzdem Badeverbote erlassen. Zuletzt wurde im Juni am Großenr Fürstenseer See in Mecklenburg-Vorpommern oder am Klostersee im bayrischen Eebersberg Algen-Alarm ausgerufen.
Strandbäder sind machtlos
Schwer betroffen war auch das Strandbad Rantzauer See in Barmstedt bei Hamburg. Das Bad blieb letztes Jahr zu, die Gäste waren sauer. Hitze und Wind hatten die Algen ans Ufer getrieben. Als Gegenmaßnahme würden die Stadtwerke gern nährstoffarmes Wasser in den See leiten. «Ob das funktioniert, wissen wir nicht – aber zumindest könnte man es mal genauer durchdenken», sagte Stadtwerksleiter Fred Freyermuth der «Barmstedter Zeitung».
Ein wirkliches Mittel gegen die Alge ist aber noch nicht gefunden. Das liegt am Menschen, erläutert Biologe Wasmund. Er vermutet, dass das Problem erst seit einigen Jahrzehnten besteht. Sein Institut untersucht die Blaualgen seit 1979, «seitdem hat es keine signifikante Tendenz gegeben».
Mensch selbst verantwortlich für die Plage?
Er nimmt an, dass die Blaualgen sich erst so stark vermehren, seit die Menschen Phosphor-Dünger einsetzen. Phosphor-Dünger geben den Algen Nahrung. Diese vermehren sich, produzieren Stickstoff und Sauerstoff – und gefährden irgendwann andere Lebewesen.
Wasmund will die Gefahr allerdings nicht dramatisieren. Er hat sogar mit einigen Kollegen selbst ein Bad in einem Blaualgen-befallenen Gewässer genommen. Ergebnis: alles in Ordnung. «Es gibt ja alle möglichen Allergien», sagt Wasmund.