Long Covid: ist bald der Nachweis im Blut möglich?

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BlutanalyseForschende melden Durchbruch bei Long-Covid-Nachweis

Laut US-Forschenden lässt sich am Blut erkennen, ob sich eine Person vollständig von ihrer Corona-Erkankung erholt hat oder ob sie an Langzeitfolgen leidet. Hinweis liefern besondere Hormon- und Immunwerte. 

Ob auf einen positiven Corona-Test Long Covid folgt, lässt sich nach wie vor nicht sicher vorhersagen. Weiterhin fehlt auch eine Möglichkeit, Long Covid sicher zu diagnostizieren. 
Forschende um David Putrino,  Professor für Rehabilitation und menschliche Leistungsfähigkeit und Direktor des Abilities Research Center der Icahn School of Medicine am New Yorker Mount Sinai Hospital, wollen nun punkto Long-Covid-Diagnose einen Durchbruch erzielt haben. 
Laut ihrer im Fachmagazin «Nature» veröffentlichten Studie konnten sie im Blut von Betroffenen eindeutige Biomarker identifizieren, die Long Covid nachweisen sollen. «Das ist ein entscheidender Schritt vorwärts bei der Entwicklung von stichhaltigen und zuverlässigen Bluttest-Verfahren für Long Covid», so Putrino. (Symbolbild)
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Ob auf einen positiven Corona-Test Long Covid folgt, lässt sich nach wie vor nicht sicher vorhersagen. Weiterhin fehlt auch eine Möglichkeit, Long Covid sicher zu diagnostizieren. 

Unsplash 

Darum gehts

  • Eine US-Studie zeigt, dass Long-Covid-Betroffene Auffälligkeiten im Blut aufweisen. 

  • Die deutlichsten Unterschiede wurden im Immun- und Hormonspiegel gefunden. 

  • Die Erkenntnisse machen die Entwicklung eines Long-Covid-Tests wahrscheinlicher, doch noch ist es nicht so weit. 

Krank nach der Erkrankung: So geht es einigen Menschen nach der Covid-19-Infektion. Die Symptome schliessen entweder direkt an die akute Erkrankung an oder tauchen einige Tage oder Wochen später auf. Ob es sich dabei um Long Covid handelt, lässt sich bislang nicht standardisiert beurteilen: Zwar können Patienten Symptome schildern, die als Long Covid diagnostiziert werden können. Aber eindeutige Tests gibt es nicht.

Auch kann der Verlauf der Corona-Infektion – anders als in der frühen Pandemiephasenicht als zuverlässiger Hinweis herangezogen werden.

«Es wäre schön, wenn sie wieder ein normaler Teenager sein könnte», sagte Sarahs Mutter im Oktober 2022 zu 20 Minuten. Da kämpfte Sarah seit zehn Monaten mit Symptomen von Long Covid. 

20min/Alexia Mohanadas

«Long Covid ist tatsächlich eine biologische Krankheit»

Forschende der Yale School of Medicine und der Icahn School of Medicine am New Yorker Mount Sinai Hospital haben im Blut von Long-Covid-Patientinnen und -Patienten Auffälligkeiten entdeckt. Demnach weisen Long-Covid-Betroffene Unterschiede zu Personen ohne diese Erkrankung auf. Die Forscher fanden also physische Hinweise für die Long-Covid-Symptome. Dies bestätige, «dass Long Covid tatsächlich eine biologische Krankheit ist», sagte David Putrino, Hauptautor der entsprechenden Studie, zu nbcnews.com.

Was sind das für Unterschiede?

Die deutlichsten Unterschiede zwischen den Long-Covid-Patienten und den beiden Kontrollgruppen fanden die Forschenden im Immun- und Hormonspiegel. So ist zum Beispiel die Aktivität von T- und B-Zellen bei Long-Covid-Betroffenen «unregelmässig». T- und B-Zellen sind Zellen des Immunsystems, die bei der Abwehr von Keimen helfen. Zudem sei bei Personen mit Long Covid das Hormon Cortisol deutlich weniger vorhanden. Ein Mangel an Cortisol wird etwa mit Müdigkeit und Energielosigkeit in Verbindung gebracht. Weiter konnten die Forschenden die Reaktivierung mehrerer im Körper schlummernder Viren einschliesslich des Epstein-Barr-Virus und anderer Herpesviren beobachten.

Keine aussagekräftigen Hinweise fanden die Forschenden darauf, dass Long Covid die Folge einer Autoimmunerkrankung ist, bei der der Körper sich selbst angreift.

So kamen die Forschenden den Hinweisen im Blut auf die Schliche

Das Team um Putrino analysierte zwischen Januar 2021 und Juni 2022 Patientinnen und Patienten mit und ohne Long Covid, wie auch von Personen ohne Covid-Infektion. Die Teilnehmenden gaben Blutproben ab und zudem Auskunft zu ihren Symptomen, ihrer Krankheitsgeschichte und ihrer Lebensqualität.

Bei der Auswertung setzten die Forschenden auf maschinelles Lernen: Ein Algorithmus analysierte wieder und wieder die Proben, um Unterschiede festzustellen. Dabei war er ziemlich erfolgreich, wie es in der Studie heisst: Er habe mit 96-prozentiger Genauigkeit sagen können, welche der Patienten Long Covid hatten. «Das ist ein entscheidender Schritt vorwärts bei der Entwicklung von stichhaltigen und zuverlässigen Bluttest-Verfahren für Long Covid», so Putrino in einer Mitteilung.

Laut einer Studie können auch Menschen anfällig für Long Covid sein, die schlecht auf schwierige Ereignisse und Stress reagieren.

20min/ajm

Gibt es also bald einen Long-Covid-Test?

Die Möglichkeit ist zumindest ein grosses Stück näher gerückt. Doch noch ist die Forschung nicht soweit, wie Carmen Scheibenbogen, Leiterin des auf Long Covid spezialisierten Charité Fatigue Zentrums in Berlin, zu zdf.de sagt: Die Studie sei wichtig und stärke all jenen den Rücken, die zu hören bekommen, ihre Symptome seien psychischer Natur. Allerdings seien die Marker «für sich allein nicht geeignet, Patienten von Gesunden diagnostisch abzugrenzen.» Da brauche es weitere Studien. 

Das wären die Vorteile eines Tests

Die Entwicklung eines Tests, der zuverlässig darüber Auskunft gibt, ob Long Covid vorliegt oder nicht, wäre aus mindestens zwei Gründen wichtig. Zum einen liesse sich so eine gesicherte Diagnose stellen, was für die Betroffenen wichtig wäre. Zum anderen könnte ein solcher erklären, warum gewisse Symptome bestehen, und somit zu personalisierten Behandlungen für Long-Covid-Patientinnen und -Patienten führen.

Die Studie ist im Fachjournal «Nature» erschienen.

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