Brauchts im Car eine Gurt-Kontrolle wie im Flugzeug?

Aktualisiert

Schwerer Unfall auf A3Brauchts im Car eine Gurt-Kontrolle wie im Flugzeug?

Wie im Flugzeug: Car-Chauffeure sollen prüfen, ob die Passagiere angeschnallt sind. Das fordert die Beratungsstelle für Unfallverhütung.

von
R. Lieberherr
Seit 2006 müssen sich Car-Reisende anschnallen – die Gurtenpflicht gilt auch für nationale und  internationale Fernbusse, die durchs Land fahren.
Carunternehmen müssen laut Gesetz im Fahrzeug Gurten zur Verfügung stellen und die Passagiere schriftlich oder mündlich auf die Anschnallpflicht hinweisen. Damit habe das Unternehmen seine Verantwortung erfüllt, sagt Olivia Ebinger vom Bundesamt für Verkehr (BAV). Sie betont: «Der Chauffeur muss und kann aber die Gurtentragpflicht nicht selbst durchsetzen.»
Jeder Reisende ist selbst verantwortlich, ob er sich im Car angurtet oder nicht. Und er haftet auch entsprechend: Nicht angeschnallte Car-Insassen werden mit 60 Franken gebüsst – analog zum Auto.
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Seit 2006 müssen sich Car-Reisende anschnallen – die Gurtenpflicht gilt auch für nationale und internationale Fernbusse, die durchs Land fahren.

Keystone/Steffen Schmidt

Beim tragischen Car-Unfall vom Sonntag auf der A3 in Zürich wurde das Todesopfer, die 37-jährige Italienerin Nicolette N., aus dem Fahrzeug geschleudert. Das bestätigt Rebecca Tilen, Sprecherin der Zürcher Kantonspolizei. Die Frau sei rund 15 Meter hinab in die Sihl gestürzt und habe nur noch tot geborgen werden können. Die Schilderung deutet darauf hin, dass die Italienerin, die eine neunjährige Tochter hinterlässt, im Flixbus-Car nicht angeschnallt war.

In der Schweiz gilt seit 2006 eine Gurtenpflicht in Reisecars – diese besteht auch für nationale wie internationale Fernbusse, die durchs Land fahren. Die Anbieter müssen laut Gesetz im Fahrzeug Gurten zur Verfügung stellen und die Passagiere schriftlich oder mündlich darauf hinweisen. Damit habe das Unternehmen seine Verantwortung erfüllt, sagt Olivia Ebinger vom Bundesamt für Verkehr (BAV). Sie betont: «Der Chauffeur muss und kann aber die Gurtentragpflicht nicht selbst durchsetzen.»

Ziel: Kontrollen wie im Flugzeug

Auch die Pressestelle von Flixbus bestätigt: Vor Reisebeginn müssten die Busfahrer mehrsprachig auf die Anschnallpflicht hinweisen. «Der Fahrer ist jedoch nicht dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass das alle Passagiere befolgen», schreibt Flixbus. Das Büro für Unfallverhütung (BfU) geht einen Schritt weiter: «Vor der Abreise sollte der Chauffeur kurz kontrollieren, ob alle korrekt angegurtet sind», sagt BfU-Sprecher Nicolas Kessler. Bislang war das nur eine Empfehlung, nun will das BfU diese zur Norm machen. «Wir werden demnächst das Gespräch mit dem Branchenverband suchen und diese Forderung platzieren», bestätigt Kessler. Vor allem bei längeren Carfahrten habe der Chauffeur genug Zeit für einen Gurten-Check.

Ziel des BfU sei eine ähnlich rigorose Gurtenkontrolle wie in Flugzeugen. «Dort akzeptieren und befolgen das fast alle Fluggäste», so Kessler. In Reisecars sehe das anders aus, meist schnalle sich nur eine Minderheit an. «Gemäss den Rückmeldungen, die wir erhalten, halten sich viele Car-Reisende nicht an die Gurtenpflicht – und einige Anbieter setzen sie auch nicht konsequent durch», ergänzt Kessler. Deshalb sei nun Handlungsbedarf angezeigt.

Verantwortung liegt bei Passagieren

Jeder Reisende ist selbst verantwortlich, ob er sich im Car angurtet oder nicht. Und er haftet entsprechend: Nicht angeschnallte Car-Insassen werden mit 60 Franken gebüsst – analog zum Auto. Laut BfU haftet der Fahrer lediglich bei Kindern unter 12 Jahren, die nicht korrekt angeschnallt sind. Die Gurtenpflicht in Cars und Bussen zu kontrollieren, ist für die Polizei allerdings schwierig: Stoppen die Beamten das Fahrzeug, haben die Insassen genügend Zeit, noch rasch die Gurte zu befestigen. Oder sie können einwenden, sie hätten sich erst beim Halt abgeschnallt. Ob jemand angegurtet war, wird meist erst bei einem Unfall zum Thema.

In Postautos und Linienbussen gelten dagegen andere Regeln: In vielen ist das Angurten zwar möglich, aber kein Muss. Aus praktischen Gründen wird im regionalen Linienverkehr auf ein Obligatorium verzichtet. Einerseits ist die Fahrgeschwindigkeit oft tief, andererseits könnten gar keine Stehplätze angeboten werden, heisst es beim BAV. Doch sobald Postautos für Überland- oder private Extrafahrten im Einsatz stehen, müssen Gurten im Fahrzeug vorhanden sein und die Passagiere sich zwingend anschnallen.

20 Minuten hat Passanten gefragt, ob sie sich in Reisecars anschnallen. Sehen Sie die Antworten im Video.

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