«Politmarketing statt Lösungen»: SVP tobt – Jans kontert

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200 Tage Jans«Politmarketing statt Lösungen»: SVP tobt – Jans kontert mit Faktencheck

Seit etwas über 200 Tagen ist SP-Bundesrat Beat Jans im Amt. In dieser Zeit habe er sich vom Anpacker zum Ankünder entwickelt, tobt die SVP an einer Medienkonferenz. Doch der Basler lässt die Vorwürfe nicht einfach auf sich sitzen und kontert mit einem «Faktencheck».

In Giffers, gleich unterhalb der Asylunterkunft Guglera, lud die SVP zu ihrer Bilanz von 200 Tagen Beat Jans im Bundesrat.
Auf 36 Seiten und in 18 «Beispielen» und «Feststellungen» präsentiert die SVP ihre Vorwürfe unter dem Titel «200 Tage Versagen». Jans kontert mit einem Faktencheck – in 18 Punkten.
Ein Vorwurf: Die versprochenen 24-Stunden-Verfahren dauern in Wahrheit viel länger. Das Staatssekretariat für Migration sagt, dass die Verfahren viel schneller gingen als noch letztes Jahr.
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In Giffers, gleich unterhalb der Asylunterkunft Guglera, lud die SVP zu ihrer Bilanz von 200 Tagen Beat Jans im Bundesrat.

20min/Stefan Lanz

Darum gehts

  • In Giffers im Kanton Freiburg präsentierte die SVP ein neues Positionspapier zum Thema Asyl.

  • 36 Seiten stark und mit 18 «Beispielen» und «Feststellungen»  unterstellt ein Positionspapier Beat Jans, die Probleme im Asylwesen nicht anzugehen.

  • Der SP-Bundesrat kontert mit einem Faktencheck in 18 Punkten.

  • Selbst will die SVP das Asyldossier derzeit nicht übernehmen.

  • Den letzten SVP-Asylminister, Christoph Blocher, habe das Parlament abgewählt, auch «weil er zu gut war».

  • Was ein Polit-Analyst zu Jans ersten 200 Tagen im Amt sagt, liest du hier.

Zehn Journalistinnen und Journalisten sind nach Giffers gereist. Die Gemeinde im Freiburger Sensebezirk hat 1700 Einwohnerinnen und Einwohner – und die Guglera, ein Heim für 300 ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Viel wurde in den vergangenen Jahren über die Guglera geschrieben und gestritten. Angst habe die Bevölkerung, sagen die einen, auch diese Menschen brauchen einen Platz, sagen die anderen, man lagere die Asylprobleme an die Landbevölkerung aus, wettert die SVP.

Der ideale Ort also für die Sünneli-Partei, um aus ihrer Sicht aufzuzeigen, was alles falsch läuft im Schweizer Asylsystem. Ausgesucht hat sie sich dazu die Dorfkäserei, wo Sébastien Kolly, Bruder des frischgewählten SVP-Nationalrats Nicolas Kolly, Greyerzer produziert.

Die Guglera und Giffers – ein Augenschein

36 Seiten stark ist ein neues Positionspapier, das die Parteileitung um Marcel Dettling und Asylchef Pascal Schmid vorlegt. Titel: «Bilanz von Bundesrat Jans: 200 Tage Versagen». In 18 «Beispielen» und «Feststellungen» nimmt die SVP Beat Jans ins Visier.

Jans habe sich am Anfang mit Ankündigungen hervorgetan, danach aber habe er nicht geliefert. «Er hat den Leuten Sand in die Augen gestreut», sagt Parteipräsident Marcel Dettling. So habe Jans beispielsweise flächendeckend 24-Stunden-Schnellverfahren eingeführt – welche aber eher 24 Tage dauerten, so der Vorwurf der SVP.

Zu guter Letzt seien die Asylanträge von Menschen aus den Maghreb-Staaten nicht zurückgegangen – wie es sich der Bundesrat erhoffte, sie seien sogar noch angestiegen, wenn man sie mit dem Vorjahr vergleiche, so Asylchef Pascal Schmid. Sein Fazit: Die angekündigte harte Linie von Jans sei ein «Polit-Marketing-Gag» gewesen, aber den grossen Worten folgen keine Taten.

Und Schmid setzt in fast schon amerikanischer Manier nach: «Jans riskiert die Spaltung der Gesellschaft, denn die trägt diese Politik nicht mehr mit.» Wehren konnte sich SP-Bundesrat Beat Jans gegen die Vorwürfe vor Ort nicht, schliesslich wurde er auch nicht zur Veranstaltung eingeladen.

Bundesrat Beat Jans kontert mit einem «Faktencheck»

Die Medienstelle des Staatssekretariats für Migration (SEM), das Jans unterstellt ist, kontert dafür umso heftiger – schriftlich. Und zwar mit einem ausführlichen «Faktencheck» in 18 Punkten, den man extra für die neuesten Anwürfe der SVP erstellt hat.

Auf 36 Seiten listet die SVP ihre Jans-Kritik auf, in 18 Punkten kontert das Staatssekretariat für Migration im Namen des Bundesrats.

Auf 36 Seiten listet die SVP ihre Jans-Kritik auf, in 18 Punkten kontert das Staatssekretariat für Migration im Namen des Bundesrats.

20min/Stefan Lanz

«Falsch», schreibt das SEM zum Vorwurf, dass die Verfahren nicht beschleunigt wurden: «Die Verfahren dauern deutlich weniger lang als einen Monat», letztes Jahr waren es noch 51 Tage, so das Staatssekretariat.

Und beim Vorwurf, dass sogar mehr Menschen aus den Maghreb-Staaten kommen, kontert das SEM, dass «die Zahl der Asylgesuche im Mai 2024 etwas höher als im Mai 2023» war. Konkret 362 Gesuche, gegenüber 299 im Vorjahr. «Aber dies sagt wenig darüber aus, wie viele Asylsuchende sich tatsächlich in den Bundesasylzentren aufhalten und vor allem, wie lange», so das Staatssekretariat. «Viele reisen ab, sobald sie merken, dass sehr rasch entschieden wird.»

Selbst will die SVP das Asyldossier im Bundesrat nicht – derzeit

Warum stellt eigentlich nicht die SVP selbst den Bundesrat, der für das Asyldossier zuständig ist, will ein Journalist wissen. «Sie wissen, was mit dem von uns passiert ist, der das Dossier hatte?», fragt Präsident Marcel Dettling zurück und beantwortet die Frage gleich selbst. «Christoph Blocher wurde abgewählt» – und das auch, «weil er zu viel Erfolg hatte, für gewisse Kreise», schiebt er nach.

Soll ein SVP-Bundesrat wieder das Asyldossier übernehmen?

Für die Zukunft will Dettling aber nicht ausschliessen, dass auch die SVP wieder einmal den Asylminister stellt, jedoch seien die jetzigen Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti gut aufgehoben in ihren jeweiligen Departementen.

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