Medienkonferenz«Rasch» und «unbürokratisch» – Schweiz aktiviert Schutzstatus S für ukrainische Flüchtlinge
Der Bundesrat informierte am Freitagnachmittag, dass im Ukraine-Krieg Sanktionsmassnahmen nun umgesetzt wurden. Zudem will der Bund Gasreserven anlegen.


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Zusammenfassung
Der Bundesrat setzt die beschlossenen Sanktionen nun um. Dienstleistungen und Güter, die «off-label» für militärische Zwecke verwendet werden können, unterliegen einem Exportverbot. Nach dem Prinzip der Gleichbehandlung gilt dies auch für die Ukraine.
Auch der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankenzahlungsverkehr Swift wird umgesetzt. Derzeit sind die Vermögenswerte von 223 Personen eingefroren.
Ukrainische Flüchtende in die Schweiz erhalten den Sonderstatus S. Er gilt vorerst für ein Jahr, erlaubt es aber den Betroffenen, privat untergebracht zu sein und nach einer Karenzfrist einer Arbeit nachgehen zu können.
Der Bundesrat lobt die grosse Solidarität der Schweizer Bevölkerung. Alle, die Fragen haben, wie sie helfen können, sollen sich an das Staatssekretariat für Migration wenden. Es hat eigens einen Stab dafür eingesetzt, auf der Webseite des SEM ist eine E-Mail-Adresse veröffentlicht, zudem richtet das SEM eine Hotline ein.
Die Kantone sind mit Hochdruck daran, zusätzliche Unterkünfte zu suchen und in Betrieb zu nehmen. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren erwartet aber vom SEM, dass die Registrierung, Unterbringung und Begleitung der ukrainischen Flüchtenden möglichst strukturiert abläuft.
Um die Versorgung mit Energie für die kommenden Winter sicherstellen zu können, werden nebst der bereits beschlossenen Wasserkraftreserve zusätzlich Gasreserven angelegt werden.
Die Medienkonferenz ist beendet.
Es werden keine weiteren Fragen gestellt. Lesen Sie hier in Kürze eine Zusammenfassung.
Subventioniert der Bund die Gasreserven?
Sommaruga: «Im Prinzip nicht.» Es gehe jetzt darum, das Anlegen der Gasreserven niederschwellig möglich zu machen.
Entscheide zum Luftraum?
Nein, hier wurden keine Entscheidungen getroffen.
Werden Ukrainer nicht bevorzugt gegenüber Afghanen oder Syrern?
Was Afghanistan betreffe, dort herrsche derzeit kein Krieg, so Keller-Sutter. Man habe immer Menschen aufgenommen, die in Gefahr seien, so die Justizministerin.
Was sind humanitäre Ausnahmen bei Sanktionen?
Es sei seine Ausnahmeregelung, die etwas Spielraum gebe, so Parmelin. Konkret könnte es Ausnahmen geben, um humanitäre Zahlungen tätigen zu können.
Versorgungssicherheit tatsächlich risikofrei gegeben?
Sommaruga meint, dass sich der Bundesrat auf die entsprechenden Behörden verlassen müsse. Und diese sagten, die Versorgungssicherheit sei gegeben.
Übernehmen Kantone Kontingente?
Schraner-Burgener: Ja, grundsätzlich würden die Flüchtenden Kantonen zugeteilt, aber man wolle hier möglichst flexibel sein, sodass diese in der Nähe von Freunden oder Familien sein könnten.
Wo melden sich Personen, die helfen möchten?
Schraner-Burgener vom SEM sagt, dass sich alle bei ihrer Hotline melden können.
Was passiert mit flüchtenden Kindern?
Im Schutzstatus S ist vorgesehen, dass Kinder in der Schweiz zur Schule gehen können, sagt die Justizministerin.
Kann individuelle Verfolgung geltend gemacht werden?
Ja, das sei möglich, so Keller-Sutter. Frage nach Reisefreiheit? Ist das nicht ungerecht gegenüber syrischen Flüchtlingen, die dieses Recht nicht haben? Keller-Sutter: Ukrainer haben ohnehin das Recht, im Schengenraum zu reisen.
Macht der Bundesrat einen Appell, damit Private Flüchtlinge aufnehmen?
Es sei wünschenswert, so Karin Keller-Sutter. «Wir sind dankbar für solche Angebote.» Es brauche aber schon eine Registrierung der Personen, so Keller-Sutter.
Wie viele Ukrainer sind bereits in der Schweiz? Integrationsmassnahmen?
Karin Keller-Sutter kann noch keine konkreten Zahlen nennen. 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer lebten schon in der Schweiz. Da der Status S ein vorübergehender Status ist, seien keine Integrationsmassnahmen angedacht. Es gebe aber Angebote der Kantone, so Keller-Sutter. Bereits 320 Personen haben sich bei Bundesasylzentren gemeldet, so Christine Schraner-Burgener vom SEM.
Gilt Schutzstatus S auch für andere Staatsangehörige?
Das sei derzeit nicht möglich, so Karin Keller-Sutter. Personen aus der Ukraine mit einer anderen Staatszugehörigkeit hätten aber die Möglichkeit, einen ordentlichen Asylantrag zu stellen.
Von Sanktionen betroffene Personen
677 Personen und 53 Geschäfte sind auf der «Schwarzen Liste», so Parmelin.
Bevölkerung kann helfen
Das Staatssekretariat für Migration SEM habe verschiedene Krisenstäbe eingerichtet, es gebe auch eine Hotline, die alle Fragen von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern beantwortet.
Reisen und Arbeiten sollen möglich sein
Ukrainischen Staatsangehörigen dürfen auch Privatunterkünfte angeboten werden. Sie haben auch die Möglichkeit, einen ordentlichen Asylantrag zu stellen, so die Justizministerin. Der Bundesrat prüft auch, wie es möglich werden kann, dass die Inhaber des Schutzstatus möglichst bald arbeiten dürfen, vielleicht bereits nach einem Monat, so Keller-Sutter. Der Bundesrat will sich auch der EU insofern angleichen, dass Ukrainer mit Schutzstatus S frei reisen können.
Schutzstatus S
Der Schutzstatus S wurde noch nie in der Praxis eingesetzt, darum habe die Schweiz noch keine Erfahrung damit, so Keller-Suter. Der Status S ist auf ein Jahr befristet, kann aber verlängert werden. Der Schutzstatus S sei ein temporärer Status, Keller-Sutter geht davon aus, dass Ukrainerinnen und Ukrainer nach dem Ende des Krieges in ihre Heimat zurückkehren werden.
Karin Keller-Suter
Innert Tagen verliessen ca. eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land, so Keller-Suter. Es sei wichtig, diesen Menschen rasch und unbürokratisch helfen zu können. Ukrainer dürfen sich 90 Tage frei im Schengenraum aufhalten (auch in der Schweiz). Danach sollen sie den Sonderstatus S erhalten. Damit erhalten sie ein Aufenthaltsrecht ausserhalb eines ordentlichen Asylverfahrens.
Mehr Tempo in der Energiepolitik
Es brauche nebst diesen kurzfristigen Massnahmen aber mehr Tempo beim Ausstieg aus den fossilen Energien, resümiert Sommaruga. Für Notsituationen habe der Bundesrat bereits eine Wasserkraftreserve beschlossen, diese sei bereits für den kommenden Winter bereit. Bereits im ersten Weltkrieg sei der Schweiz bewusst geworden, wie sehr das Land von der Kohle abhängig gewesen sei, damals folgte auch ein Innovationsschub, gibt Sommaruga zu bedenken.
Gasreserven anlegen
Sie betont, dass die Schweiz wegkommen müsse von den fossilen Energien, die zu 100 Prozent importiert werden. Gas in der Schweiz macht 15 Prozent aus, die Hälfte stammt aus Russland. Für den kommenden Winter sollen Gasreserven angelegt werden, berichtet Sommaruga. Das sollen die Unternehmen tun können, ohne gegen Kartellrecht zu verstossen.
Abhängigkeiten bei Energie
Der ukrainischen Bevölkerung füge der Krieg unermessliches Leid zu, so die Bundesräte. Der Krieg zeige, wie abhängig Europa vom russischen Gas sei, so Sommaruga. Auch die Schweiz habe sich in der Vergangenheit auf Importe verlassen. Nun zeige sich die Abhängigkeit, betont die Energieministerin.
Swift
Die Schweiz setzt auch die Sanktionen der EU im internationalen Bankenzahlungsverkehr – Swift – um. Diese würden greifen, sobald die entsprechende Verordnung in Kraft getreten sei.
Konten gesperrt
Die Konten von 223 Personen wurden gesperrt, so Parmlin. Darunter befänden sich auch Oligarchen, bestätigt der Bundesrat. Die Sperren gälten für traditionelle wie auch virtuelle Währungen, so Parmelin.