BYD in der SchweizPflügt der chinesische Elektro-Riese den Automarkt um?
Der zurückhaltende Launch von BYD in Deutschland war erst der Anfang. Einerseits hat sich die Welt seit 2023 radikal verändert. Andererseits hat der grösste E-Auto-Hersteller der Welt neue Trümpfe in der Hand.
Darum gehts
BYD, der grösste E-Auto-Hersteller der Welt, will den europäischen Markt erobern.
Dank neuer Ladetechnologie kann BYD Autos in nur fünf Minuten aufladen.
In der Schweiz hat BYD durch Freihandelsabkommen einen Preisvorteil.
Eine neue Produktionsstätte in Ungarn soll ab 2026 die EU-Belieferung erleichtern.
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Dass chinesische Autohersteller wie BYD den Automarkt bald komplett umkrempeln könnten, prognostizieren Branchenkenner schon länger. Passiert ist das zwar zumindest in Mitteleuropa noch nicht. Doch es könnte bald so weit sein: BYD, global schon seit 2022 der weltgrösste E-Autohersteller vor Tesla, nimmt nach einem eher defensiven Launch im DACH-Raum 2023/24 einen zweiten, wuchtigen Anlauf, für den sich der Konzern ganz neu aufgestellt hat. Die politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen in der Weltordnung seit Anfang 2025 spielen den Chinesen dabei klar in die Hände.
7 Gründe, warum BYD den Markt aufmischen wird
1. Sie gehören nicht Elon Musk.
Seit der Tesla-CEO mit bizarren Auftritten und seiner DOGE-Behörde in den USA und im Rest der Welt im Wochenrhythmus für verblüffte Konsternation sorgt, leiden Zehntausende ehemals zufriedene Elektroautobesitzer an akuter ethisch-moralischer Dissonanz. Das schlägt sich massiv in den Verkaufszahlen von Tesla nieder, was sich wiederum in einem steil abgestürzten Aktienkurs abbildet. Und wer in heller Panik um seine automobile Reputation sein nicht unbedingt billig gekauftes E-Auto lange vor Ende der geplanten Gebrauchszeit und womöglich auch noch unter Preis verkauft hat, sucht sich eventuell lieber einen besonders kostengünstigen Ersatz.
2. Sie sind nicht aus Amerika.
Waren die USA 2024 noch die Freunde Europas, drohen sie 2025 nicht nur Kanada, Mexiko und den Panama-Kanal militärisch zu erobern, sondern auch Grönland – also einen Teil Dänemarks und somit Europas. Damit wirken die noch letztes Jahr in Europa politisch eher weniger populären Chinesen im Quervergleich plötzlich ziemlich vergleichsweise stabil und verlässlich. Ein anschauliches Beispiel für diese überraschende Rollen-Verschiebung lieferte unlängst ein beträchtlicher Teil der Amerikaner selber: Aus Protest gegen die Enteignungsschlacht der Regierung Biden gegen die extrem erfolgreiche Social-Media-Plattform Tiktok liefen sie in Scharen zur chinesisch-staatlichen Tiktok-Kopie RedNote über und wurden dort aufs herzlichste von den Chinesen begrüsst. Und da Tesla in Sachen elektronischer Überwachung schon länger deutlich problematischere Praktiken vorgeworfen werden als den chinesischen Autoherstellern, ist auch der Datenschutz kein stichhaltiges Argument gegen chinesische Autos mehr.
3. BYD hat technisch aufgeholt und sich verbessert
Im Quervergleich mit Hauptkonkurrent Tesla punktet BYD's Produkte-Palette nicht nur beim Preis, sondern auch mit langlebigen und sicheren Batterien, sowie einer umfangreichen Serienausstattung. Die Software und das Infotainment-System sollen signifikant verbessert worden sein. Die spektakuläre «Panzerwende» – seitliches Manövrieren mit gegenläufigen Rädern – ist zwar weiterhin nur in China erhältlich, wurde dort aber 2025 auch auf ein Modell der Luxus-Tochter Denza ausgeweitet. Deutlich überlegen sind dagegen Teslas Autopilot und – aktuell – das gut ausgebaute Lade- und Händlernetz im DACH-Raum.
Eine weitere Innovation ist ein Auto, das «schwimmen» kann: Der Yanwang U8.
Und nicht zuletzt die Drohne im Dach des E-Offroaders Tai 3, die auf Knopfdruck während der Fahrt aufsteigen und spektakuläre Bilder schiessen kann.
4. BYD kann bald so schnell laden wie ein Verbrenner tanken
Die Bombe platzte Mitte März: BYD teilte mit, man habe die Ladetechnologie entwickelt, um ein Auto innert fünf Minuten mit Strom für 400 km Reichweite aufzuladen. Damit scheint der als Batteriehersteller gross gewordene Konzern das Problem der sogenannten Reichweitenangst gelöst zu haben, die immer noch als wichtiges Hindernis bei der Etablierung der Elektromobilität gilt. Und eben weil BYD auch Batterien verkauft, ist nicht von vorneherein klar, ob sie technische Revolution schützen und monopolisieren werden oder als open source Technologie mit der Konkurrenz teilen werden.
5. Die Schweiz ist nicht in der EU: Keine Zölle auf BYD
BYD hat in der Schweiz einen klaren Preisvorteil. Dank des Freihandelsabkommens mit China fallen keine Zölle auf ihre importierten Autos an. Zudem ist die Mehrwertsteuer auf Autos in der Schweiz deutlich niedriger als in Deutschland mit 19%. Ein Auto, das ab Fabrik 100% kostet, würde in Deutschland mit 10% Standardzoll, einem Antidumpingzoll von aktuell 17,4% und 19% Mehrwertsteuer deutlich mehr kosten. In der Schweiz kämen theoretisch nur 8,1% Mehrwertsteuer hinzu sowie ein kleiner Zuschlag wegen der höheren Lohn- und Immobilienkosten bei den lokalen Vertretern.
Diese Differenz gibt BYD viel Spielraum für eine aggressive Preisgestaltung in der Schweiz. Sie könnten ihre Autos deutlich günstiger anbieten als in Deutschland und so schnell Marktanteile gewinnen. Ob BYD diesen Vorteil nutzt oder lieber die Kaufkraft abschöpft, als schnell zu wachsen, wird sich weisen.
6. Bald baut BYD Autos in Europa
Dass es mit der reinen Verschiffung von Neuwagen aus China alleine nicht so recht klappen will, hat BYD begriffen. Zurzeit baut der Konzern eine Autofabrik in Ungarn. Während 2025 noch alle Modelle aus China kommen, soll 2026 die Produktion in Szeged bereits anlaufen. Nur noch die Batterien sollen dann in China montiert werden, was den Anteil der Strafzölle im Verkaufspreis auch in der EU deutlich senken dürfte.
7. BYD hat eine europäische Geheimwaffe
Im November 2024 gelang BYD ein Coup: Sie verpflichteten Maria Grazia Davino, zuletzt CEO von Stellantis UK (Citroën, Fiat, Opel, Vauxhall, Peugeot, Abarth, Ram, Dodge, Chrysler, Jeep, Lancia, DS Automobiles, Alfa Romeo und Maserati) als Chefin von BYD DACH, Polen, Tschechien, Slowkei und Ungarn. Davino bringt nicht nur profunde Kenntnisse des europäischen Automarkts mit sich, sondern auch eine hohe interkulturelle Kompetenz und die Fähigkeit, in einem als schwerfällig und entwicklungsresistent geltenden Markt Veränderungen anzustossen. Ihre steile Karriere in der «westlichen», stark von Männern dominierten Autoindustrie verdankt Davino einem ungewöhnlichen Profil für diese Branche: Sie wird für einen analytischen, aber auch empathischen Führungsstil gelobt, spricht vier Sprachen fliessend und verfügt über Abschlüsse in Philosophie, Logik, Finanzcontrolling sowie und Semiotik (die Lehre der Zeichen in Kultur und Gesellschaft).

Steile Karriere als studierte Philosophin: Maria Grazia Davino.
BYDMit diesen Fahrzeugen startet BYD in der Schweiz
BYD SEAL
Der BYD Seal ist eine vollelektrische Sportlimousine. Die Fahrzeugarchitektur verbindet laut hersteller fortschrittliche Technologie, grosser Reichweite und Schnellladung. Er ist in den zwei Ausstattungsvarianten Design und Excellence erhältlich und bietet zwei Antriebsarten, beide mit einer Batteriekapazität von 82,5 kWh, einer WLTP- Reichweite von bis zu 570 km sowie serienmässiger 11-kW-AC- und 150-kW-DC- Ladeleistung. Die Serienausstattung beinhaltet u.a. einen drehbaren 15,6-Zoll-Touchscreen, ein übergrosses Panorama-Schiebedach, Sportsitze und ein Dynaudio-Performance- Audiosystem mit 12 Lautsprechern.
BYD SEALION 7
Der BYD SEALION 7 ist ein leistungsstarker Full-Size-SUV und ist mit dem weltweit schnellsten serienmässig hergestellten Elektromotor ausgerüstet - er kann laut Hersteller 23.000 U/min erreichen und bietet eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 4,5 Sekunden, eine Reichweite von bis zu 502 km und eine Schnellladefunktion für das Laden in nur 24 Minuten. Der SEALION 7 ist mit zwei Antriebsarten und in drei Ausstattungsvarianten (Comfort, Design AWD, Excellence AWD) erhältlich. Der Innenraum ist mit hochwertigen Materialien und Bordtechnologie ausgestattet insgesamt ein «sportliches Familienauto mit tadelloser Umweltbilanz».
BYD SEAL U DM-i Plug-in-Hybrid
Als erstes Fahrzeug von BYD in Europa mit Super DM (Dual Mode) ist der SEAL U DM-i für Langstreckenfahrten konzipiert. Die «BYD Super DM Technologie» wurde von BYD entwickelt und zielt ab auf Energieeffizienz, niedrigen Kraftstoffverbrauch, Fahrleistung und Komfort. Beim SEAL U DM-i steht das «i» für «Intelligenz». Gemeint sind intelligente und energieeffiziente Fahrprinzipien: Wenn die Batterie vollständig geladen ist und in den EV-Modus geschaltet wird, wird das Fahrzeug rein elektrisch betrieben. Bei niedrigem Ladezustand verwandelt es sich in ein Hybridfahrzeug mit sehr niedrigem Kraftstoffverbrauch, was die Bedenken hinsichtlich der elektrischen Reichweite relativiert. Er bietet bei voller Ladung und vollem Tank eine Gesamtreichweite von mehr als 1.100 Kilometern.
BYD – von der Kleinfabrik zum Weltkonzern
Wang Chuanfu, geboren 1966 in einer armen Familie, verlor früh seine Eltern. Er studierte Chemie und Metallurgie und gründete 1995 eine kleine Batteriefabrik mit 20 Mitarbeitern in der Nähe von Shenzen. BYDs anfänglicher Erfolg basierte auf kostengünstigeren Fertigungsprozessen im Batteriegeschäft. Wangs Vision war es, dass in China entwickelte Technologien den Weltmarkt erobern sollten.
120 000 Ingenieure
Der Traum von Wang Chaunfu scheint aufgegangen zu sein: Heute beschäftigt BYD rund 900 000 Mitarbeiter. 120 000 davon sind Ingenieure, was den starken Fokus des Unternehmens auf die Innovationskraft veranschaulicht. Das Unternehmen stellt Elektrofahrzeuge aller Art her vom Gabelstapler bis zum Linienbus, aber auch Elektrozüge, Solarenergiefarmen, Strassenbeleuchtungen und Motoren.
«BYD - Build your Dream»
BYD ist ursprünglich eine Abkürzung des chinesischen Firmennamens BǐYàDí, der sich auf den Strassennamen Yadi Road in Shenzhen bezieht, wo das Unternehmen seinen ersten Standort hat. Die heute bekanntere Interpretation des Akronyms «Build Your Dreams» wurde im Marketing entwickelt.
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