Chunsch drus?Wichtig für dich, aber kompliziert: Darum gehts bei der BVG-Reform
Tiefere Renten, höhere Lohnbeiträge und eine niedrigere Eintrittsschwelle in die Pensionskasse: Der wegweisende Entscheid über die Reform des BVG steht bevor – 20 Minuten zeigt dir, was du wissen musst.
Darum gehts
Die BVG-Reform will die Renten besser absichern.
Dafür sieht sie mehrere Massnahmen vor – etwa die Senkung des Umwandlungssatzes oder die Anpassung der Altersgutschriften.
Wer von der Reform profitiert, ist nicht ganz klar.
Befürworter sagen, dass die Reform vor allem Geringverdienenden und Teilzeitarbeitenden zugutekomme.
Gegner warnen derweil vor Rentenkürzungen und höheren Lohnabzügen.
Am 22. September stimmt das Schweizer Volk über die BVG-Reform ab. Worum es dabei geht, was du wissen musst und wie die Ja- und Nein-Lager argumentieren – 20 Minuten gibt dir den Überblick.
Das will die BVG-Reform
Das «Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge» (BVG) soll reformiert werden. Dies betrifft die Pensionskassen in der zweiten Säule – den Teil des Rentensystems, bei dem Berufstätige und Arbeitgeber monatlich einen obligatorischen Vorsorgebeitrag leisten.
Die Grundidee der Reform ist, die künftigen Renten besser abzusichern. Denn die Menschen leben immer länger und beziehen somit auch länger Rente. Weiter sollen Teilzeitbeschäftigte und wenig Verdienende besser abgesichert werden.
Am 22. September stimmt das Schweizer Volk über die BVG-Reform ab. Worum es dabei geht, was du wissen musst und wie die Ja- und Nein-Lager argumentieren – erklärt dir Anja im Video.
Diese Massnahmen sieht die Reform vor
Umwandlungssatz soll gesenkt werden
Der Umwandlungssatz bestimmt, wie viel des angesparten Alterskapitals die Pensionskassen jährlich ausbezahlen. Heute liegt dieser bei 6,8 Prozent – er soll gemäss Reformplan auf sechs Prozent sinken. Das heisst: Bei 100’000 Franken Alterskapital werden künftig 6000 statt 6800 Franken pro Jahr ausbezahlt. So sinken die individuellen Renten – aber es könnte theoretisch länger vom Alterskapital gezehrt werden. Die Renteneinbusse beträgt rund zwölf Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Für die 15 betroffenen Jahrgänge soll die Renteneinbusse stufenweise ausgeglichen werden. Je älter die Betroffenen, und je weniger Kapital sie angespart haben, desto höher soll der Ausgleich sein.
Tiefere Eintrittsschwelle
Aktuell muss man mindestens 22’050 Franken pro Jahr verdienen, um in einer Pensionskasse versichert zu sein. Neu sollen Personen bereits ab 19’845 Franken Einkommen pensionskassenberechtigt sein. Davon profitieren würden gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen rund 100’000 Arbeitnehmende.
Anpassung der Altersgutschriften
Die Beiträge an die Pensionskasse werden von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gleichmässig eingezahlt. Heute wachsen die Prozentsätze mit zunehmendem Alter in vier Stufen an. Neu soll es nur noch zwei Stufen geben.
Koordinationsabzug wird angepasst
Der Koordinationsabzug dient der «Koordination» mit der AHV, der ersten Säule der Altersvorsorge. Er sorgt dafür, dass die Pensionskasse nur Beiträge auf den Lohn erhebt, für den nicht schon die AHV eine Rente auszahlt. Bisher beträgt der Koordinationsabzug fix 25'725 Franken. Bei einem Ja zur Reform würde er 20 Prozent des AHV-Lohns entsprechen. Das ist vor allem für Menschen mit mehreren Arbeitgebern, aber jeweils nicht so grossen Löhnen relevant.
Wer profitiert von der Reform?
Das ist und bleibt bis heute die grosse Unbekannte. Nicht einmal der Bundesrat oder das Bundesamt für Sozialversicherungen konnte bei einer Medienkonferenz zur Reform eine Zahl nennen. Und einen «BVG-Rechner», bei dem jede und jeder selbst schauen könnte, wie er oder sie betroffen ist, wird es vom Bund nicht geben. Zu individuell seien die Lebens- und Versicherungsumstände, sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.
Verstehst du, worum es bei der BVG-Reform geht?
Das sagen Befürworter
Der Bundesrat, FDP, GLP und Mitte sprechen sich für die Reform aus – die SVP ist gespalten. Das Ja-Lager argumentiert, dass durch die Reform auch Geringverdienende und vor allem Frauen, die aufgrund der Kinderbetreuung oft Teilzeit arbeiteten, eine solide zweite Säule – oder überhaupt erstmals Zugang zur Pensionskasse – bekämen. Die Reform würde auch die Querfinanzierung, also dass die Jungen für die Alten zahlen, verringern. Durch die Anpassung der Altersgutschriften würden zudem Erwerbstätige über 55 Jahren wieder attraktiver für den Arbeitsmarkt, weil Arbeitgeber weniger BVG-Beiträge zahlen müssen.
Das sagen Gegner
Linke Parteien und Gewerkschaften haben das Referendum gegen die Reform ergriffen. Auch Verbände wie Gastrosuisse und Ex-Gewerbepräsident Hans-Ulrich Bigler (SVP) warnen vor einem Ja. Werde die Reform angenommen, drohten gemäss dem Nein-Lager Rentenkürzungen von bis zu 3200 Franken jährlich – die obligatorischen Lohnabzüge würden hingegen steigen. Die Versicherten bezahlten also mehr und erhielten weniger, sind die Gegner überzeugt. Und weil Personen mit geringem Lohn mit der tieferen Eintrittsschwelle neu auch von Lohnabzügen betroffen seien, würden diese zusätzlich belastet.
Streit um Verwaltungskosten der Pensionskassen
Vor der Abstimmung dreht sich die Debatte vor allem um eines: Die Verwaltungskosten der Pensionskassen. Laut Berechnungen von Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm betragen diese 8,6 Milliarden Franken jährlich – 80 Prozent davon flossen alleine in die Vermögensverwaltung. Die Gewerkschaften kritisieren, dass sich Banker und Manager mit den Pensionskassengeldern der Bevölkerung das Portemonnaie füllten.
Die Pensionskassen wehren sich: Für eine stichhaltige Analyse müssten die Kosten beispielsweise in Relation zum verwalteten Vermögen gemessen werden, sagt Lukas Müller-Brunner vom Pensionskassenverband. «Bei dieser korrekten Betrachtung kostet die Verwaltung der Vorsorgevermögen weniger als 0,5 Prozent pro Jahr, was sowohl im internationalen Vergleich als auch mit Blick auf Alternativen als Privatanleger sehr tief ist.» Er illustriert: 0,5 Prozent entsprächen dem Preis einer Papiertragtasche bei einem Einkauf von rund 60 Franken.
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