Coop-CEO Philipp Wyss«Wir haben die Migros längst hinter uns gelassen»
Vor dem «Tag der guten Tat» hat 20 Minuten mit Coop-Chef Philipp Wyss über soziale Nachhaltigkeit gesprochen – und gefragt, inwiefern seine Firma im Detailhandel die Nase vorn hat.
Philipp Wyss: Darum gehts
Mit dem «Tag der guten Tat» will Coop der Gesellschaft etwas zurückgeben.
Um das umzusetzen, packt Geschäftsführer Philipp Wyss selbst mit an.
Im Interview mit 20 Minuten spricht er zudem über die Migros, die weitere Konkurrenz und weshalb die Coop-Fachmärkte bleiben werden.
Anpacken. Kaum ein Wort würde Coop-CEO Philipp Wyss besser beschreiben. Einst mit KV- und Metzgerlehre in die Berufswelt eingestiegen, spürt man beim 58-jährigen Macher auch heute herzlich wenig Teppichetage.
Abpacken. Als der Chef von rund 96'000 Mitarbeitern für den bevorstehenden «Tag der guten Tat» bei der Brändi-Stiftung in Luzern vorbeischaut, produziert er einige der über 28'000 Pakete für Hilfsbedürftige gleich selbst – kollegial, nahbar, authentisch.
Auspacken. Nach getaner Arbeit ist er 20 Minuten Rede und Antwort gestanden und hat erklärt, weshalb der «Tag der guten Tat» für Coop so wichtig ist, inwiefern Konkurrentin Migros längst hinterherhinkt – und ob die Produkte bald günstiger werden könnten.

Philipp Wyss packt die «Tag der guten Tat»-Geschenkboxen gleich selbst ab.
20min/Michael ScherrerPhilipp Wyss, für welches Coop-Produkt greifen Sie am öftesten ins Regal?
Ich kaufe oft Brot und Milch. Aber das ist ja nicht so spannend. Mein Lieblingsprodukt kommt aus dem Puschlav. Also ziemlich weit weg von hier.
… und das wäre?
Der Edelweiss-Pro-Montagna-Tee. Der ist einfach fantastisch. Schade, dass ich keinen hier habe. (lacht)
Sie haben gerade einige «Tag der guten Tat»-Pakete eingepackt. Welchen Artikel würden Sie selbst am liebsten erhalten?
Spaghetti hat man immer gerne, das kann man immer brauchen, Und natürlich ist in der Schweiz die Rösti nicht zu unterschätzen.

«Sicherlich sehr hilfreich»: In den Geschenkboxen befinden sich Lebensmittel und Hygieneprodukte.
20min/Michael ScherrerDiese waren in den vergangenen Jahren sehr breit ausgelegt. Welche der Initiativen ist Ihnen besonders hängen geblieben?
Letztes Jahr haben wir zum ersten Mal die Vereinswelt gezielt miteinbezogen. Dabei hat etwa die Männerriege in Flims GR einen Sponsorenlauf um den Caumasee organisiert und über 10'000 Franken für ein sonderpädagogisches Zentrum gesammelt.
Welche gute Tat haben Sie in diesem Jahr geplant?
Für dieses Jahr konnten wir «Birdlife» als neuen Partner gewinnen. Mit der Naturschutzorganisation werde ich im luzernischen Ruswil eine Böschung ökologisch instand setzen und Nistkästen für Vögel aufhängen.
Weshalb dieses Projekt?
Es freut mich, etwas für die Um- und Tierwelt zu unternehmen. Und dann ist es auch noch nahe meiner Heimat. Von daher: perfekt.

Der «Tag der guten Tat» ist eine Initiative von Coop.
Gemeinsam Gutes tun!
Unter diesem Motto vollbringen wir rund um den 25. Mai gemeinsam in allen Landesteilen der Schweiz gute Taten. Plane auch du entweder allein, mit deiner Familie, deinen Freundinnen und Freunden oder deinem Verein eine gemeinnützige Aktivität und teilt euer Engagement mit dem Hashtag #TagDerGutenTat auf Instagram, Tiktok, Facebook oder Twitter! Alle geteilten Inhalte sowie weitere Informationen zum «Tag der guten Tat» findest du hier: Tag-der-guten-tat.ch.
20 Minuten ist Medienpartner.
Wieso ist es für sie und für Coop so wichtig, dass über gute Taten gesprochen wird?
Nachhaltigkeit gehört seit über 50 Jahren zu den Statuten der Coop-Genossenschaft. Dazu gehört auch die soziale Nachhaltigkeit. Deshalb ist es wichtig, als Genossenschaft der Gesellschaft etwas zurückzugeben und über die Coop-Welt hinaus Menschen zu guten Taten zu animieren.
Läuft Philipp Wyss momentan durch Coop-Filialen und fordert Mitarbeitende zur Teilnahme auf?
(lacht) Ich war tatsächlich gerade zwei Tage an der Laden-Front und habe natürlich immer gefragt, was die Leute da so vorhaben. Und ausnahmslos alle beteiligen sich an einer guten Sache.
Im Reputationsranking ist Coop etwas abgerutscht, in Sachen Marktanteil konnte man aber zulegen, auch in Sachen Gewinn siehts prächtig aus. Nur: Beim Supermarkt-Umsatz hat Konkurrentin Migros nach wie vor die Nase vorn. Wann wird Coop die Migros hinter sich gelassen haben?
In der Anzahl der Verkaufsstellen haben wir die Migros schon lange hinter uns gelassen. Wir haben heute 965 Ableger. Wir sind auch Leader in Sachen Bio, Frischconvenience oder im Bereich Vegi-Vegan – und legen grossen Fokus auf Handwerk, Regionalität und Nähe.
«Wir sind auch Leader in Sachen Bio, Frischconvenience oder im Bereich Vegi-Vegan.»
Stichwort Fokus: Die Migros hat sich unlängst dazu entschieden, die eigenen Fachmärkte abzustossen. Weshalb tut das Coop nicht?
Dazu gibt es keinen Grund. Wir glauben, dass es immer stationären Handel brauchen wird. Wir müssen dabei halt einfach die Besten sein. Unsere Ketten wie etwa Fust oder Livique haben sich hervorragend positioniert.
Gibt es einen Fachmarkt, den Coop gerne übernehmen würde? Noch sind ja diverse Käufer gesucht.
Die Brands nicht. Aber wir sind interessiert an gewissen Standorten und an Arbeitskräften. Kürzlich konnten wir zum Beispiel Lernende von Melectronics übernehmen.
Coop investiert viel Geld in die Warenlogistik. Ist Coop bald das smarteste Unternehmen der Schweiz?
(lacht) Das glaube ich nicht. Bei der Logistik geht es einzig und alleine um den Kundennutzen. Die Leute brauchen die Ware immer später abends, trotzdem müssen die Läden um sechs Uhr morgens gefüllt sein. Diesen neuen Anforderungen muss man langfristig gerecht werden.
Beteiligst du dich am «Tag der guten Tat»?
Zur weiteren Konkurrenz: Aldi, Lidl etc. leisten sich ein regelrechtes Kopf-an-Kopf-Rennen um den besten Mindestlohn. Sie sagen aber trotzdem, Coop sei ein hervorragender Arbeitgeber. Was macht denn Coop aus?
Wir führen seit Jahren positive Lohnrunden durch – in den vergangenen zehn Jahren wurden die Löhne um 9,5 Prozent erhöht. Unsere Untersuchungen zeigen aber auch, dass Lohn nicht das Einzige ist, was zählt. Mitarbeitende wollen weiterkommen im Leben. Da fördern wir gezielt und bieten samt ansprechendem Lohn ein gutes Ausbildungspaket in vielerlei Bereichen.

Gewohnt menschennah: Philipp Wyss posiert mit den Mitarbeitenden der Brändi-Stiftung.
20min/Michael ScherrerApropos Weiterkommen: Wie wird man eigentlich vom Lehrling zum CEO von Coop?
Man braucht Leidenschaft für das, was man macht. Man muss ein bisschen hungrig und neugierig sein und Führungserfahrung sammeln, darum kommt man nicht herum. Und natürlich etwas Disziplin.
Hilft es Ihnen im Umgang mit Mitarbeitenden, dass Sie einst selbst hinter der Ladentheke gestanden haben?
Das ist eigentlich nicht entscheidend. Wichtig ist, dass man miteinander spricht und eine gewisse Offenheit ausstrahlt.
«Im laufenden Jahr konnten wir bereits 1000 Preissenkungen vornehmen.»
Die Teuerung ist das grosse Thema der letzten rund 20 Monate. Im Detailhandel wird diese fast schon im Sinne eines Seismografen unmittelbar spürbar. Haben wir den Höhepunkt erreicht?
Dieses Jahr weisen wir eine ganz tiefe Inflation aus, im März verzeichneten wir sogar eine Minusteuerung. Im ganzen Food-Sortiment können wir mit stabilen Preisen rechnen.
Andersrum: Im «CEO Talk» im Herbst haben Sie gesagt, Sie würden alles daran setzen, Effizienzgewinne innerhalb des Coop-Konzerns unmittelbar auf die Konsumenten zu überwälzen. Wird die Produktpalette bald etwas günstiger?
Ganz klar. Als Konsumgenossenschaft ist es unser Auftrag, Effizienzgewinne an die Kunden weiterzugeben. Im laufenden Jahr konnten wir bereits 1000 Preissenkungen vornehmen – weitere werden folgen.
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