CVP-Politiker fallen Leuthard in den Rücken

Aktualisiert

Zweite Gotthard-RöhreCVP-Politiker fallen Leuthard in den Rücken

Parlamentarier der CVP engagieren sich in einem bürgerlichen Komitee gegen die zweite Gotthard-Röhre. Parteipräsident Christophe Darbellay ist sauer.

D. Waldmeier
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D. Waldmeier

Verkehrsministerin Doris Leuthard setzt auf eine zweite Röhre am Gotthard, um das drohende Verkehrschaos bei der Sanierung des alten Strassentunnels zu verhindern. Weil links-grüne Kreise das Referendum ergriffen haben, kommt die Vorlage voraussichtlich 2016 vors Volk. Jetzt formiert sich weiterer Widerstand: Gemäss Recherchen von 20 Minuten stellt sich nächste Woche ein «breit abgestütztes» bürgerliches Nein-Komitee der Öffentlichkeit vor.

Brisant: Neben Vertretern der GLP oder dem parteilosen Ständerat Thomas Minder ziehen auch Politiker der CVP gegen die eigene Bundesrätin ins Feld. Ständerat Konrad Graber (CVP/LU) und Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (CVP/ZH) bestätigen ihr Engagement im Nein-Komitee, wollen sich aber mit Verweis auf die geplante Medienkonferenz nicht weiter äussern.

Grosser Ärger beim CVP-Boss

Bei den Christdemokraten ist Feuer unter dem Dach. Parteipräsident Christophe Darbellay, der von 20 Minuten von dem Komitee erfährt, ärgert sich über die offene Opposition aus den eigenen Reihen: «Ich finde das Engagement daneben. Das ist ein wichtiges Dossier unserer Bundesrätin Doris Leuthard. Die CVP ist klar für die zweite Röhre, weil sie mehr Sicherheit bringt.» Er will sich die Abweichler nun zur Brust nehmen. «Ich glaube zwar nicht, dass ich sie noch umstimmen kann.»

Tatsächlich sind sowohl Graber als auch Schmid-Federer als dezidierte Gegner einer zweiten Röhre bekannt. So sagte Ersterer im März letzten Jahres in der ständerätlichen Debatte, dass man «gleichzeitig an den Storch, den Osterhasen und das Christkind» glaube, wenn man davon ausgehe, dass das Ausland bei zwei Röhren den geplanten einspurigen Betrieb auf Dauer akzeptieren werde.

Die Gegner jubilieren

Alt Ständerat Hansruedi Stadler (CVP), der sich im Urner Komitee gegen die zweite Röhre engagiert, lobt derweil den Mut der Abweichler: «Ich habe Respekt vor Politikern, die es wagen, sich zu exponieren, selbst wenn ihnen ein steifer Wind entgegenweht.» Das Thema sei zu wichtig, als dass man die eigene Meinung verleugnen dürfte. Dass auf der nationalen Ebene der Widerstand gegen die zweite Röhre wachse, nehme er mit Befriedigung zur Kenntnis.

Auch links-grüne Kreise freuen sich über die bürgerliche Schützenhilfe: «Schon im Parlament haben bürgerliche Parlamentarier den Angriff auf den Alpenschutz kritisiert», sagt Grünen Co-Präsidentin Regula Rytz. Sie glaubt, dass auch jene Bürgerlichen, die gegen die zweite Röhre sind, «die Menschen entlang der Transitachse vor der Lastwagenlawine schützen» wollen.

«Knatsch kann dem Image der Partei schaden»

Den Ärger von CVP-Chef Darbellay kann Politologe Georg Lutz nachvollziehen: «Zwar ist das Gotthard-Dossier für die CVP nicht so wichtig. Aber wenn die Gräben mitten im Wahljahr aufbrechen, kann dies dem Image der Partei schaden.» Parteien stünden heute unter grossem Druck, gegen aussen geschlossen aufzutreten.

Laut Lutz spielt der CVP-Knatsch vor allem den Gegnern in die Hände: «Diese versuchen jetzt, Keile zwischen die Gruppen zu treiben. Das ist ein normaler Vorgang in der Politik.» Inhaltlich sei ein Engagement bürgerlicher Kreise nicht überraschend: «Der Bau einer zweiten Röhre am Gotthard ist ein Projekt, bei dem Milliardensummen im Spiel sind. Nicht nur links-grüne Kreise können sich fragen, ob die Prioritäten richtig gesetzt sind.»

Einspuriger Betrieb geplant

Der Verein «Nein zur zweiten Gotthardröhre» hat das Referendum gegen die zweite Gotthardröhre ergriffen. Frühestens im Februar 2016 kann sich das Volk dazu äussern. Aus Sicht von Bundesrat und Parlament ist ein neuer Strassentunnel nötig für die Sanierung des ersten Tunnels. Der neue Tunnel soll ab etwa 2020 in sieben Jahren gebaut werden. Anschliessend würde der bestehende gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden.(sda)

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