Darum brauchte von der Leyen ein Pseudonym

Aktualisiert

Neue EU-KommissionspräsidentinDarum brauchte von der Leyen ein Pseudonym

Ärztin, siebenfache Mutter, Goldkehlchen, als erste Frau an der Spitze der EU. Wer ist eigentlich die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen?

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Ursula von der Leyen hat es an die Spitze der EU-Kommission geschafft.
Die bisherige Bundesverteidigungsministerin erhielt am Dienstag mit 383 von 747 Stimmen äusserst knapp die notwendige absolute Mehrheit im Europaparlament,.
Von der Leyen wird damit am 1. November Nachfolgerin des scheidenden Amtsinhabers Jean-Claude Juncker aus Luxemburg.
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Ursula von der Leyen hat es an die Spitze der EU-Kommission geschafft.

Jean-francois Badias

Steckbrief

• Name: Ursula Gertrud von der Leyen

• Alter: 60

• Grösse: 1,61 m

• Sprachen: Deutsch, perfekt Englisch und Französisch

• Lohn: Als Kommissionspräsidentin wird Ursula von der Leyen künftig 27'903 Euro brutto im Monat verdienen.

Ihre Eltern

Ihr Vater war Generaldirektor bei der EU-Kommission. Danach war er niedersächsischer Ministerpräsident. Ihre Mutter war Germanistin und Hausfrau.

Musterschülerin

Ursula von der Leyen und ihre sechs Geschwister besuchten in Brüssel die Europaschule, wo sie perfekt Französisch und Englisch lernte. Ihr Abitur schloss sie mit der Note 0,7 ab, wie die «Neue Osnabrücker Zeitung» (NOZ) schreibt. In einem taz-Interview im Jahr 2014 erinnerte sie sich vor allem an das Shetlandpony ihrer Brüsseler Kindheit. «Das war so hoch wie breit. Das habe ich geliebt.»

Ihre Geschwister

Ursula von der Leyens Schwester Benita-Eva starb mit elf Jahren. Als ihr Vater pflegebedürftig geworden war, nahm sie ihn in ihr Haus auf. Bruder Hans Albrecht ist CEO des multinationalen Musikstreaming-Service Deezer. Ein anderer Bruder, Donatus Albrecht, war zwischenzeitlich im Vorstand der millionenschweren Beteiligungsgesellschaft Aurelius.

In London hatte sie ein Pseudonym

Von der Leyen lebte 1978 kurzzeitig unter dem Pseudonym Rose Ladson – in Anlehnung an ihre amerikanische Urgrossmutter Mary Ladson Robertson (1883–1960). In einem Interview mit der «Zeit» begründete sie das so: «Ende der siebziger Jahre studierte ich ohne grossen Erfolg in Göttingen Volkswirtschaft. Damals war die Bedrohung durch die RAF sehr akut, an der Göttinger Uni gab es eine breite Sympathisantenszene. Das Landeskriminalamt riet meinem Vater, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten, mich zu einem Uni-Wechsel zu bewegen. Ich stand dann vor der Entscheidung: Entweder gehe ich nach Braunschweig mit Personenschutz rund um die Uhr – oder ich lege mir einen anderen Namen zu und gehe nach London an die London School of Economics. Braunschweig wurde es dann nicht.»

Goldkehlchen

Gemeinsam mit ihrer Familie veröffentlichte sie 1978 zwei Lieder auf einer Schallplatte für den guten Zweck:

Gemeinsam mit ihrer Familie veröffentlichte sie 1978 zwei Lieder auf einer Schallplatte für den guten Zweck:

(Video: Youtube/ Kanal Kischelwetternochemol)

Medizinstudium

Ursula von der Leyen studierte nach dem Abitur Archäologie. Nach zwei Jahren wechselte sie zu Volkswirtschaft. Schliesslich studierte sie an der Medizin und doktorierte. Nach ihrer Promotion im Jahr 1991 nahm sie die Ausbildung zur Fachärztin für Gynäkologie auf und half vielen Babys auf die Welt. Bis 1995 arbeitete sie als Assistenzärztin für Frauenheilkunde in Hannover.

Politkarriere

Ursula von der Leyen begann ihre Karriere in der Politik erst mit Mitte 40. Nach Anfängen als Sozialministerin in Niedersachsen, wurde sie 2005 Bundesfamilienministerin und 2009 Arbeitsministerin. 2013 wurde sie als erste Frau Verteidigungsministerin.

Ihr Ehemann

Von der Leyen ist seit 1986 mit Heiko von der Leyen (64), einem Medizin-Professor und Unternehmer, verheiratet.

(Foto: Getty Images)

7 Kinder und «ein schlechtes Gewissen»

Das Paar hat sieben Kinder: David (*1987); Sophie (*1989); Maria Donata (*1992); Johanna (*1994); Victoria (*1994); Egmont (*1998); Gracia (*1999). «Was hab ich am Anfang für ein schlechtes Gewissen gehabt!», sagte von der Leyen gegenüber dem «Stern» über ihre Zerrissenheit als junge Mutter zwischen Kindern und Karriere.

(Foto: AFP)

Super-Nanny, Flinten-Uschi, Zensursula und Röschen

Während Angela Merkel den Spitznamen «Mutti» trägt, ist es bei Ursula von der Leyen «Super-Nanny»: Als Familienministerin (2005 bis 2009) machte sie sich vor allem für den Ausbau der Kinderbetreuung, Kinderkrippen für Kleinkinder und mehr Ganztagserziehung stark. Als Verteidigungsministerin (2013 bis 2019) nannte man sie auch «Flinten-Uschi». Ihr Engagement für Internetsperren verschafften von der Leyen noch den Übernamen Zensursula. Van der Leyens Vater dagegen nannte seine Tochter «Röschen». 2007 zog von der Leyens Familie auf das Anwesen des Vaters bei Hannover, der an Alzheimer erkrankt war und 2014 starb.

Plagiatsvorwürfe

Im Sommer 2015 wurden Plagiatsvorwürfe bezüglich von der Leyens Dissertation laut. Sie bat ihre damalige Universität um eine Überprüfung. Obwohl eine gewisse Schlampigkeit bemängelt wurde, durfte sie ihren akademischen Grad behalten.

Für Härte geschätzt

In der CDU wird laut der NZZ die kleine, drahtige Frau von vielen für ihren Fleiss und ihre Härte geschätzt. Als Parteichefin aber hätte sie keine Chancen gehabt. Zu entrückt, zu elitär wirke sie, schreibt das Blatt.

Sie entsorgt Bremser

Sie gilt laut der deutschen «Tageszeitung» als harte Chefin, «die Bremser entsorgt» und «Treiber installiert».

Überzeugte Europäerin

Von der Leyen gilt als eine überzeugte Europäerin. Bereits ihr Vater hatte als hoher Beamter in der EU-Kommission gearbeitet, sie selbst ist in Brüssel geboren und teilweise auch zur Schule gegangen. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» sagte sie: «Mein Ziel sind die Vereinigten Staaten von Europa – nach dem Muster der föderalen Staaten Schweiz, Deutschland oder den USA.» Ansonsten sind kaum Äusserungen der Politikerin zur Schweiz bekannt.

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