Gesetzlich verbotenDarum kann Berset keine Impfpflicht für alle verordnen
Österreich greift hart durch: Ab Montag dürfen die Bewohner ihre Häuser nur noch in Ausnahmefällen verlassen, ab Februar gilt eine allgemeine Impfpflicht. Letztere wäre in der Schweiz gar nicht möglich.
Darum gehts
In Österreich geht es bei den Corona-Massnahmen gerade Schlag auf Schlag: Nach dem Lockdown für Ungeimpfte und 2G+ folgt am Montag der Lockdown für alle: Die Einwohnerinnen und Einwohner Österreichs dürfen ihre Häuser nur noch aus dringend notwendigen Gründen verlassen. Dieser harte Lockdown soll maximal 20 Tage dauern, nach zehn Tagen wird die Wirksamkeit überprüft.
Auch für ungeimpfte Österreicherinnen und Österreicher wird es bald ungemütlich: Ab dem 1. Februar gilt eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona. Laut Andreas Glaser, Professor für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht an der Universität Zürich, ist eine Impfpflicht für alle in der Schweiz derzeit ausgeschlossen: «Dafür fehlt die gesetzliche Grundlage.» Tatsächlich sieht das Epidemiengesetz lediglich vor, dass Bund und Kantone Impfungen von gefährdeten Personengruppen und bestimmten Personen unter engen Voraussetzungen für obligatorisch erklären könnten. «Niemand kann aber gezwungen werden, sich impfen zu lassen», schreibt auch das Bundesamt für Gesundheit.
«Dem Bundesrat sind klare Schranken gesetzt»
Doch was, wenn die Pandemie ausser Kontrolle gerät? Kann der Bund dann nicht wieder die ausserordentliche Lage ausrufen und eigenmächtig Gesetze erlassen? «Nein», sagt Glaser: «Das Epidemiegesetz gibt dem Bundesrat klare Schranken vor, wie weit er mit der Impfpflicht im äussersten Fall gehen kann. Wollte er tatsächlich eine Impfpflicht für alle einführen, bräuchte es dazu ein neues oder angepasstes Gesetz – und dieses müsste vom Parlament erlassen werden.»
Unklar ist laut Glaser, ob ein solches Gesetz für dringlich erklärt werden könnte. «Dann würde es sofort in Kraft treten, ohne dass die 100-tägige Referendumsfrist abgewartet werden müsste. Damit das möglich wäre, müsste die Pandemie meiner Meinung nach aber noch viel schlimmere Dimensionen annehmen, mit deutlich mehr Todesopfern.»
Wird das Gesetz nicht für dringlich erklärt, würde laut Glaser mit grosser Wahrscheinlichkeit das Referendum ergriffen. «Das sehen wir daran, dass auch gegen das Covid-19-Gesetz schon zwei Referenden ergriffen wurden.» Damit würde sich der Gesetzgebungsprozess in die Länge ziehen: «Auch darum ist eine Impfpflicht für alle für die Schweiz keine sinnvolle Massnahme. In einer Pandemie muss schnell reagiert werden können.»
«Schweiz würde andere Wege gehen»
Deshalb würde die Schweiz laut dem Staatsrechtler wohl auch dann andere Wege einschlagen, wenn die Pandemie wieder ausser Kontrolle gerät: «Wir würden wohl differenziertere Massnahmen aushandeln und etwa eine 1G-Regel an Orten erlassen, wo die Gefährdung besonders hoch ist, also überall dort, wo viele Menschen auf engem Raum sind. Denkbar und nach Epidemiegesetz möglich wäre höchstens, dass die Impfpflicht auf weitere Berufsgruppen ausgeweitet würde, nach dem Pflegepersonal also etwa auch auf Spitex-Mitarbeitende.»
Stand jetzt ist für Glaser also klar: «Wir sind von der epidemiologischen Lage her weit davon entfernt, auch nur über eine Impfpflicht für alle diskutieren zu müssen. Und selbst wenn die Situation sich drastisch verschlechtert, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine generelle Impfpflicht in der Schweiz im Zuge dieser Pandemie je kommen wird.»
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