«Fussballverrückte Asiaten» - Darum machen chinesische Firmen so offensiv Werbung an der EM

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«Fussballverrückte Asiaten»Darum machen chinesische Firmen so offensiv Werbung an der EM

Tiktok, Alipay, Hisense, Vivo: Marken aus China sind an der Fussballeuropameisterschaft allgegenwärtig. Doch hierzulande versteht kaum jemand ihre Zeichen an der Werbebande.

Waliser jubeln an der Fussball-EM über ein Tor gegen die Türkei. Im Hintergrund wirbt Alipay mit «Zhifubao», was Alipay auf chinesisch in der offiziellen lateinischen Umschrift bedeutet.
Hisense wirbt mit dem Slogan auf chinesisch: Willst du einen TV kaufen, entscheide dich für den U7.
Auch Tiktok ist an der EM allgegenwärtig.
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Waliser jubeln an der Fussball-EM über ein Tor gegen die Türkei. Im Hintergrund wirbt Alipay mit «Zhifubao», was Alipay auf chinesisch in der offiziellen lateinischen Umschrift bedeutet.

AFP

Darum gehts

  • Chinesische Firmen sind in der Mehrzahl an der Fussball-EM.

  • Vier von zwölf Partnern stammen aus dem Reich der Mitte.

  • Ihr Fokus gilt aber nicht den Fussballfans in Europa.

Die Fussball-EM ist in vollem Gange und Tiktok mittendrin. Die Video-App aus China ging als erste digitale Unterhaltungsplattform eine Partnerschaft mit dem europäischen Fussballverband UEFA ein. Als EM-Sponsor sind der Tiktok-Schriftzug und das Logo mit der Achtelnote bei jedem Spiel an den Banden zu sehen.

Auch auf der App begleitet Tiktok das Turnier mit AR-Effekten und interaktiven Formaten wie Hashtag-Challenges, Tiktok Lives und Sounds, wie eine Sprecherin zu 20 Minuten sagt. Auf der Plattform sei Sport im Allgemeinen und Fussball im Besonderen ein wichtiges Thema (siehe Box).

Tiktok mit FCB und YB

Auf TikTok sind über 400 Verbände, Vereine und Spieler aus Europa dabei. So hat etwa Sergio Ramos, der grosse Abwesende im spanischen EM-Team, 5,6 Millionen Follower. Auch die Berner Young Boys mit 136’000 und der FC Basel mit 25’000 Followern nutzen TikTok. Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft findet die Partnerschaft mit der UEFA ideal. «Tiktok lebt zum Grossteil davon, dass Nutzer ihren Alltag und ihre Meinungen in kurzen Filmen teilen. Da sind Clips mit Fussballern, Eigengoals oder dem Greenpeace-Aktivisten im Stadion perfekt. Und schliesslich hat jeder eine Meinung über Fussball und kann mitdiskutieren», so Steiger. Ausserdem sei Tiktok für die UEFA ein Partner ohne Risiko. «Tiktok ist sehr clean und Anstössiges wird schnell entfernt. Das hilft dem Image der UEFA», so Steiger. Laut einer Untersuchung von Datareportal aus 2020 hat TikTok etwa 800 Millionen Nutzer.

Als offizieller UEFA-Partner will Tiktok laut eigener Aussage neue Zielgruppen auf die Plattform aufmerksam machen. Was die chinesische Firma fürs Sponsoring zahlt, gibt sie nicht bekannt. Laut Martin Steiger von der Digitalen Gesellschaft kann sie sich das aber leisten, weil die Nutzerzahlen der Plattform in den letzten Jahren explodiert seien.

Tiktok ist allerdings nicht die einzige chinesische Firma, die sich das leisten kann und nun an der EM allgegenwärtig ist. War 2016 nur der TV-Hersteller Hisense dabei, ist nun neben Tiktok auch der Handyhersteller Vivo offizieller Sponsor der laufenden EM. Hisense sowie die Ali Baba Group mit ihrer Tochterfirma Ant Group, die den Bezahldienst Alipay betreibt, sind zudem Sponsoren der UEFA-Nationalteams an der EM.

«Asiaten lieben die europäischen Klubs»

Dass der Fussballverband mittlerweile bereits vier von zwölf Partnern hat, die aus China stammen, sei der Verschiebung der Wirtschaftskraft von West nach Ost geschuldet, sagt Steiger. «Die chinesischen Unternehmen haben oft schon hunderte Millionen Nutzer in China und treiben jetzt die internationale Expansion voran», so Steiger.

Die Schwellenland-Expertin Christa Janjic-Marti, Partnerin bei der Beratungsfirma WPuls AG, erklärt das Engagement der chinesischen Firmen mit der Fussballbegeisterung in Asien. «Es gibt kaum fussballverücktere Länder als in Asien. Sie lieben die grossen europäischen Klubs wie Manchester United oder Real Madrid und deren Stars, die jetzt an der EM spielen», sagt sie. Auch Chinas Präsident Xi Jinping gilt als absoluter Fussball-Fan.

Deshalb glaubt sie auch nicht, dass sich die Werbung der chinesischen Firmen an europäische Fussballfans richtet. «Das beweisen auch die chinesischen Schriftzeichen an der Bandenwerbung. Damit wollen die Firmen die chinesischen Fussballverrückten erreichen», so Janjic-Marti.

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