Trendfrisur Buzzcut – Darum rasieren sich Frauen immer öfter die Haare ab

Der Buzzcut gehört zu den Trendfrisuren des Jahres. Aber steckt noch mehr dahinter?

Der Buzzcut gehört zu den Trendfrisuren des Jahres. Aber steckt noch mehr dahinter?

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Trendfrisur BuzzcutDarum rasieren sich Frauen immer öfter die Haare ab

Immer mehr weibliche Celebs, aber auch Normalo-Frauen, tragen einen Buzzcut. Sind raspelkurze Haare ein Zeichen der Emanzipation?

Radikal, mutig, burschikos: Diese Adjektive tauchen in den Google-Ergebnissen zu «Buzzcut Frauen» ständig auf. Und sie fallen auch, wenn Models wie Ruth Bell beschrieben werden, deren rasierter Kopf sie vor ein paar Jahren zum meistgebuchten Model der Saison machte.

Überfliegerin Adwoa Aboah vergleicht den Moment, als sie sich von ihrem Afro trennte, mit einem Befreiungsschlag. Und Model Dree Hemingway erzählte der US-«Vogue» nach ihrem Kahlschlag begeistert: «Ich kann mich nicht hinter meinen Haaren verstecken und kümmere mich mehr um mich selbst.»

Auch Celebs wie Kristen Stewart, Halsey und Cara Delevingne haben sich schon den Kopf rasiert. Cara kommentierte ihre neue Frisur auf Instagram damals folgendermassen: «Ich bin es leid, dass die Gesellschaft vorschreibt, was Schönheit bedeutet. Weg mit dem Make-up, weg mit den Haaren, weg mit dem materiellen Besitz. Wer sind wir dann?»

Vom Catwalk in den Mainstream

Nun hats der Buzzcut vom Catwalk und dem Red Carpet zu uns geschafft. Im Lockdown haben viele Frauen spontan zum Rasierer gegriffen, Beautyblogs bezeichnen ihn als Haarschnitt des Jahres 2021 und wer etwa durch Zürich läuft, sieht immer öfter junge Frauen mit Raspelschnitt. Auch die Autorin dieses Textes hat sich dieses Jahr den Kopf rasiert. In der Stadt gabs dafür mehrheitlich Komplimente, beim Familienbesuch auf dem Land hochgezogene Augenbrauen. «Ein Buzzcut provoziert sicher stärker in einem konservativen Umfeld mit eher starren Geschlechterrollen als in einem aufgeschlossenem Milieu», sagt Dr. Christa Binswanger, Geschlechterforscherin an der Uni St. Gallen.

Aber woran liegts denn, dass wir lange Haare eher mit Weiblichkeit verbinden? «Unter anderem sind die Werbung und die Filmindustrie schuld daran», sagt Binswanger. Neu sei allerdings, dass nun auch die vermeintliche Befreiung von Weiblichkeit zur Vermarktung verwendet werde. Etwa, wenn ein kahlköpfiges Model für eine Kampagne gebucht wird, die besonders edgy wirken soll. «Manchmal ist ja gerade die Abweichung einer Norm besonders interessant.»
Mit einem Buzzcut würden Frauen – mehr oder weniger bewusst – provozieren, so die Genderforscherin. «Sie nehmen männliche Anteile in ihre Schönheitsnorm auf. Und offenbar hat das starke Effekte auf ihr Umfeld», sagt Binswanger.

Buzzcuts zur öffentlichen Demütigung

«Eine Frau mit diesem Haarschnitt war lange Zeit undenkbar.» Denn sich den Kopf zu rasieren war schon immer ein symbolischer Akt. Oft stand der Buzzcut in irgendeiner Weise dafür, dass die Trägerin oder der Träger ausserhalb der Gesellschaft steht. Mönche, Skinheads, Sklaven: Sie alle trugen abrasiertes Haar.
In der Vergangenheit nutzte man Buzzcuts vor allem auch, um Frauen öffentlich zu demütigen. Im Mittelalter wurden vermeintliche Hexen bestraft, indem man ihnen die Haare abrasierte. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man Frauen, welche angeblich mit dem Feind im Bett waren, ebenfalls kahl rasiert. «Man nahm ihnen öffentlich ihre Weiblichkeit», sagt Binswanger.

Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. «Heute werden wir mit Bildern von normgerechten Körpern geflutet. Da kann ich gut verstehen, dass junge Frauen das Bedürfnis verspüren, sich abzuheben.» Wenn auch nur für kurze Zeit. Denn das Gute an abrasierten Haaren ist, dass sie ruckzuck wieder nachwachsen.

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