Darum sind die Senatswahlen in Georgia jetzt matchentscheidend

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Demokraten träumen von MehrheitDarum sind die Senatswahlen in Georgia jetzt matchentscheidend

Der demokratische Angriff auf republikanische Senatssitze scheiterte weitgehend. Im Bundesstaat Georgia gibt es aber einen Lichtblick für Joe Biden und seine Partei. Am 5. Januar 2021 geht es um alles.

Kelly Loeffler und David Perdue verpassten die Wiederwahl in den Senat am 3. November.
Überraschend blieb auch Perdue unter der magischen Grenze von 50 Prozent.
Mit 49,8 Prozent der Stimmen muss er nun in den zweiten Wahlgang.
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Kelly Loeffler und David Perdue verpassten die Wiederwahl in den Senat am 3. November.

Reuters

Darum gehts

  • Am 3. November mussten in den USA 35 Senatorinnen und Senatoren zur Wiederwahl antreten. Verschiebungen gab es nur wenige.

  • Nun müssen aber beide Senatoren aus Georgia in eine Stichwahl. Die Demokraten haben gute Chancen auf eine Überraschung.

  • Gewinnen sie am 5. Januar beide Sitze, gibt es ein 50:50-Patt. Die entscheidende Stimme hätte dann Vizepräsidentin Kamala Harris.

  • Faktisch würden die Demokraten dann das Weisse Haus, das Repräsentantenhaus und den Senat kontrollieren.

Ein Wermutstropfen bleibt für die Demokraten trotz der gewonnenen US-Präsidentschaftswahlen. Die Partei von «President Elect» Joe Biden hatte viel Hoffnung in die gleichzeitig in einigen Bundesstaaten stattfindenden Senatswahlen gesetzt. Es bestand die Chance, den Republikanern die 53:47-Sitze-Mehrheit abzujagen. Damit hätten die Demokraten nicht nur den Präsidenten gestellt, sondern auch eine Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus – was ihnen ganz neue Möglichkeiten beim Regieren eröffnet hätte.

Patt mit leichtem Vorteil für die Republikaner

Doch der Angriff auf die kleine Kammer scheiterte trotz Bidens Erfolg. Sitz um Sitz bestätigten die Republikaner. In Alabama verloren die Demokraten sogar einen weiteren Senator, dafür gewannen sie in Colorado einen. Ein zweiter folgte wenig später mit dem Ex-Astronauten Mark Kelly in Arizona.

Nach aktuellem Stand steht im Senat zwischen Demokraten (die unabhängigen Bernie Sanders und Angus King eingerechnet) und Republikanern nun 48:48. Offen ist das Rennen noch in North Carolina – Republikaner Thom Tillis führt derzeit mit 1,8 Prozent Vorsprung vor seinem demokratischen Herausforderer Cal Cunningham – und in Alaska, wo der Sieg des Republikaners Dan Sullivan quasi feststeht. Dass die Grand Old Party auf 50 Sitze kommt, ist also wahrscheinlich. Doch zeitgleich passierte im Bundestaat Georgia etwas, womit die wenigsten gerechnet hätten.

Beide Georgia-Senatoren müssen in die Stichwahl

In Georgia brauchen die Kandidatinnen und Kandidaten nämlich ein absolutes Mehr, um gewählt zu werden. Bleiben alle Kandidierenden unter 50 Prozent Wähleranteil, kommt es zu einer sogenannten «Runoff-Election», einer Stichwahl. In Georgia standen letzten Dienstag beide Senatssitze zur Wahl: Einer der Kandidaten turnusgemäss, der bisherige Senator David Perdue musste sich der ordentlichen Wiederwahl stellen. Der andere Kandidat ausserordentlich, weil Johnny Isakson, ebenfalls Republikaner, Ende 2019 zurücktrat.

Isaksons republikanische Interims-Nachfolgerin Kelly Loeffler verpasste das absolute Mehr klar. In einer ausserordentlichen Wahl gibt es keine Vorwahlen, was bedeutet, dass jeder antreten kann, der will. Kandidaten der beiden grossen Parteien graben sich also gegenseitig Stimmen ab. So kam Loeffler nur auf 25,9 Prozent der Stimmen, klar weniger als ihr demokratischer Herausforderer Raphael Warnock (30,9 Prozent). Dass die beiden in die Stichwahl müssen, davon war im Vorfeld ausgegangen worden.

Überraschend ist aber, dass auch David Perdue in den zweiten Wahlgang muss. Der republikanische Senator verpasste die magische Grenze von 50 Prozent nur hauchdünn und schaffte es auf 49,8 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent David Ossoff erreichte 47,9 Prozent.

Kamala Harris mit dem Stichentscheid

So kommt es, dass am 5. Januar 2021 in Georgia über die nahe Zukunft der US-Politik entschieden wird. Denn gewinnen die Demokraten beide Stichwahlen, kämen sie, wie die Republikaner, auf 50 Sitze. Und damit würden sie faktisch die Mehrheit kontrollieren, denn bei einem 50:50-Patt im Senat fällt die entscheidende Stimme Vizepräsidentin Kamala Harris zu. Holen die Demokraten die beiden Sitze, hätten sie also die Kontrolle über das Weisse Haus, das Repräsentantenhaus und den Senat gleichzeitig. Das würde ihnen deutlich mehr Möglichkeiten bei der Gesetzgebung verschaffen.

Mit Stacey Abrams für Ossoff und Warnock

Die Republikaner können aus der politischen Geschichte Hoffnung schöpfen, ihre beiden Sitze zu verteidigen. Denn Georgia ist ein sogenannter roter Bundesstaat. In den letzten sechs Präsidentschaftswahlen setzte sich zuverlässig der republikanische Kandidat durch. Aber die Demokraten wittern Morgenluft. Bereits 2018 unterlag Stacey Abrams gegen Brian Kemp im Kampf um den Gouverneursposten nur mit 1,4 Prozent.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 setzte sich Joe Biden dann – auch dank der Unterstützung von Abrams – äusserst knapp mit 49,5 zu 49,3 Stimmen gegen Donald Trump durch. Darum haben beide Parteien bereits zum Kampf um die beiden Senatssitze geblasen und dürften viel Geld und Energie in den Wahlkampf investieren.

Einen Vorgeschmack gibt es dazu bereits: Wie der «Guardian» berichtet, gelang es Abrams, innert nur zweier Tage 3,6 Millionen Dollar für die Kampagnen von Ossoff und Warnock zu sammeln. Eine Überraschung scheint auch bei der Senats-Stichwahl möglich.

Stacey Abrams im Trailer zum Film «All In: The Fight for Democracy».

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Nächste Senatswahlen in zwei Jahren

Schaffen die Demokraten die Überraschung in Georgia nicht, müssen sie mindestens zwei Jahre lang mit einer republikanischen Senatsmehrheit unter dem mit Leichtigkeit wiedergewählten Mitch McConnell rechnen, der sämtliche Geschäfte des Präsidenten und Repräsentantenhauses zu blockieren versucht. Der nächsten Angriff auf den Senat wäre 2022 möglich. Dann müssen einige republikanische Senatoren in Swing States wie Florida, Iowa, Ohio, Pennsylvania, und Wisconsin zur Wiederwahl antreten. Aber auch bei den Demokraten gibt es Wackelsitze, wie beispielsweise in Arizona, Colorado, Nevada, und New Hampshire.

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