Covid-TodesfälleDarum starben Ende Oktober mehr Geimpfte als Ungeimpfte
Die Fallzahlen steigen – und mit ihnen auch die Anzahl der Todesfälle. Im Oktober sind zudem auch viele Geimpfte dem Coronavirus erlegen.
Darum gehts
«Doppelt so viele Covid-Todesfälle von Geimpften wie von Ungeimpften per Ende Oktober»: Eine in den sozialen Medien kursierende Statistik soll beweisen, dass die Covid-Impfungen nichts nützen und sogar schädlich sind. Die Kurve bei ungeimpften Personen sinkt stetig ab, währenddessen schnellt die Anzahl der verstorbenen Geimpften in die Höhe. Die aufgeführten Zahlen sind falsch, die offiziellen Statistiken gehen aber zumindest bei bereits geimpften Personen in eine ähnliche Richtung.
So weist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Monat Oktober etwa aus, dass immer häufiger auch vollständig geimpfte Personen nach einer Corona-Infektion hospitalisiert werden müssen und verscheiden. Vor allem auf Ende Oktober lag die Zahl der an Covid-19 Verstorbenen fast gleichauf: In den letzten zehn Tagen des Oktobers starben 22 Ungeimpfte und 24 Geimpfte, das Durchschnittsalter lag bei 85 Jahren. Wie kommt es dazu?
Impfung reduziert Sterberisiko deutlich
«Personen mit einem erhöhten Risiko eines schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf sind aktuell fast vollständig geimpft», sagt BAG-Mediensprecher Daniel Dauwalder. Bei den über 70-Jährigen liege die Impfquote bei rund 90 Prozent. «Dies hat zur Folge, dass in diesen Altersgruppen in einigen der letzten Wochen in absoluten Zahlen mehr Todesfälle bei vollständig geimpften Personen auftraten», so Dauwalder. Die Impfung reduziere aber das Risiko zu versterben deutlich.
Bisher wirke die Impfung gegen schwere Erkrankungen auch ohne Auffrischimpfung noch sehr gut, sagt Dauwalder. Hinweise auf einen abnehmenden Schutz gebe es aber bei Personen ab 75 Jahren. «Aus diesem Grund empfehlen die Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF und das BAG aktuell allen Personen ab 65 Jahren eine Auffrischungsimpfung – besonders jenen mit chronischen Krankheiten sowie Bewohnerinnen und Bewohnern und Betreuten in Altersheimen und Pflegeheimen.»
Moralische Verpflichtung des Staats
Der Infektiologe Andreas Cerny sieht im abnehmenden Impfschutz bei älteren Personen den Hauptgrund für den Anstieg der Todesfälle bei Geimpften: «Erstens wurde der ältere, vulnerable Teil der Gesellschaft schon früh geimpft, zweitens bauen sich die Antikörper vor allem bei älteren Leuten schneller ab.»
Gleichzeitig kritisiert Cerny das lange Zögern bei den Drittimpfungen mit Pfizer und Moderna – obwohl Swissmedic bereits vor drei Wochen die Zulassung dafür erteilt hatte. Der Infektiologe ist sich sicher: Durch ein frühzeitiges Boostern wäre die hohe Anzahl geimpfter Todesfälle wohl zu vermeiden gewesen. «Diese Entwicklung war vorhersehbar. Daher hätte man eindeutig schneller reagieren müssen.»
Dass bisher Impfwillige, die sich einen Booster holen wollten, abgewiesen werden – so wie etwa während der nationalen Impfwoche im Zürcher Hauptbahnhof – ist für den Infektiologen unverständlich. Der Staat habe eine moralische Verpflichtung, die Impfwilligen, welche dem Staat und der Gesundheitspolitik ihr Vertrauen geschenkt haben, zu schützen. «Bei der nationalen Impfwoche wurde der Akzent auf den Teil der Bevölkerung gesetzt, welcher den Empfehlungen nicht folgt. Das finde ich fragwürdig», so Cerny.