Geschichte der RaumfahrtDas bessere Spaceshuttle
Auch die Russen bauten einen Raumgleiter. Doch der Raumfähre Buran, die dem Spaceshuttle sehr ähnlich sah, wurde das Ende der Sowjetunion zum Verhängnis.
Sechs Jahre nach dem ersten Flug eines Spaceshuttles hob am 15. November 1988 eine sowjetische Energija-Rakete vom Weltraumbahnhof in Baikonur ab. Die stärkste je gebaute Trägerrakete brachte eine Raumfähre ins All, die auf den ersten Blick wie eine Kopie des Spaceshuttles aussah. Doch Buran (dt. Schneesturm), wie der Raumgleiter hiess, unterschied sich in einigen wichtigen Punkten von seinem amerikanischen Äquivalent.
So fand der erste und einzige Flug des sowjetischen Orbiters unbemannt statt – Buran konnte im Gegensatz zum Spaceshuttle auch ohne Besatzung ins All starten. Die wichtigsten Unterschiede lagen jedoch im inneren Aufbau des Fluggeräts: Buran verfügte nicht über ein eigenes Starttriebwerk wie das Spaceshuttle, bei dem die drei 14,2 Tonnen schweren Haupttriebwerke im Orbiter selbst integriert und lediglich die Tanks ausgelagert sind. Dadurch war der sowjetische Orbiter, der seinen Schub vom Haupttriebwerk der zweistufigen Energija bezog, im Bau weniger aufwändig und konnte bedeutend mehr Nutzlast transportieren als sein amerikanischer Konkurrent: 30 statt nur 25 Tonnen. Zudem hätte Buran mehr Besatzungsmitglieder aufnehmen können; neben der Kernbesatzung von vier Personen in der Kanzel hätten bis zu zehn weitere Personen im unteren Deck Platz gefunden.
Die sowjetische Antwort auf das Spaceshuttle
Ferner wies die Raumfähre die besseren Segeleigenschaften auf und hätte dadurch fünf Tonnen Nutzlast mehr zur Erde zurückbringen können. Ausserdem konnte beim flexibleren sowjetischen Konzept die Anzahl der Booster (Hilfsraketen), die neben dem Haupttriebwerk der Energija zum Einsatz kamen, variiert und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Mission abgestimmt werden. So hätte Buran bei maximaler Booster-Konfiguration 65 bis 150 Tonnen Nutzlast ins All bringen können. Die Booster verwendeten überdies – ein weiterer Unterschied zu den Spaceshuttles – Kerosin und flüssigen Sauerstoff (LOX) als Treibstoff.
Das Buran-Programm begann 1976 nach einigen nie realisierten Vorgängerprojekten als Antwort auf die amerikanischen Spaceshuttles, die nicht zuletzt auch als militärische Bedrohung gesehen wurden. Buran wurde daher von Anfang an auch als potenzielle Waffenplattform konzipiert. 1986 wurde der erste Orbiter fertiggestellt; Buran 1.01. Diese Raumfähre führte dann – nach dem erfolgreichen Test der wiederverwendbaren Energija-Trägerrakete im Mai 1987 – den ersten Raumflug des Buran-Energija-Systems aus. Nach zwei Erdumkreisungen setzte Buran mit nur einer Sekunde Rückstand auf den Flugplan auf und kam 80 Zentimeter vom berechneten Haltepunkt entfernt zum Stehen.
Demontiert und abgewrackt
Die Überlegenheit des sowjetischen Konzepts konnte sich jedoch nicht in der Realität niederschlagen; die ohnehin in enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckende östliche Supermacht war nach dem Ende des Kalten Kriegs ausgangs der Achtzigerjahre weder willens noch fähig, solch ambitionierte Raumfahrtprojekte zu finanzieren. Zudem war 1989 der sowjetische Raketen-Chefkonstrukteur Walentin Gluschko gestorben, einer der massgeblichen Förderer des Buran-Programms. Am 30. Juni 1993 stellte der russische Präsident Jelzin das Projekt endgültig ein.
Von den insgesamt fünf Raumgleitern, die zumindest im Rohbau fertiggestellt wurden, sind nur noch drei teilweise erhalten. Buran 1.01, der den einzigen Raumflug absolvierte, wurde 2002 beim Einsturz der Lagerhalle in Baikonur komplett zerstört; ein weiterer Orbiter wurde abgewrackt. Von den erhaltenen Modellen wurde einer teilweise demontiert; Buran 1.02 befindet sich heute im Kosmodrom von Baikonur, Buran 2.01 in Tuschino bei Moskau. Der Prototyp OK-GLI, der als einziges Modell eigene Triebwerke hat, wurde vom Technik Museum Speyer erworben.
Projekt Buran (engl.)
(Quelle: YouTube)
Buran im Technik Museum Speyer)
(Quelle: YouTube)
Technische Daten Buran
Höhe16,37 mFlügelspannweite16,37 mLänge23,92 mSchub eigenes Triebwerk172 kNStartgewicht79 tMax. Nutzlast30 t in 250 km Höhe 51°TreibstoffKerosin/LOXErster Start15.11.1988(Quelle: www.raumfahrer.net)