Dateien im NetzDas bietet Dotcoms Speicherdienst
Müssen sich Dropbox, RapidShare und andere Cloud-Anbieter warm anziehen wegen der Mega-Plattform von Kim Dotcom? Wir haben den Herausforderer unter die Lupe genommen.
Kim Dotcom hat keine Angst vor Hollywood-Anwälten oder dem FBI: Sein MegaUpload-Nachfolger soll grösser, schneller und vor allem sicherer sein, als die vor einem Jahr stillgelegte Filesharing-Plattform. So heisst es denn auch vielversprechend auf der Mega-Website: «Dieses Portal wird Ihnen helfen, das geheim zu behalten, was geheim bleiben soll.»
Der Anfang verlief aus Betreibersicht vielversprechend. Die Mega-Server ächzen unter dem Ansturm, über eine Million Nutzer sollen bereits einen Account registriert haben. Das Angebot klingt ja auch verlockend: Die kostenlose Mitgliedschaft bietet 50 Gigabyte Speicherplatz. So kann man auf den Mega-Servern Dateien jeglicher Grösse speichern, ob digitale Fotos, Videos, Software – und sie mit anderen teilen.
Zudem werden die Daten noch auf dem Computer des Nutzers verschlüsselt und über eine sichere Verbindung übertragen. Sollte die Polizei die Mega-Server beschlagnahmen, könnte sie die darauf gespeicherten Daten nicht entschlüsseln. Das ginge nur mit dem Nutzer-Passwort.
Überlastete Server
20 Minuten Online hat Mega unter die Lupe genommen. Fazit: Noch bedeutet der neue Cloud-Speicherdienst keine direkte Gefahr für Dropbox und andere bekannte Namen. Das hat mit der eingeschränkten Funktionalität zu tun. Das liegt aber auch an der mangelnden Zuverlässigkeit: Am Sonntag war es schon zu Verzögerungen gekommen, tausende Registrierungswillige mussten sich gedulden. Zudem konnten Dateien nur mit Verzögerung hochgeladen werden. Am Montag wurde die Situation noch schlimmer: Wer die Website aufrufen wollte, bekam vorübergehend nur eine Fehlermeldung zu Gesicht.
Bei den Online-Speicherdiensten ist die Erreichbarkeit ein Killerkriterium. Wer seine verschlüsselten Daten auf fremden Servern speichert, will rund um die Uhr Zugriff haben. Fällt ein Anbieter aus, wirkt sich dies brutal auf den Ruf aus. Dotcom ist also gut beraten, mehr Geld in die Server-Infrastruktur zu investieren. Dies hat er auch schon über sein Twitter-Profil in Aussicht gestellt.
Keine Synchronisierung
Ein weiter Mangel wiegt ebenfalls schwer: Die nahtlose Integration in das Computer-Betriebssystem (Windows, Mac etc.) wird bislang nicht angeboten. Um Dateien hochzuladen und zu verwalten, muss immer der Web-Browser geöffnet sein. Man hat also nicht wie bei Dropbox einen Ordner auf dem Schreibtisch, um Dateien bequem und rasch abzulegen und automatisch in den eigenen Online-Speicher hochzuladen.
Weiter fehlt auch ein Programm, das die gewünschten Dateien automatisch zwischen Computer und Online-Speicher synchronisiert. Auch das nahtlose Zusammenspiel mit Mobilgeräten ist Zukunftsmusik. Entsprechende Apps sind laut Ankündigung in Entwicklung. «Wir arbeiten hart daran, MEGA voll kompatibel mit Smartphones und Tablets zu machen.»
Von daher kann Mega (noch) nicht als brauchbare Alternative zu Dropbox, SkyDrive (Microsoft) oder anderen Cloud-Synchronisierungs-Diensten angesehen werden. Diese bieten zwar weniger Gratis-Speicherplatz an, punkten dafür aber bei der einfachen Synchronisierung zwischen verschiedenen Geräten.
Geld verdienen mit Premium-Abos
Im Vergleich mit spezialisierten File-Hosting-Unternehmen wirkt das Mega-Einsteiger-Angebot (50 Gigabyte gratis) auch nicht mehr so beeindruckend. So bietet etwa Mediafire ebenfalls 50 Gigabyte Speicherplatz kostenlos an, allerdings können nur Dateien bis zu einer Grösse von 200 Megabyte hochgeladen werden. Bei der Schweizer Firma RapidShare wird sogar mit «unlimitiertem Speicherplatz» gelockt. Der Haken bei diesem Angebot: Pro Tag ist der Datenverkehr auf ein Gigabyte beschränkt, wer mehr will, muss bezahlen.
Richtiges Geld verdienen wollen die Mega-Betreiber mit den Premium-Angeboten. Dabei soll es auch keine lästigen Tempolimiten bei der Datenübertragung geben. Genau mit dieser Methode, also dem Drosseln der Geschwindigkeiten, versuchen andere Anbieter das unerwünschte Filesharing einzudämmen.
Für knapp zehn Euro pro Monat kann man bei Mega 500 Gigabyte Speicherplatz mieten. Zwei Terabyte Speicher schlagen mit knapp 20 Euro im Monat zu Buche, vier Terabyte gibts für 30 Euro. Dabei hat Dotcom die Heavy User im Visier, die riesige Datenmengen verschieben wollen. Bezahlt wird nicht direkt auf der Mega-Website, sondern über einen Wiederverkäufer.
Laut den Entwicklern funktioniert die Mega-Plattform mit allen aktuellen Web-Browsern. Um jedoch das volle Potenzial zu entfesseln, werde dringend geraten, Google Chrome zu nutzen. Das bestätigt sich in unserem kurzen Test. Das Hochladen einer mehrere Megabyte grossen Datei geht flott vonstatten, funktioniert aber erst im zwei Versuch. Zunächst hiess es, der Service stehe vorübergehend nicht zur Verfügung.
Passwort nicht vergessen!
Um Dateien über die Mega-Plattform zu tauschen, gibt es zwei Wege. Zum einen kann man Dateien über die URL (Internet-Adresse) sowie den zugehörigen Schlüssel verbreiten. Zum andern kann man eine URL generieren, in der das Passwort bereits enthalten ist. In jedem Fall liesse sich so über die Mega-Plattform auch verschlüsseltes Material verbreiten, das gegen geltendes Recht verstösst.
Was den Schutz der Daten betrifft, gibt es keine absolute Sicherheit. Dies wird von Dotcom aber auch nicht versprochen. Nicht einmal das Login-Passwort werde gespeichert. Dies bedeutet allerdings auch, dass ein vergessenes Passwort zum Supergau führt: Die verschlüsselten Dateien sind für immer weg. Man sollte sich also gut überlegen, was auf den Mega-Servern gespeichert wird - und wo man im Notfall eine Kopie zur Hand hat.
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