Importierte SwissnessDas Chalet ist kein Schweizer Original
Von wegen typisch schweizerisch: Das Chalet, für viele der Inbegriff helvetischen Baustils, ist ein deutscher Importschlager.
Das vermeintlich urschweizerische Chalet stammt nicht aus der Schweiz. Der typisch helvetische Holzbaustil entstand in Deutschland und wurde mit dem Aufkommen des Fremdenverkehrs importiert, wie ein Doktorand der ETH Zürich nachgewiesen hat.
Zwar gab und gibt es in der Schweiz eine ausgeprägte Holzbautradition, aber das Chalet – neben Kühen, Käse und Uhren ein Symbol für Swissness – entstand auf dem Reissbrett ausländischer Architekten.
Zu diesem Schluss kam Daniel Stockhammer in seiner Dissertation an der ETH Zürich, die in der aktuellen Ausgabe des Magazins «Horizonte» (hier als PDF verfügbar) des Schweizerischen Nationalfonds und der Akademien der Wissenschaften vorgestellt wird.
Ausland war schneller
«Entwürfe und Bauten im ‹Schweizerstil› sind Konstruktionen meist ausländischer Architekten, ein in Architektur übersetztes Ideal von Ländlichkeit, Tradition und Handwerk für die europäischen Eliten des 18. und 19. Jahrhunderts», liess sich Stockhammer im Magazin zitieren. Den Schweizerstil gab es im Ausland demnach schon, bevor man in der Schweiz davon wusste.
In die Schweiz kam das Chalet letztlich durch den zunehmenden Tourismus: Chaletfabriken und einheimische Architekten begannen, den Baustil nach Vorlage zu reproduzieren. Diese Vorlagen stammten bemerkenswerterweise wiederum mehrheitlich von ausländischen Urhebern. «Die Auswahl und die Reduktion der Vielfalt an regionalen Holzbautraditionen konnten nur von aussen geschehen», so Stockhammers Erklärung.
Das Bild einer traditionellen Architektur und damit auch die Identitätsbildung der Schweiz sei stärker von aussen, von anderen europäischen Ländern geprägt, als viele es heute wahrhaben wollten, hält der «Horizonte«-Artikel fest. (fee/sda)