Das Grounding des Marcel Ospel
Der ehemalige KV-Stift Marcel Ospel machte die UBS zur erfolgreichsten Bank der Schweiz. In der Öffentlichkeit wird er nach seinem unrühmlichen Abgang jedoch in erster Linie als Abzocker, Swissair-Grounder und 40-Milliarden-Vernichter in Erinnerung bleiben.
Bis zuletzt kämpfte Marcel Ospel um einen ehrenvollen Abgang. Er blieb ihm verwehrt. Nach der neusten Hiobsbotschaft gab es für den Verwaltungsratspräsidenten der UBS keine Alternative zum Rücktritt. Dafür sprechen nicht zuletzt die Reaktionen in der Finanzwelt: Allenthalben herrscht Erleichterung. «Marcel Ospel war kein Garant mehr dafür, dass Kunden und Anleger an eine Wende zum Besseren glaubten», schreibt «NZZ Online».
Spätestens am 30. Januar wurde klar, dass sich die Ära Ospel bei der UBS dem Ende zuneigte. Die Grossbank hatte im Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise über 21 Milliarden Franken in den Sand gesetzt - so viel wie keine andere Bank ausserhalb der USA. Kritik kam mehr und mehr auch vom Finanzplatz selber. «Finger weg von Dingen, die man nicht versteht», meinte der Genfer Privatbankier Nicolas Pictet. «Hochpeinlich», befand der frühere Bankgesellschaft-Manager Ulrich Grete. Ein Fiasko für den ganzen Finanzplatz, sagte der Doyen der Privatbankiers, Hans Vontobel.
Zielstrebig, machtbewusst und ehrgeizig
Als oberster Verantwortlicher für Abschreibungen von nunmehr 40 Milliarden Franken und als Objekt von Hohn, Spott und Schmähungen war der heute 58-jährige Marcel Ospel für den jetzt anlaufenden Neuanfang beim grössten Schweizer Bankenkonzern nicht mehr tragbar. Vergessen sind die Zeiten, als die Konkurrenz mit Neid auf den einstigen KV-Stift blickte, der die Bank an die Weltspitze der Vermögensverwalter geführt hatte.
Als zielstrebig, machtbewusst und ehrgeizig wird der abtretende UBS-Präsident beschrieben. Hinzu kommen Bauernschläue und feine Antennen für Opportunitäten und Gefahren. Den Grundstein zu seiner Karriere legte der aus einfachen Verhältnissen stammende Basler beim Schweizerischen Bankverein, einer der beiden Vorgängerbanken der UBS. Nach einem Abstecher zur US-Investmentbank Merrill Lynch trieb er die Expansion bei der als verschlafen geltenden Basler Grossbank voran.
Ohne akademische Bildung und Militärkarriere wurde Ospel 1996 mit 46 Jahren Konzernchef der damaligen Nummer 3 der Grossbanken. Bei der Fusion mit der grösseren Bankgesellschaft zur UBS erhielt er Ende 1997 den Posten des CEO. Als der neue Finanzriese ein Jahr nach der Gründung wegen des Konkurses des US-Hedge-Funds LTCM eine Milliarde Franken verlor, blieb Ospel im Amt. Gehen musste der Präsident, der Bankgesellschaft-Mann Mathis Cabiallavetta.
Stürmischer Herbst 2001
Mächtig unter Beschuss geriet Ospel im Zusammenhang mit dem Swissair-Grounding im Herbst 2001. Der Volkszorn - «Bin Ospel» hiess es auf Plakaten – entlud sich über der UBS, ihr wurde die Verantwortung für den Absturz des fliegenden Nationalstolzes in die Schuhe geschoben. Marcel Ospel verteidigte sich gegen die Vorwürfe, und in der Tat waren die Gründe für den Niedergang der Swissair weit vielschichtiger. Doch das Image des «Swissair-Grounders» wurde der UBS-Chef nicht mehr los.
Im gleichen Herbst entschied Ospel auch einen internen Machtkampf für sich. Der von ihm erst Monate zuvor zum Konzernchef beförderte Brite Luqman Arnold wurde am 18. Dezember 2001 abgesetzt und durch Peter Wuffli abgelöst. Arnold hatte wegen des eigenmächtigen Vorgehens Ospels bei der Kapitalisierung der Swissair-Nachfolgegesellschaft offenbar den Aufstand gewagt.
Eklat im Verwaltungsrat
Es folgten die goldenen Jahre mit Rekordgewinnen von über zehn Milliarden Franken 2005 und 2006. In diese Zeit muss aber auch der Sündenfall bei der Investmentbank gefallen sein. Die Lage spitzte sich erst im Frühling 2007 zu. Zunächst wurde der hauseigene Hedge-Funds DRCM geschlossen. Noch während die von der UBS gesponserte Alinghi-Yacht vor Valencia den Americas's Cup verteidigte, kam es im Verwaltungsrat zum Eklat. Das Aufsichtsgremium desavouierte Ospel angeblich einstimmig und lehnte es ab, Wuffli zu seinem Nachfolger zu ernennen.
Die Finanzgemeinde rieb sich am Morgen des 6. Juli die Augen: Mitten in der Nacht hatte die UBS das sofortige Ausscheiden Wufflis und die Ernennung Marcel Rohners zum neuen CEO bekannt gegeben. Eine plausible Begründung für diese Nacht-und-Nebel-Aktion hat die Bank bis heute nicht gegeben.
Abzocker-Mentalität
Ins Gerede geriet Marcel Ospel in den letzten Jahren auch durch seine üppige Entlöhnung. Für das Jahr 2006 erhielt er 26,6 Millionen Franken. Neben Novartis-Chef Daniel Vasella wurde Ospel damit zum Paradebeispiel für die Abzocker-Mentalität in den Chefetagen. Marcel Ospel ist in dritter Ehe mit der 25 Jahre jüngeren Adriana Bodmer verheiratet. Mit ihr erschien er in letzter Zeit auch ab und zu in den Klatschspalten.