NotfallplanDas kann die Schweiz tun, wenn die USA und China in den Krieg ziehen
Die Beziehungen zwischen den USA und China haben sich massiv verschlechtert. Was bedeutet das für die Schweiz? Die wichtigsten Fragen und Antworten – und drei Szenarien.
Darum gehts
Der Ukraine-Krieg und das Coronavirus haben in den letzten Monaten die Schlagzeilen dominiert. Fast in Vergessenheit geraten ist dabei ein anderes Thema: Die wirtschaftliche Erstarkung Chinas und sein Verhältnis mit den USA.
Auch die Schweiz pflegt enge Kontakte zum Reich der Mitte. Macht sie sich so abhängig? Und was könnte sie tun, wenn der Konflikt zwischen den USA und China eskalierte? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie stark ist Chinas Wirtschaft?
So stark wie noch nie. Das zeigt das Bruttoinlandprodukt (BIP), das den Wert aller Dienstleistungen und Waren ausweist, die ein Land herstellt. China konnte sein BIP in den letzten 70 Jahren verzwanzigfachen. Berücksichtigt man die Kaufkraft, liegt China im Ranking seit Jahren auf Platz eins.

China ist nach der EU und den USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz.
Screenshot Avenir Suisse, Navigieren in unruhigen Gewässern, avenir-suisse.ch, 31. Mai 2022.Warum brechen dann Chinas Exporte ein?
180 Millionen Arbeitsstellen in China sind vom Export abhängig. Doch dieser ist laut Li Kuiwen, Statistik-Direktor des chinesischen Zolls, gerade kompliziert: Die Null-Covid-Politik würgt das Wachstum im Land ab.
Ist der Westen von China abhängig?
Ja, China ist aber auch vom Westen abhängig. «Die gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den USA und China ist um ein Vielfaches höher als dies jemals zwischen der Sowjetunion und dem Westen der Fall war», schreibt die Denkfabrik Avenir Suisse.

Nur rund ein Prozent des ausländischen Kapitals in der Schweiz ist aus China. Trotzdem sind rund 132’000 Arbeitsplätze in der Schweiz vom Export von Waren und Dienstleistungen nach China abhängig.
Screenshot Avenir Suisse, Navigieren in unruhigen Gewässern, avenir-suisse.ch, 31. Mai 2022.Wie steht die Schweiz zu China?
Die Schweiz pflegt mit China diplomatische Beziehungen, seit 2014 gibt es auch ein Freihandelsabkommen (siehe Box). Laut Avenir Suisse steckt die Schweiz aber wie alle westlichen Demokratien in einer Zwickmühle: Sie will Zugang zum Markt, ohne ihre Neutralität, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte aufzugeben.
So handelt die Schweiz mit China
Muss die Schweiz ihre China-Strategie ändern?
Kommt drauf an, was passiert. Für Avenir Suisse gibt es drei Szenarien, wie sich die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und China in Zukunft entwickeln könnten:
Szenario 1: Pragmatismus statt Sanktionen
Falls China, die USA und die EU kaum Druck auf die Schweiz ausüben, empfiehlt Avenir Suisse, dass die Schweiz ihre Partner «diplomatisch bei Laune hält» und diese Strategie der Bevölkerung auch erklärt. Öffentliche Kritik oder Sanktionen seien in diesem Fall unerwünscht, so Avenir Suisse.Szenario 2: Autonomer Nachvollzug und Fokus auf EU
Steigt der Druck, soll die Schweiz auf autonomen Nachvollzug setzen und sich an EU-Beschlüssen anlehnen. China wäre dann sowohl Partner als auch Wettbewerber und Rivale. Die Grundlagen für diese Strategie seien eine geregelte Beziehung zur EU und gesicherte bilaterale Verträge.Szenario 3: Hoher Druck und Schulterschluss mit USA
Sollten sich die USA und China mit Handelsembargos oder gar militärisch bekämpfen, sei von einer einheitlichen Haltung des Westens unter Führung der USA auszugehen. Die Schweiz solle sich in diesem Fall diesem Block anschliessen, weil sie ähnliche Grundwerte wie die USA teilt.
Welche Option ist die beste?
Laut Avenir Suisse soll die Schweiz möglichst lange auf Option 1 setzen. Steige der Druck, lohne sich die zweite Strategie. Und bei einer Eskalation sei Szenario 3 angebracht. Wichtig sei vor allem, dass die Schweiz flexibel bleibe: «Die Schweizer Politik muss agil sein, um […] rasch entscheiden zu können», fordert Avenir Suisse.