Suisse Secrets«Das Leak bei der Credit Suisse ist ein Angriff auf den Schweizer Finanzplatz»
Die Grossbank hat Diktatoren und Kriminellen Konten gewährt, wie eine Recherche zeigt. Das schadet dem Finanzplatz Schweiz und könnte die CS einige Kunden kosten. 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Debakel.
Darum gehts
Ein riesiges Datenleck bei der Credit Suisse sorgt weltweit für Schlagzeilen: Jahrzehntelang soll die CS Diktatoren und Kriminelle als Kunden akzeptiert haben, wie der Bericht «Suisse Secrets» zeigt. Was ist passiert und wie geht es mit der Grossbank weiter? 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den CS-Skandal.
Was ist passiert?
Eine anonyme Quelle hat der «Süddeutschen Zeitung» geheime Daten zu mehr als 18’000 Konten von über 30’000 Kunden der Credit Suisse übergeben. Die untersuchten Konten wurden über Jahrzehnte eröffnet – die Recherche reicht bis ins Jahr 1940 zurück. Zwei Drittel der Konten seien aber erst nach dem Jahr 2000 eröffnet worden.
Was zeigen die Daten?
Die Grossbank hat laut Recherche autoritären Staatsführern und Kriminellen Konten gewährt. Darunter der amtierende jordanische König Abdullah II, der 2021 verstorbene algerische Autokrat Abdelaziz Bouteflika oder der armenische Ex-Präsident Armen Sarkissian. Die Männer sollen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begangen haben.
Was sagt die CS?
Laut Credit Suisse handelt es sich bei den Veröffentlichungen um «historische Angelegenheiten». 90 Prozent der 30’000 betroffenen Konten seien bereits geschlossen worden, heisst es weiter. Die Bank nehme die Anschuldigungen aber sehr ernst und werde die Untersuchungen mit einer internen Task Force unter Einbeziehung spezialisierter externer Experten fortsetzen.
Was bedeutet die Enthüllung für die Grossbank?
Die CS taumelt schon seit Jahren von Skandal zu Skandal. Das Image der Bank sei stark beschädigt, sagt Andreas Dietrich, Bankprofessor der Hochschule Luzern. Dabei schaden nicht nur die problematischen Kundenbeziehungen der Credit Suisse: «Die Tatsache, dass 18’000 Kontodaten an die Öffentlichkeit gelangt sind, ist beängstigend», so Dietrich. Die Enthüllung zeige ein gewisses Versagen vonseiten der Grossbank.
Das sind die CS-Skandale:
Wie geht es weiter?
Zuerst müsse geklärt werden, ob sich die Credit Suisse tatsächlich widerrechtlich verhalten habe. «Abhängig von den möglichen Verfehlungen könnte die Enthüllung in einer weiteren Busse für die Grossbank enden», so Dietrich von der Hochschule Luzern. Wichtiger sei aber vor allem, ob die Folgen von diversen negativen Schlagzeilen zu Kundenabgängen führen. Und auch für die vielen Mitarbeitenden der Bank seien solche Vorkommnisse frustrierend.
Was bedeutet das Leak für den Finanzplatz Schweiz?
«Das Datenleck bei der Credit Suisse sieht aus meiner Sicht nach einem gezielten Angriff auf den Schweizer Finanzplatz und das Bankgeheimnis aus», sagt Dietrich. Schweizer Banken könnten unter Generalverdacht geraten, dass sie schmutzige Geschäfte machen. «Dabei haben es Schweizer Banken nicht nötig, Gelder, die aus kriminellen Geschäften stammen, anzunehmen», so Dietrich. Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich, ist aber überzeugt, dass die CS keine Ausnahme ist: Auch andere Grossbanken arbeiten mit problematischen Kunden. Um das zu verhindern, brauche es in Zukunft politische Auflagen für die Banken.
Bricht die Credit Suisse jetzt auseinander?
Die Lage sei riskant, sagt Marc Chesney. Für ihn steht fest: Die Grossbank muss kleiner werden, sich aus dem Investmentgeschäft zurückziehen und Geschäfte mit dubiosen Kunden vermeiden. «Auch braucht es ein neues Management, das seine Aufgabe und seine Verantwortung gegenüber Angestellten und Steuerzahler ernst nimmt und Taten statt Worte sprechen lässt.» Allerdings müsse die Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma jetzt aktiv werden und die CS wirklich untersuchen. «Man darf nicht vergessen, dass eine Banklizenz wirksames Risikomanagement bedeutet. Es könnte leider sein, dass die Credit Suisse noch weitere Leichen im Keller hat», so Chesney.
Wer profitiert vom Skandal?
Über die Enthüllung können sich laut Dietrich von der Hochschule Luzern andere Schweizer Banken nicht freuen. Schliesslich können diese dem ganzen Finanzplatz Schweiz schaden. «Natürlich könnte es sein, dass einzelne CS-Kunden zur Schweizer Konkurrenz wechseln. Entscheidend sei aber schlussendlich, wie vor allem auch wohlhabende internationale Kunden auf solche Vorkommnisse reagieren», so Dietrich.