Das sind die hässlichsten Schweizer Wappen

Publiziert

RatingDas sind die hässlichsten Schweizer Wappen

Wenn Gemeinden sich zusammenschliessen, kreieren sie ein neues Wappen. Das gelingt nicht immer wunschgemäss.

R. Neumann
von
R. Neumann
Heraldiker Hans Rüegg: «Hier wurde offensichtlich versucht, ein Logo auf einen Schild zu adaptieren, um es als Wappen auszugeben.»
«Was hier die Gemeinde gewählt hat, ist niemals ein Wappen! Es hat zwar die Form eines Wappenschildes, ist aber nichts anderes als ein Logo ohne jeden Bezug zur Heraldik.»
«Einmal mehr ist im Tessin ein neues Gemeindewappen geschaffen worden, das jeden Heraldiker in Entsetzen versetzt.»
1 / 10

Heraldiker Hans Rüegg: «Hier wurde offensichtlich versucht, ein Logo auf einen Schild zu adaptieren, um es als Wappen auszugeben.»

stiftungswf.ch

Gemeindefusionen gab es in den letzten Jahren einige: Höfen, Nieder- und Oberstocken wurden zum Beispiel zur Gemeinde Stocken-Höfen. Oder die Gemeinden La Heutte und Péry schlossen sich zu Péry-La Heutte zusammen. Das gab Arbeit für die Grafiker: Ein neues Wappen musste her – eines, auf dem möglichst alle Bezüge zu den alten Gemeinden zu sehen sind.

Doch nicht alle Gemeinden sind sich bewusst, dass es für Wappen eigentlich strenge Regeln gibt. Mit diesen Regeln befasst sich Heraldiker Hans Rüegg (70) seit 40 Jahren. Er ist entsetzt, wenn er zusehen muss, wie einige Gemeinden ihre Wappen verhunzen. «Da gibt es teilweise Schülerwettbewerbe, damit die ein Wappen zeichnen und dann wird darüber abgestimmt!» Jedem Heraldiker laufe es da kalt den Rücken runter.

Strenges Bewertungssystem

Für die Stiftung «Schweizer Wappen und Fahnen» hat er alle Wappen von neu fusionierten Gemeinden unter die Lupe genommen und bewertet. Dabei ging Rüegg nach einem strengen Bewertungssystem vor: Punkte gab es etwa, wenn nur zwei Farben verwendet wurden oder ein neues Motiv geschaffen wurde. Abzüge hingegen, wenn heraldische Farbregeln verletzt wurden oder er wenn er andere gestalterische Mängel bemerkte. Die Resultate veröffentlicht er laufend auf der Homepage der Stiftung und gab zusätzlich noch ein Buch heraus. Die erste Ausgabe der Fusionen umfasst die neuen Wappen der Kantone Aargau, Bern, Freiburg und Glarus. Die weiteren Kantone folgen in späteren Ausgaben.

16,2 Prozent der Wappen, 27 Stück, erreichten die Bewertung «Sehr gut», doch 13 Wappen erhielten das Prädikat «miserabel». Zum Beispiel Serravalle TI oder Monte Ceneri TI. Rüegg schreibt zu diesem Wappen fast verzweifelt: «Es lässt sich in der Fachsprache mit den üblichen Begriffen kaum beschreiben. Es ist sehr bedauerlich, dass in den letzten Jahren mehrere schlechte Wappen geschaffen wurden.»

Tessiner oft mit negativen Beispielen

Ein Kriterium für ein gelungenes Wappen ist die Möglichkeit der sogenannten Blasonierung, also die Beschreibung des Wappens in wenigen Worten – damit Heraldiker das Wappen zeichnen könnten, ohne es zu sehen. Ein gutes Beispiel der Gemeinde Sauges: «In Rot gelber Schrägbalken, belegt mit drei grünen Salbeiblättern.» Bei einigen Wappen musste Rüegg in dieser Hinsicht die Segel streichen – eine Blasonierung war schlicht nicht möglich.

Auffallend: Mehrere dieser Wappen mit schlechter Bewertung stammen aus dem Kanton Tessin. Oder wie es Rüegg in seinem Kommentar zum Wappen schreibt: «Einmal mehr ist im Tessin ein neues Gemeindewappen geschaffen worden, welches jeden Heraldiker in Entsetzen versetzt.» Doch davon lässt sich Rüegg nicht entmutigen: Er bleibt Heraldiker aus Leidenschaft. Und sagt lachend: «So lange es noch geht.»

Eines der misslungenen Wappen ist bei Stocken-Höfen zu finden. Gemeindepräsident Samuel Eicher erklärt, wie es dazu kam:

Herr Eicher, wer hat ihr Wappen kreiert?

Samuel Eicher: Das war ein Gemeinderat von uns, der das Wappen aus den beiden alten Vorlagen am Computer zusammengefügt hat.

War da nicht klar, dass da etwas schiefgehen würde?

Darum haben wir es extra dem heraldischen Dienst des Kantons zur Prüfung vorgelegt. Die bemängelten tatsächlich die Farbwahl, worauf wir das Wappen abänderten. Danach hörten wir nichts mehr.

Dann haben die beim Kanton geschlampt?

Wir fühlten uns ein bisschen verschaukelt, als vier Tage vor der Abstimmung plötzlich das Wappen erneut bemängelt wurde. Darum haben wir beschlossen, die Einwände zu ignorieren und halt mit einem hässlichen Wappen zu leben.

Warum existieren diese Regeln?

Sehr gute Wappen, erklärt Hans Rüegg, sind von weitem eindeutig zu erkennen. Das hatte im Mittelalter überlebenswichtige Gründe. Ritter bemalten im Kampf ihre Schilder mit ihren Farben – ihren Wappen – damit eine Verwechslung auf dem Schlachtfeld vermieden werden konnte und nicht ein befreundeter Ritter den Todesstoss erhielt. «Heute dient es als Hoheitszeichen einer Gemeinde, etwa im Briefkopf oder im Stempel, und auch der Identifikation», sagt Rüegg. Auf unzähligen Autos werde zum Beispiel heute noch das Kantonswappen aufgeklebt.

Deine Meinung zählt