«Das Ü-Ei ist exemplarisch für die Ungleichheit der Geschlechter»

Aktualisiert

Kritik an Migros-Preisen«Das Ü-Ei ist exemplarisch für die Ungleichheit der Geschlechter»

Migros verkauft ein pinkes Überraschungsei «Girl» teurer als eine grüne Version. Auf Instagram wird der Preisunterschied als «Pink Taxing» scharf kritisiert. Die Migros weist die Diskriminierungsvorwürfe zurück.

Das grüne Samichlaus-Ei kostet 20 Rappen weniger.
Expertin für Geschlechterwissenschaften Dominique Grisard sagt bei den Überraschungseier handelt es sich um ein Beispiel von Pink Taxing.
S.B. (28) und N.S. (26) thematisieren auf Instagram @love.me.gender sexistische Stereotypen und Gender-Pricing.
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Das grüne Samichlaus-Ei kostet 20 Rappen weniger.

instagram: @love.me.gender

Darum gehts

  • Migros verkauft unterschiedliche Überraschungseier. Eines davon ist pink und kostet 20 Rappen mehr als das grüne Ei.

  • Der Instagram-Account «love.me.gender» kritisiert die unterschiedlichen Preise. Das sei ein Fall von Pink Taxing.

  • Die Migros wehrt sich gegen den Vorwurf: Der Preisunterschied sei durch volkswirtschaftliche Ansätze zu erklären.

Die Migros gerät für ihre weihnachtlichen Überraschungseier in Kritik. Das eine Ei ist grün, abgebildet darauf ist ein bärtiger Weihnachtsmann. Die pinke Version davon heisst «Girl»: Eine blonde Fee ziert die rosarote Verpackung – und kostet 20 Rappen mehr.

S.B.* (28) und N.S.*(26) empörten sich ab der Preisdifferenz und posteten auf ihrem Account «love.me.gender.» ein Bild der Ü-Eier. «Frauen verdienen weniger und sollen aber für dieselben Produkte mehr zahlen. Und dann muss frau sich im Alltag rechtfertigen, inwiefern sie in unserer Gesellschaft noch diskriminiert wird. Das ist doch absurd.»

Und nicht nur sie nervten sich: «WTF», kommentierte generationf_. «Wir sind immer wieder schockiert. Dieses Überraschungsei ist exemplarisch für die Ungleichheit der Geschlechter im kommerziellen Bereich», sagen deren Betreiberinnen, Hera (27), Delia (27) und Alexandra (28), zu 20 Minuten.

Spielzeug für Mädchen ist 7 Prozent teurer

«Es handelt sich um ein Beispiel von Pink Taxing», so auch Dominique Grisard, Historikerin und Expertin für Geschlechterwissenschaften der Universität Basel. Dies sei der Fall, wenn Produkte mit Zielgruppe Mädchen und Frauen teurer verkauft werden als gleiche Produkte, die für alle vermarktet werden. Preisunterschiede fänden sich beispielsweise bei Kugelschreibern, Einwegrasierern oder dem Haarschnitt.

Dieses Gender Pricing beginne beim Kinderspielzeug, wo vermeintliches Mädchenspielzeug im Schnitt 7 Prozent teurer ist als Spielzeug für Buben: «Jungen und ihre Interessen gelten als das Allgemeine und ‹Normale›, Mädchen als das Andere, das Besondere», sagt Grisard. «Wer etwas Besonderes will, muss einen Aufpreis in Kauf nehmen.» Dies entspreche einer Abwertung so genannt weiblicher Aktivitäten und Interessen.

Migros weist die Diskriminierungsvorwürfe zurück

Die Migros wehrt sich gegen die Kritik: «Der Preisunterschied ist rein auf volkswirtschaftliche Ansätze zurückzuführen», so Marcel Schlatter, Mediensprecher der Migros. Das grüne Überraschungsei mit dem Weihnachtsmann sei nicht nur auf Buben ausgerichtet. Denn: Das Kinder-Überraschungsei «Girl» sei ein Zusatzartikel. Entsprechend sei die Einkaufsmenge kleiner und der Preis leicht höher.

«Man kann Probleme kreieren, wo es keine gibt», sagt Babette Sigg, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums, zur Kritik am Preisunterschied. «Wir sprechen uns klar gegen diese Tendenz aus, die in allem eine Verletzung von moralischen Werten sieht.»

*Name der Redaktion bekannt

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