BundeshausDas Zertifikat wird für alle Pflicht – ausser für Parlamentarier
Während der Bundesrat der Schweiz das Zertifikat verordnet, gelten für Politikerinnen und Politiker andere Regeln. Für GLP-Nationalrat Martin Bäumle ist das «formaljuristische Schwurbelei». Die SP verordnet sich die Zertifikatspflicht selbst.
Darum gehts
Kino, Konzert, Restaurant: Wer kein Zertifikat hat, kommt künftig nicht rein.
Ausgenommen von der 3G-Regel bleiben Parlamentarier.
Sie können an der kommenden Herbstsession ohne Zertifikat teilnehmen.
Doch die zuständige Delegation könnte die Ausnahme bereits nächste Woche kippen.
Ab Montag ist das Covid-Zertifikat Voraussetzung für die Teilnahme an weiten Teilen des öffentlichen Lebens. So hatte es der Bundesrat wegen der epidemiologischen Lage beschlossen.
Der weitreichende Entscheid droht, die Gesellschaft weiter zu spalten. Und die Ausnahmen, die die Regierung für National- und Ständeräte erlassen hat, dürften weiter zu reden geben.
Ausnahme für Parlamentarier
Denn der Parlamentsbetrieb ist von der Zertifikatspflicht ausgenommen. An der kommenden Herbstsession müssen Politikerinnen und Politiker lediglich weiter Masken tragen. Zudem bleiben die Plexiglasscheiben in den Ratssälen bestehen. «Für eine Covid-Zertifikatspflicht fehlt aktuell eine rechtliche Grundlage», schrieb die Verwaltungsdelegation des Parlaments am 2. September.
Eine Ausnahme bildet die SP-Fraktion, die sich laut «Blick» freiwillig eine Zertifikatspflicht auferlegt hat. Für alle anderen gilt der Beschluss des Bundesrats: «Ganz ausgenommen (von der Zertifikatspflicht) bleiben Treffen von Parlamenten und Gemeindeversammlungen.»
Bäumle kritisiert das Vorgehen
«Völlig unverständlich», findet GLP-Nationalrat Martin Bäumle den Sonderzug für Parlamentarier. «Das können wir Parlamentarier niemandem erklären, der jetzt für den Kafi in der Beiz ein Zertifikat vorweisen muss.» Sich hinter fehlenden gesetzlichen Grundlagen zu verstecken, ist für Bäumle «formaljuristische Schwurbelei». Das Parlament müsse seine Vorbildfunktion wahrnehmen. Er erwartet deshalb, dass die Verwaltungsdelegation nun nach dem Entscheid des Bundesrats prüft, ob das Parlament nicht auch freiwillig die Zertifikatspflicht einführen kann.
Eine Zertifikatspflicht im Bundeshaus heisse aber nicht, dass Politikerinnen und Politiker dann ganz auf Masken verzichten könnten, sagt Bäumle zu 20 Minuten. «Im Saal schützt das Plexiglas gut, dort bräuchte es dann die Masken am Sitzplatz nicht mehr. Aber in der Wandelhalle, gerade in Gesprächen, schadet eine Maske auch mit Zertifikat nicht.»
Politik sei nicht mit Restaurantbesuch vergleichbar
In einer Medienmitteilung der Parlamentsdienste heisst es, dass nur in den Gastronomiebetrieben, also etwa im Restaurant Galerie des Alpes, eine Zertifikatspflicht angewendet wird. «Bei den Sitzungen und Sessionen des Parlaments handelt es sich nicht um Veranstaltungen. Die Teilnahme an der Session ist nicht mit einem Konzert- oder Restaurantbesuch vergleichbar, der freiwillig erfolgt», argumentieren die Verwaltungsdelegationen der beiden Räte. Zudem seien Parlamentarier verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen.
«Vorschriften, die zu einer Einschränkung dieser Rechte und Pflichten führen, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und müssen verhältnismässig sein», heisst es weiter. Denn mit der Einschränkung der Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder werde indirekt auch das aktive Wahlrecht der Wählerinnen und Wähler eingeschränkt.
«Ohne Rechtsgrundlage wäre ein Eingriff in die Rechte und Pflichten der Ratsmitglieder mittels Zertifikatspflicht unzulässig», lässt sich Ständeratspräsident Alex Kuprecht (SVP) in der Mitteilung zitieren.
Delegation entscheidet nächste Woche
Wie lange das Bundeshaus für Politikerinnen und Politiker ohne Zertifikat zugänglich bleibt, ist offen. Am Dienstag oder Mittwoch trifft sich die Verwaltungsdelegation des Parlaments zu einer Sitzung, um den Entscheid des Bundesrats und dessen Auswirkungen auf den Parlamentsbetrieb nochmals zu diskutieren. Die Session der Eidgenössischen Räte beginnt am Montag.
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