Nati-Supertalent Riola Xhemaili (18)«Der Frauenfussball ist ehrlicher – bei uns gehts wirklich um den Sport»
Riola Xhemaili hat in ihren jungen Jahren viel erreicht. Sie spielt in einer der weltbesten Ligen, ist ein wichtiger Bestandteil der Nati. Mit uns spricht sie vor dem kapitalen Italien-Match über die Hymne, Glamour und Männerfussball.
Wir haben Riola Xhemaili gefragt, ob sie einen Tipp für junge Fussballerinnen hat. Den hat sie! (Am Schluss des Videos)
20 MinutenDarum gehts
Riola Xhemaili, Sie werden als das Supertalent im Schweizer Frauenfussball betitelt. Ist das ein grosser Druck?
Am Anfang sicherlich. Da dachte ich schon, dass ich jetzt abliefern muss. Dass ich jetzt Tore schiessen muss. Mittlerweile denke ich mir: Ich muss gar nix. Ich spiele Fussball, weil es mir Spass macht.
Im Sommer wechselten Sie von den Frauen des FC Basel zum SC Freiburg. Wie haben Sie sich eingelebt?
Sehr gut, wirklich! Am Anfang war es schwierig, weil es ja ein Landeswechsel ist. Auch wenn Freiburg eigentlich nur eine Stunde von Basel entfernt ist (lacht). Trotzdem ist es eben ein anderes Land, eine andere Kultur. Doch ich lerne Freiburg und Deutschland immer besser kennen. Ich lebe in einer Spielerinnen-WG nicht weit vom Trainingscenter entfernt.
Die Stadt haben Sie schon lieben gelernt? Freiburg hat ja eine schöne Altstadt.
Natürlich. Ich bin sowieso eine Person, die neugierig ist und Sachen entdecken will. Ich möchte mich an den Orten, an denen ich lebe, auskennen. Will doch wissen, was so abgeht.
Vermissen Sie die Schweiz?
Extrem! Aber ich bin sowieso oft in der Schweiz. Wenn ich einen freien Tag habe und ich meine Familie sehen will oder Kolleginnen und Kollegen, dann fahre ich einfach nach Basel.
Wie viel stärker ist die Frauen-Bundesliga als die Women’s Super League?
Die Liga ist eine der stärksten Ligen der Welt - zusammen mit der in England und Spanien. Von der Schweiz in die Bundesliga zu gehen, ist ein richtig grosser Schritt. Mental, taktisch, aber auch körperlich.
Was sind denn die grössten Unterschiede zur Super League?
Taktik ganz klar und die Physis. Eigentlich muss hier auch keine Fussballerin nebenbei noch arbeiten. Ganz im Gegensatz zu den Frauen in der Super League. Das ist in der Schweiz sicherlich noch ein grosses Problem. Hier kann ich mich vollständig auf den Fussball konzentrieren.
Also auch für Sie eine weitere Umstellung?
Ja, eine Riesen-Umstellung! Ich war in den letzten drei Jahren in einer Lehre. Am Anfang war ich hier ein bisschen überfordert. Ich wusste nicht, was ich mit der freien Zeit anfangen soll. Ich trainiere ja nur und habe Spiele. Dachte immer: Ich muss etwas machen! Aber jetzt geniesse ich das und gehe Hobbys nach. Bin oft in der Stadt oder male mit Teamkolleginnen.
Freiburg liegt derzeit auf Rang 7. Was ist in der Saison möglich?
Hoffe, dass wir die restlichen Partien alle gewinnen. Der Start war schwierig, da hatten wir einige schwere Gegnerinnen. Wir wissen, dass wir verdammt stark sind und fussballerisch sehr, sehr gut. Wir müssen das nur noch regelmässig auf dem Platz zeigen.
Frauenfussball kommt in den Medien viel weniger oft vor. Bei den Männern wird über alles geschrieben. Welches Auto sie fahren, welche Kleidung sie tragen. Vermissen Sie diesen Glamour?
Nein, ist vielleicht sogar gut so. Fussballerinnen müssen nicht die grössten Autos fahren, die teuersten Klamotten tragen. Die Männer sind da halt anders. Dafür herrscht bei ihnen sicherlich auch viel mehr Druck. Wir sind zufrieden mit dem, was wir haben und versuchen einfach, den Frauenfussball immer besser zu machen.
Ist der Frauenfussball ehrlicher?
Das würde ich sicherlich sagen. Bei uns geht es wirklich um den Sport. Nicht um Glamour, Geld oder grosse Ablösesummen. Wir konzentrieren uns auf den Fussball. Der Frauenfussball ist ehrlicher, ja.
«Fussballerinnen müssen nicht grosse Autos fahren oder die teuersten Klamotten tragen – Männer sind da anders.»
Kürzlich hat sich der erste schwule Profifussballer geoutet. Homosexualität ist im Männerfussball noch immer ein Tabuthema. Ganz anders bei den Frauen – auch Mitspielerinnen von Ihnen stehen ganz offen zu ihrer Sexualität. Der Frauenfussball ist da viel weiter. Warum?
Das kann ich nicht wirklich sagen. Bei uns wird man so akzeptiert, wie man ist. Dass sich bei den Männern erst ein aktiver Profi als schwul geoutet hat, finde ich sehr krass. Das finde ich auch traurig! Hoffentlich ändert sich da der Männerfussball noch. Wieso sich aber erst ein Fussballer geoutet hat? Das weiss ich nicht.
Seitens der Fans gibt es keine dummen Kommentare auf dem Spielfeld?
Dumme Sprüche gibt es immer. Leute, die sagen: Im Frauenfussball ist das ja klar. Oder: Typisch Frauenfussball. Aber vielleicht gibt es bei den Männern ja auch Homosexuelle, es outet sich nur niemand. In der Kabine ist es bei uns jedenfalls überhaupt kein Thema.
Auf Social Media sind Sie sehr aktiv. Auf Instagram haben Sie über 30’000 Followerinnen und Follower. Was sind Ihre Ziele?
Ich will sicherlich noch grösser werden auf Social Media. Das erreicht auch viele Fans, kann Aufsehen erregen. Dadurch kann ich den Frauenfussball bekannter machen. Aber mir ist es wichtig, dass ich in erster Linie als Fussballerin wahrgenommen werde und die Leute mich nicht als Influencerin oder was auch immer abstempeln.
Holen Sie sich Tipps von Nati-Kollegin und Insta-Queen Alisha Lehmann?
Alisha ist eine sehr, sehr gute Kollegin von mir. Ich verstehe mich mega gut mit ihr. Natürlich hole ich mir von ihr Tipps oder mache Videos mit ihr. Uns beiden macht das einfach mega Spass.
Apropos Nationalteam. Nach den Nati-Spielen sind Sie eine beliebte Selfie-Lieferantin bei den Fans. Wie ist es, ein Vorbild für viele Schweizer Mädchen zu sein?
Es macht mir Freude. Nicht jeder nimmt den Frauenfussball so ernst, wie er es verdient und wie es sein sollte. Aber es kommt langsam. Und das merkt man auch bei den jungen Fans, die ein Foto mit einem machen wollen. Ich will den Kleinen was zurückgeben, zeigen, wie toll der Frauenfussball ist. Ich nehme die Rolle als Vorbild ernst.
Im Frühling sagten Sie im Interview mit uns, dass Sie gerne die CH-Hymne singen. Warum?
Die Schweiz ist ein grossartiges Land. Ich bin dort geboren, habe mein ganzes Leben in der Schweiz verbracht. Auch wenn meine Eltern kosovarische Wurzeln haben, bin ich eine stolze Schweizerin!
Gibt es in der Frauen-Nati eine Regel betreffend dem Singen der Nationalhymne?
Das weiss ich gar nicht. Aber bei uns ist es selbstverständlich, dass jede die Hymne singt.
Am Freitag spielen Sie mit der Schweizer Nati in der WM-Quali gegen Italien (17.30 Uhr, live bei uns im Ticker). Wie stark sind die Italienerinnen?
Italien hat ein sehr gutes Team. Ich sage aber, dass die Italienerinnen nicht viel besser sind als wir. Momentan sind wir Gruppenerste, haben ein starkes Team. Wir müssen einfach unsere Chancen nutzen und dann packen wir das.
Was macht denn die Schweizer Nati so gut?
Unser Teamspirit ist phänomenal. Jede Spielerin hat zudem super Qualitäten. Hinzu kommt, dass wir uns auf unsere Führungsspielerinnen in der Nati stets verlassen können. Sie liefern ab und das hilft uns enorm. Ich reise immer mega gerne zur Nati. Freue mich immer extrem, alle wiederzusehen!