Der grosse Bio-Irrtum

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Öko-AnbauDer grosse Bio-Irrtum

Der Absatz von Biogemüse boomt. Eine neue Studie zeigt aber: Biogemüse ist nicht gesünder als herkömmliches Gewächs.

Elisabeth Rizzi
von
Elisabeth Rizzi
Von wegen doppelt so gesund: Biokarotten enthalten nicht mehr Flavonoide und Phenolsäuren als herkömmliche Möhren.

Von wegen doppelt so gesund: Biokarotten enthalten nicht mehr Flavonoide und Phenolsäuren als herkömmliche Möhren.

Die Schweizer sind beim Kauf von Bio- und Fairtradegütern Weltmeister. Für 1,7 Milliarden Franken pro Jahr kaufen sie nachhaltige Produkte. Lebensmittel machen dabei den Hauptharst aus. Schliesslich sind die Eidgenossen auch gesundheitsbewusst: 28 Prozent der Bevölkerung nennen «gesund» explizit als wichtigstes Kriterium bei Nahrungsmitteln. Und gerade Biogemüse soll ja gesund sein.

In der Tat schreibt die Wissenschaft Biogemüse verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen zu. Biokartoffeln sollen beispielsweise fast doppelt so viele Flavonoide enthalten wie herkömmliche. Flavonoide senken das Risiko von Herz-Kreislaufkrankheiten. Biozwiebeln wiederum sollen eine 20 bis 50 Prozent gesteigerte antioxidative Wirkung zeigen. Antioxidantien sind für die Infektabwehr wichtig.

Nicht mehr Biowirkstoffe

Dänische Wissenschaftler wollten nun genau wissen, wie gesund Bio-Gemüse wirklich ist. Sie pflanzten dazu in den letzten zwei Jahren Zwiebeln, Karotten und Kartoffeln auf jeweils nebeneinander liegenden Feldern. So waren Temperatur, Niederschläge und Bodenqualität für alle Pflanzen gleich. Die herkömmlichen Gemüse wurden mit Pestiziden und Dünger gepäppelt. Die Pflanzen auf dem anderen Feld wurden nach den Richtlinien der Ökolandwirtschaft behandelt.

Jetzt haben die Forscher der Universität Kopenhagen ihre Bombe platzen lassen: Die Bio-Produkte enthalten nicht mehr Flavonoide und Phenolsäuren als die herkömmlichen Gewächse. Besonders betrüblich für Biofans: Auch für andere Feldfrüchte und Inhaltsstoffe vermuten die Wissenschaftler ein vergleichbares Ergebnis.

Immerhin streichen die Studienautoren heraus, dass es dennoch sinnvoll ist, Bioprodukte zu kaufen. Allen voran nennen sie verbesserte Lebensbedingungen für Wildtiere, den Umweltschutz und einen besseren Geschmack. Darüber hinaus erwarten sie trotz ihrer Forschungsergebnisse gesundheitsfördernde Wirkungen von Bio-Gewächsen. Zumindest fällt hier definitiv die gesundheitsbelastende Wirkung von Pestiziden weg.

Migros: 2500 Tonnen Biokarotten

Trotz der Studie dürfte in der Schweiz die Nachfrage nach Biogemüse weiter zunehmen: Bei Coop ist bereits ein Fünftel des verkauften Gemüses Bio Suisse zertifiziert. Migros verkauft ebenfalls immerhin bereits acht Prozent seines Gemüses mit einem Biolabel. Das mit Abstand meistabgesetzte Biogemüse sind Karotten. Migros allein setzt 2500 Tonnen Biomöhren pro Jahr ab. Bei Coop machen die ökologischen Karotten bereits 30 Prozent des Karottenumsatzes aus.

Dies, obwohl die Bioprodukte teils mehr als doppelt so teuer sind wie konventionelles Gemüse. Ein Beispiel: Normale Zwiebeln kosten bei den Grossverteilern aktuell pro Kilo zwischen 1.95 und 2.20 Franken. Für Biozwiebeln müssen Konsumenten dagegen zwischen 4.40 und 5.20 Fr. zahlen.

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