Hassaka, Syrien – Der IS kam mit 200 Kämpfern – Gefechte um Gefängnis dauern an

Publiziert

Hassaka, SyrienDer IS kam mit 200 Kämpfern – Gefechte um Gefängnis dauern an

Der IS wollte mit 200 Kämpfern hohe IS-Kommandanten und ausländische IS-Kämpfer aus einem Hochsicherheitsgefängnis befreien. Die Kämpfe dauern an, die USA unterstützen die kurdisch-arabische Allianz aus der Luft.

von
gux

Noch ist nicht klar, wie vielen IS-Anhängern die Flucht aus dem Gefängnis in al-Hassaka gelungen ist.

YPG Press Office 

Darum gehts

Nach dem heftigen IS-Angriff auf ein Gefängnis in der nordsyrischen Stadt Al-Hassaka dauern die Gefechte weiter an. Aktivisten zufolge waren mindestens 200 IS-Kämpfer in die Attacke involviert. Im Innern überwältigten Häftlinge Wächter und waren an Waffen gekommen.

Zahlreiche geflohene Anhänger der Terrormiliz seien gefasst worden, sagte ein Sprecher des von Kurden angeführten Militärbündnis der «Syrischen Demokratischen Kräfte» (SDF) am Samstag. Die Zahl der Flüchtigen sei unbekannt. Auch der Schweizer IS-Anhänger Daniel D. (26) sitzt im al-Sina'a-Gefängnis. Sein Verbleib ist weiter unklar.

Schwerster Angriff seit 2019

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, Dutzende seien auf der Flucht. Bisher sollen mehr als 130 Flüchtige wieder gefasst worden sein. Bei dem IS-Überfall auf das Gefängnis waren der Beobachtungsstelle zufolge 89 Menschen ums Leben gekommen, darunter 56 Jihadisten.

US-Truppen unterstützten den Kampf gegen die Extremisten mit Luftanschlägen.

Ein Twitter-Video vom Samstagnachmittag: SDF-Kämpfer zerstören mit einem gepanzerten Bulldozer eine Mauer in der Nähe des Gefängnisses, um im Kampf gegen die IS-Zellen und geflohenen IS-Häftlinge eine zusätzliche Flanke zu eröffnen.

Es war einer der schwersten IS-Angriffe in Syrien seit die Terrormiliz 2019 besiegt wurde. Sein Ziel war die Befreiung inhaftierter Anhänger – ein vom IS seit Jahrzehnten perfektioniertes Manöver.

«Internationale Gemeinschaft hat versagt»

Der massive Angriff sei «das Ergebnis des Versagens der internationalen Gemeinschaft, ihrer Verantwortung gegenüber diesem grossen und ernsten Problem gerecht zu werden, das wir als ein internationales Problem betrachten», twitterte Abdulkarim Omar, Aussenbeauftragter von Rojava, der kurdischen Selbstverwaltungszone Nordsyriens.

Man habe «immer wieder an die internationale Gemeinschaft für die IS-Kämpfer in den Gefängnissen und Lagern appelliert, sagte er dem kurdischen Medium AFN.

«Wir haben gewarnt, dass die derzeitige Situation nicht aufrechterhalten werden kann. Die Welt und die internationale Gemeinschaft müssen ihre Verantwortung im Umgang mit dem IS-Problem wahrnehmen.»

Eine Spezialität des IS

Im al-Sina'a-Gefängnis sitzen seit 2019 Tausende IS-Anhänger aus Dutzenden Ländern in Massenzellen. Die Aufstandsgefahr war immer hoch, weswegen das einstige Schulgebäude später zu einem Hochsicherheitsgefängnis ausgebaut wurde.

Gefängnisstürmungen und Befreiung der Insassen waren schon immer eine Spezialität des IS. Im Irak stürmte er 2013 etwa das «Zentralgefängnis Bagdad» – früher Abu Ghraib – und befreite 500 Häftlinge.

Zivilisten fliehen aus der Ghwayran-Nachbarschaft, wo das umkämpfte al-Sina'a-Gefängnis liegt. Einige IS-Kämpfer haben sich in ihren Häusern verschanzt.

Zivilisten fliehen aus der Ghwayran-Nachbarschaft, wo das umkämpfte al-Sina'a-Gefängnis liegt. Einige IS-Kämpfer haben sich in ihren Häusern verschanzt.

AFP

Die Stadt Al-Hassaka liegt im von syrischen Kurden kontrollierten Nordosten des Bürgerkriegslandes. Im dortigen Gefängnis sitzen nach kurdischen Angaben rund 5000 IS-Anhänger. In einer in den sozialen Medien verbreiteten Erklärung bekannte sich der IS zu der Tat.

Die Terrormiliz hatte im Sommer 2014 grosse Gebiete im Norden und Westen des Iraks eingenommen und dort ein sogenanntes Kalifat ausgerufen. Zum Herrschaftsgebiet der Extremisten gehörten auch grosse Teile des benachbarten Syriens, mit Raqqa als syrischer «Kalifats-Hauptstadt».

«60 Prozent der Wüstengebiete Syriens unter IS- Kontrolle»

Mit militärischer Unterstützung der USA und anderer Staaten konnten die irakischen Sicherheitskräfte die Terrormiliz zurückdrängen. In Syrien nahmen von Kurden angeführte Truppen im Frühjahr 2019 die letzte IS-Hochburg Baghuz ein (zum 20-Minuten-Bericht vor Ort).

Beobachter warnen schon länger vor einem Wiederaufstieg der Terrormiliz. «Der IS zeigt sich nicht nur in den nördlichen und östlichen Regionen Syriens», so ein SDF-Sprecher. «Insbesondere dringt er in die Wüsten von Deir ez-Zor, Raqqa, Hema, Damaskus, Khims, Siwêda und sogar in die Wüsten des Iraks vor. 60 Prozent der rechteckigen Wüstengebiete Syriens befinden sich unter der Kontrolle des IS.»

Kräfte der SDF hoben erst letzten August eine grosse IS-Zelle in der Wüste von Deir-ez-Zor aus.

Kräfte der SDF hoben erst letzten August eine grosse IS-Zelle in der Wüste von Deir-ez-Zor aus.

SDF Press Office

Zeitgleich zur Gefängnisstürmung in Nordsyrien schlug der IS im benachbarten Irak zu.

Bei einem Angriff auf einen irakischen Stützpunkt in der Provinz Diyala wurden am frühen Freitag zehn Soldaten und ein Offizier getötet. Der IS bekannte sich später zu dem Anschlag.

My 20 Minuten

Deine Meinung zählt

11 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen