Schicksalstag: Der Niedergang der Credit Suisse anhand von fünf Kennzahlen

Aktualisiert

SchicksalstagDer Niedergang der Credit Suisse anhand von fünf Kennzahlen

Die Credit Suisse hat in London erklärt, wie sie das Steuer herumreissen und wieder wachsen will. Zwei Experten schätzen für 20 Minuten ein, ob die Massnahmen Erfolg versprechen.

Die Credit Suisse holt mit der Saudi National Bank einen finanzkräftigen Partner an Bord.
Die Bank werde bei der beschlossenen Kapitalerhöhung mit rund 1,5 Milliarden Franken einsteigen, teilte die Credit Suisse am Donnerstag mit.
Investmentbank-Chef Christian Meissner verlässt die Grossbank per sofort.
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Die Credit Suisse holt mit der Saudi National Bank einen finanzkräftigen Partner an Bord.

AFP

Darum gehts

9000 Entlassungen, 2,5 Milliarden Franken Kosteneinsparung, ein neuer Partner aus Saudiarabien und eine radikale Umstrukturierung der Investmentbank sollen die Credit Suisse wieder auf den Wachstumspfad bringen. Zwei Experten erklären auf Anfrage der Redaktion, ob diese Massnahmen Erfolg versprechen.

«Die Lage der CS ist kritisch», sagt Marc Chesney, Finanzprofessor an der Uni Zürich. «Gewisse Grossbanken wären ohne Staatsgarantie wahrscheinlich bankrott.» Sollte es so weit kommen, wäre laut Chesney klar, wer die Rechnung bezahlt: die Angestellten, die Kundschaft – und am Ende des Tages die Steuerzahlenden.

Denn der Staat werde die Bank im Notfall retten, weil sie «too big to fail» sei. Das sei störend, weil die CS für die Staatsgarantie nichts bezahle und so Anreize habe, immer mehr Risiken einzugehen. Jede Privatperson müsse hingegen Geld ausgeben, wenn sie etwas versichern wolle, zum Beispiel bei einer Autoversicherung.

Soll der Staat die CS im Notfall retten?

Die Entwicklung folgender fünf Kennzahlen zeigt, welche Probleme die Bank nun dringend anpacken muss.

Sinkender Umsatz bei hohen Kosten

2019 generierte die CS 35,17 Milliarden Franken Umsatz, letztes Jahr waren es nur noch 26,25 Milliarden. «Das ist ein Problem, weil die Kosten nicht im gleichen Umfang sinken», sagt Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz zu 20 Minuten. Dass die Bank nun ein Kostensenkungsprogramm starte, sei dringend nötig.

Monster-Boni trotz schlechtem Geschäft

Die Gesamtvergütung der Geschäftsleitung betrug im Jahr 2021 rund 38,6 Millionen Franken. «Anstatt Mitarbeitende zu entlassen, würde die Bank lieber ihre Lohn- und Boni-Zahlungen reduzieren – und zwar massiv», sagt Chesney. Dass die CS ihre Geschäftsleitung und Top-Manager immer noch mit riesigen Geldmengen entlöhne, obwohl die Bank gar nicht gut wirtschafte, zeige, dass sie die Prioritäten falsch setze.

Grosse Verluste durch Aktiencrash

Die Börsenkapitalisierung der CS lag 2019 bei rund 32,45 Milliarden, aktuell beläuft sie sich auf etwa 11,11 Milliarden Franken. Die Kennzahl weist den Gesamtwert aller Aktien und damit den Wert der Bank aus. «Das zeigt, dass die Investorinnen und Investoren die Zuversicht in die CS verloren haben», so Kunz.

Wird die CS nun verkauft?

Das Image der Bank sei offenbar so schlecht, dass kaum noch jemand in sie investiere. Wenn sich die Marktkapitalisierung um fast zwei Drittel reduziere, generiere das grosse Verluste für die Anlegerinnen und Anleger. «Es erstaunt mich, dass diese das akzeptieren», sagt Kunz. Denn das Aktionariat sei am Steuer und könnte den Verwaltungsrat austauschen. «Das hätten sie schon lange machen müssen», sagt Kunz.

Massiver Stellenabbau

Zwischen 2019 und 2021 stellte die CS rund 2250 Mitarbeitende ein, nun will sie bis Ende 2025 9000 Angestellte entlassen. Weil die Bank ihr Risikomanagement nicht im Griff habe, könne sie aber kaum auf Leute aus der Rechtsabteilung und dem Compliance-Team verzichten – «sonst dauern die Rechtsstreitigkeiten noch länger.»

Dass die CS nun ihr Investmentbanking zurückfahre, sei zwar sinnvoll, doch es komme zu spät. «Dass dieser Bereich Probleme machen wird, zeichnete sich bereits vor drei Jahren ab», sagt Kunz.

Vom Milliardengewinn zum Milliardenverlust

2019 machte die CS noch 3,4 Milliarden Franken Gewinn, dieses Jahr sind es alleine im dritten Quartal vier Milliarden Franken Verlust. Der Rückgang sei zwar teils unverschuldet, da die ganze Branche leide. Doch bei der CS gebe es auch viele hausgemachte Probleme, etwa all die Rechtsfälle und die Archegos- und Greensill-Debakel. «Das ist tragisch», sagt Kunz.

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