Der schwangere Mann
Thomas Beatie ist glücklich, denn im Juli soll sein erstes Kind zur Welt kommen. Bizarr ist allerdings, dass nicht die Mutter das Kind austrägt, sondern Mister Beatie höchstpersönlich.
Thomas Beatie berichtet in der April-Ausgabe von «The Advocate», ein Schwulen- und Lesbenmagazin aus Los Angeles, über seine unglaubliche Geschichte. Als Frau geboren, liess sich Beatie zum Mann umoperieren. Er liess seine Brüste entfernen und machte eine Testosteron-Therapie. Seine Vagina und seine Gebärmutter behielt er. Doch auf den Papieren galt er offiziell als Mann.
Als Beatie seine Frau Nancy heiratete, kam bald der Kinderwunsch auf. Nancy konnte aber nicht schwanger werden. So beschloss das Paar, sich bei einer anonymen Spermienbank zu bedienen. Thomas sollte das Kind austragen.
Er bereitete seinen Körper über Monate auf eine Schwangerschaft vor. Er stoppte die regelmässige Testosteron-Spritzen und nach vier Monaten hatte sich sein «Körper selber reguliert», schreibt er.
Ein Jahr und neun Monate später wurde Thomas Beatie zum ersten Mal schwanger, ohne Fertilitätsdrogen, Progesteron oder Estrogene, wie er selber behauptete. Doch es war eine Bauchhöhlenschwangerschaft. Beatie verlor die Embryonen – angeblich waren es Drillinge – und seine rechten Eileiter.
Doch das Paar gab nicht auf und versuchte es bald noch einmal. Diesmal klappte es. Thomas Beatie über seine Schwangerschaft: «Es fühlt sich wunderbar an, ein schwangerer Mann zu sein. Obwohl neues Leben in meinem Leib heranwächst, bin ich zuversichtlich als Mann. Auf eine Art bin ich meine eigene Leihmutter, aber meine Identität als Mann ist stabil. Für Nancy bin ich ihr Ehemann, der ihr Kind austrägt. Ich werde der Vater meiner Tochter sein und Nancy ihre Mutter. Wir werden eine Familie sein», gibt er im «Advocate»-Artikel zu Protokoll.
Geburtstermin ist der 3. Juli, gibt Beatie bekannt. Auch Beaties Frauenarzt bestätigte die Schwangerschaft gegenüber «The Advocate». Der Mann mit dem haarigen Babybauch sei tatsächlich Thomas Beatie, sagte er.
«Wir spielen mit Feuer»
Für Thomas Beatie ist seine Schwangerschaft ein Recht: «Biologische Kinder zu wollen ist weder ein weiblicher noch ein männlicher Wunsch, es ist ein menschlicher Wunsch.» Ethikerin Margaret Somerville vom «McGill Center for Medicine, Ethics and Law» sieht mit Beaties Geschichte eine «Entwurzelung der biologischen Familie», ein Prozess, der mit gleichgeschlechtlichen Ehen begann.
«Sobald man sich von der wesentlichen biologische Realität entfernt, sobald man eine eigene Definition von Familie bestimmt, sind diese Sachen möglich», sagte Somerville weiter. «Ich würde aber gerne diese Definition umkehren, indem ich sage: 'Du bist künstlich zum Mann geworden, du bist eine Frau und du wirst ein Baby bekommen, dein eigenes Baby. Aber nicht weil du ein Clown-Kostüm anziehst, wirst du etwas anderes sein», kritisiert Somerville. «Es ist sehr heikel, wenn wir diese biologische Realität, die unsere Gesellschaften seit tausenden und tausenden von Jahren begleitet und uns Respekt und Stabilität verliehen hat, nun auf den Kopf stellen. Ich glaube, wir spielen hier mit Feuer.»