WährungsmanipulationDer Schweiz drohen US-Sanktionen
Wenn die USA die Schweiz als Währungsmanipulatorin einstuft, könnte das die Exportindustrie Jobs kosten. Wie kann die Schweiz die Konfrontation mit Trump abwenden?
Darum gehts
- Die Schweiz ist in den Augen der USA eine Währungsmanipulatorin.
- Das könnte Sanktionen zur Folge haben.
- Allerdings kann sich die Schweiz verteidigen.
Das US-Finanzministerium mag es gar nicht, wenn grosse Handelspartner mit ihrer Wechselkurspolitik grosse Handelsungleichgewichte schaffen. Darum gibts halbjährlich einen Bericht, der Länder, die genau das tun, als Währungsmanipulatoren einstuft – laut der UBS dürfte die Schweiz dieses Mal ebenfalls auf der Liste stehen.
Zur Definition eines Währungsmanipulators haben die US-Behörden drei Schwellenwerte festgelegt. Die Schweiz überschreitet alle drei massiv:
- Handelsdefizit
Der Handelsüberschuss mit den USA darf in zwölf Monaten maximal 20 Milliarden Dollar betragen. Das Schweizer Handelsbilanzdefizit beträgt allerdings mit 43,9 Milliarden Dollar mehr als doppelt so viel.
- Leistungsbilanz
Auch die gesamte Leistungsbilanz der Schweiz genügt den Anforderungen der USA nicht: Sie erlaubt einen Überschuss von maximal 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) – über die letzten vier Quartale waren es in der Schweiz aber 11,2 Prozent.
- Devisenmarkt
Die USA sehen einseitige Interventionen am Devisenmarkt nicht gern. Solche Eingriffe dürfen darum nicht grösser als 2 Prozent des BIP sein. Seit neuem tanzt die Schweiz auch hier aus der Reihe: Die Schweizerische Nationalbank hat innert eines Jahres mit einem Volumen von geschätzt 10,5 Prozent des BIP eingegriffen.
Währungsmanipulation
Schaden für US-Firmen
Grosse Handelsungleichgewichte schaden laut den US-Behörden dem amerikanischen Wachstum, den Arbeitnehmenden und den US-Firmen. Darum veröffentlicht das Finanzministerium zweimal im Jahr einen Bericht über die Währungspolitik der wichtigsten amerikanischen Handelspartner. Zuletzt erschien dieser Bericht im Januar – es wird demnächst die neue Auflage erwartet. Ein genaues Erscheinungsdatum ist aber nicht bekannt.
Sanktionen drohen
Wird die Schweiz als Währungsmanipulatorin eingestuft, dürften die US-Behörden das Gespräch mit der Schweiz suchen und verlangen, dass die obigen Werte reduziert werden. Laut US-Gesetz könnten sonst nach einem Jahr Sanktionen verfügt werden. Insbesondere könnte Präsident Donald Trump sämtliche Verhandlungen für bilaterale Handelsabkommen blockieren.
Das hätte für die Schweiz merkliche Auswirkungen, wie UBS-Analyst Alessandro Bee zu 20 Minuten sagt: «Die Unsicherheit beim bilateralen Handelsverhältnis würde langfristig die Attraktivität der Schweiz als Werkplatz senken.»
Jobs in Gefahr
Die USA sind laut Bee für die Schweiz ausser Deutschland der wichtigste Handelspartner. Darum wären Sanktionen eine grosse Belastung für die Exportindustrie: «Vor allem die Pharmaindustrie ist auf die USA angewiesen.» Es könnten Jobs gefährdet sein.
Bee glaubt allerdings, dass die Schweiz ihre währungspolitischen Massnahmen gegenüber den USA verteidigen kann. Schliesslich greife die SNB in den Devisenmarkt ein, weil der Euro schwach ist – nicht um mehr in die USA importieren zu können.
«Der Franken ist zum Dollar nahe an einem fairen Wert», so Bee. Darum könne man nicht behaupten, die Schweiz manipuliere den Dollarkurs.
Schweiz im Einklang mit US-Behörden
Dazu kommt, dass die Schweiz in letzter Zeit stark im Einklang mit den Vorschlägen der US-Behörden gehandelt hat: Vor einem halben Jahr hatten die USA der Schweiz nahegelegt, mehr auf Fiskal- statt auf Geldpolitik zu setzen (siehe Box). Das hat sie auch getan: Die Hauptpfeiler des Konjunkturprogramms sind vom Bund garantierte Überbrückungskredite und Kurzarbeit.
Fiskal- oder Geldpolitik?
Ein Staat hat zwei wirtschaftspolitische Instrumente:
- Fiskalpolitik
Bei der Fiskalpolitik wird die Konjunktur mit öffentlichen Einnahmen und Ausgaben beeinflusst. Der Staat kann zum Beispiel die Volkswirtschaft mit Steuern oder Konjunkturprogrammen zu stabilisieren versuchen.
- Geldpolitik
Die Zentralbank eines Landes versucht, mit der Geldpolitik unter anderem die Preise stabil zu halten. Die SNB kauft etwa immer wieder Euro, um zu verhindern, dass sich die Währung gegenüber dem Franken zu stark abschwächt.
So erklärt die SNB selbst ihre Aufgaben.
SNBUBS-Analyst Bee geht zwar davon aus, dass man nicht explizit mehr auf Fiskalpolitik setzt, weil die USA es gewünscht haben. «Aber man handelt im Einklang mit diesen Vorschlägen und zeigt, dass Fiskalpolitik in diesem Land doch eine Rolle spielt.»
Abhängig vom diplomatischen Geschick der Schweizer Behörden und dem Wohlwollen der USA sei es darum möglich, eine Konfrontation abzuwenden, ist Bee überzeugt. Die Kriterien der USA führen aber trotzdem zu Unsicherheit. Bee erwartet darum hohe Schwankungen bei den Wechselkursen für die kommenden Monate.