Der Schweiz gehen die Informatiker aus
Die IT-Branche schlägt Alarm: Hierzulande droht ein dramatischer Mangel an Informatikern. Nun werden Massnahmen ergriffen.
Mit einem «Jahr der Informatik - informatica08» soll die negative Entwicklung gestoppt und das Interesse der Jugendlichen geweckt werden. Gleichzeitig soll auf die Schlüsselrolle der Informatik für Wirtschaft und Gesellschaft aufmerksam gemacht werden.
Die Initianten des Jahres der Informatik informierten am Dienstag in Zürich über die aus ihrer Sicht dramatische Entwicklung und wie sie aufgehalten werden soll. Allein um die natürlichen Abgänge zu ersetzen, sollten pro Jahr etwa 5000 bis 7000 junge Leute neu in Informatikberufe einsteigen. Im Moment betrage aber die jährliche Zahl der Berufseinsteiger weniger als 3000. Konkret bedeute dies, dass in der Informatik für gut ausgebildete Nachwuchskräfte nicht nur heute, sondern auf viele Jahre hinaus beste berufliche Chancen bestünden. Carl August Zehnder, ehemaliger Leiter des Departements für Informatik an der ETH Zürich, machte für die negative Entwicklung unter anderem das falsche Image der Branche verantwortlich. Die Informatik werde heute oft als hektisch, undurchsichtig, unverständlich und instabil wahrgenommen.
In der Schweiz würden heute in über drei Vierteln aller Arbeitsplätze auch Informatik-Anwenderkenntnisse verlangt und in einem Grossteil der Privathaushalte stünden Computer. Doch diesem hohen Ausrüstungsstand entspreche das Grundlagenwissen der Bevölkerung in keiner Weise. Laut den Initianten des Jahres der Informatik arbeiten in der Schweiz gemäss Schätzungen etwa 120 000 Informatiker. Aber mit rund 70 Prozent verfüge der Grossteil nicht über eine vollwertige Informatik-Berufsausbildung. Dies sei darauf zurückzuführen, dass viele Firmen angesichts des immer gravierender werdenden Mangels an ausgebildeten Fachleuten längst dazu übergegangen seien, Leute aus anderen Berufen als Quereinsteiger einzustellen.
Im Jahr der Informatik 2008 soll es nun primär darum gehen, falsche Bilder der Informatikwelt zu korrigieren und das Interesse an echten Informatikinhalten zu wecken, sowohl für vermehrten Berufsnachwuchs wie auch zur Stärkung der Informatikkompetenz in der Gesellschaft. Das Aktionsprogramm sieht vier nationale Events sowie eine Reihe von regionalen und lokalen Veranstaltungen vor.
In der Öffentlichkeit und an Schulen müsse die langfristige Bedeutung der Informatik als Schlüsselgebiet der Zukunft stärker sichtbar gemacht werden. Der Informatikszene in der Schweiz komme eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Allein die Banken, die grössten Informatikbetriebe des Landes, würden gemäss Schätzungen jährlich 7,5 Milliarden Franken für Investitionen und Informatikdienstleistungen ausgeben. Die gute Position der Schweiz im globalen Wettbewerb sei gefährdet, wenn es nicht gelinge, in den Schulen das Fach Informatik besser zu verankern und vermehrt gute junge Leute für Informatikberufe zu gewinnen. An den Schulen auf allen Stufen soll der Informatik mehr Gewicht beigemessen werden. Insbesondere sollen auch mehr Frauen für Informatikberufe gewonnen werden. Ihr Anteil schwankt je nach Richtung, erreicht aber höchstens etwa 15 Prozent. (dapd)