Deutsche Wirtschaft darbt, doch der Dax ist auf Rekordhoch – warum?

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Deutscher AktienindexDeutsche Wirtschaft darbt, doch der Dax ist auf Rekordhoch – warum?

Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut, der Dax boomt trotzdem. Ein Aktienstratege der ZKB erklärt, woran das liegt.

Der deutsche Aktienindex Dax ist auf einem Rekordhoch.
Das habe auch mit dem Wahlsieg Donald Trumps zu tun, erklärt ein Aktienstratege der ZKB.
Auch die Hoffnung auf weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank beflügelt den Markt.
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Der deutsche Aktienindex Dax ist auf einem Rekordhoch.

IMAGO/Eibner

Dax auf Rekordhoch: Darum gehts

  • Der Dax erreicht neue Höchststände, obwohl die deutsche Wirtschaft schwächelt.

  • Trumps Wahlsieg und die Hoffnung auf eine Lockerung der Schuldenbremse treiben den Aktienindex nach oben.

  • Jörn Spillmann, Aktienstratege bei der Zürcher Kantonalbank, rechnet nicht mit einer baldigen Korrektur.

Der deutsche Aktienindex Dax ist auf ein Rekordhoch geklettert. Gleichzeitig darbt die deutsche Wirtschaft weiter, dieses Jahr wird sie wohl schrumpfen. Wie passt das zusammen? Jörn Spillmann, Aktienstratege bei der Zürcher Kantonalbank, schätzt die Situation auf Anfrage ein.

Dax läuft besser als Dow Jones

Der Dax hat erstmals die Marke von 20'460 Punkten übertroffen, kurz vor der dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank am Donnerstag. Allein in den ersten fünf Handelstagen im Dezember ging der deutsche Aktienindex um rund vier Prozent nach oben, womit er dem Wall-Street-Index Dow Jones Industrial die Show stahl. Martin Utschneider, Chartexperte von Finanzethos, geht laut der Agentur DPA davon aus, dass der Aufwärtstrend mittel- bis langfristig anhält – Verkaufssignale gebe es noch keine. Skeptischer ist der Portfolio-Manager Thomas Altmann, der den Dax aktuell für überbewertet hält.

«Der Wahlsieg Trumps sorgte für Zuversicht»

Jörn Spillmann, Aktienstratege bei der Zürcher Kantonalbank, äussert sich auf Anfrage zum Dax-Rekordhoch.

Jörn Spillmann, Aktienstratege bei der Zürcher Kantonalbank, äussert sich auf Anfrage zum Dax-Rekordhoch.

Privat

Der Dax ist auf dem Rekordhoch, gleichzeitig steckt die deutsche Wirtschaft in einer Rezession. Wie kann man das erklären?

Spillmann: Der Dax wird von international operierenden Unternehmen dominiert, die ihre Gewinne zu einem grossen Teil im Ausland erwirtschaften. Der Wahlsieg Trumps sorgte für Zuversicht, dass die US-Konjunktur bis auf Weiteres nicht in eine Rezession abgleitet. Und die chinesische Regierung versucht mit vielen Mitteln, die Wachstumsverlangsamung zu stoppen.

Trotzdem: Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut.

Ja, die Binnenkonjunktur in Deutschland verläuft schwach, allerdings besteht die Hoffnung, dass die Schuldenbremse gelockert wird und die künftige Regierung ähnliche Reformen anstösst, wie die «Agenda 2010» Anfang des Jahrtausends. Zudem wird darauf gesetzt, dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen weiter senkt – möglicherweise sogar mit grösseren Schritten als gedacht.

Bleibt der Dax so hoch, wäre es seit 2019 das beste Jahr. 2021 und 2022 wuchs die deutsche Wirtschaft, der Dax lief aber schlechter. Warum?

Damals bestand noch die globale Unsicherheit durch die Coronakrise, vor allem hat der wichtige Exportmarkt China gebremst. Hinzu kam der Ukraine-Krieg, der die europäischen Aktienmärkte generell mehr belastet hat als andere Regionen, und in Deutschland stiegen die Energiekosten besonders stark an. Ausserdem war absehbar, dass die Europäische Zentralbank vor kräftigen und schnellen Leitzinsanhebungen stand.

Wird der Dax im Dezember 2025 höher oder tiefer sein als jetzt?

Der Dax liegt dieses Jahr 22 Prozent im Plus, der SMI nicht mal sechs Prozent, obwohl die Schweizer Wirtschaft besser läuft. Wieso?

Auch die im Schweizer Index gelisteten Unternehmen hängen von der globalen Konjunktur ab und kaum von der heimischen. Solides globales Wirtschaftswachstum und rückläufige Leitzinsen sind ein gutes Umfeld für konjunktursensitive Branchen, diese sind im Schweizer Aktienindex aber untervertreten. Ein hohes Gewicht an defensiven Sektoren wie Gesundheit und nichtzyklischer Konsum ist dann nicht hilfreich. Zudem haben gerade die Schweizer Unternehmen in diesen Sektoren mit Herausforderungen zu kämpfen. Der starke Schweizer Franken liefert ebenfalls Gegenwind.

Ist der Dax nun überbewertet?

Die Gewinnentwicklung des Dax ist im Vergleich zum Gesamtmarkt der Eurozone leicht schlechter. Insofern hat der überdurchschnittliche Kursanstieg auch zu einem deutlichen Bewertungsanstieg geführt. Im Vergleich zum Gesamtmarkt der Eurozone ist die Bewertung aber noch immer moderat.

Also kommt es nicht zu einer baldigen Korrektur?

Aus Bewertungsgründen ist eher nicht mit einer Korrektur zu rechnen. Diese käme, wenn die oben beschriebenen Hoffnungen enttäuscht würden und andere positive Nachrichten ausblieben. Wichtige Ereignisse in diesem Zusammenhang könnten zum Beispiel die ersten Massnahmen der neuen Trump-Administration Ende Januar oder das Ergebnis der Bundestagswahl Ende Februar sein.

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