Bunker für Geflüchtete: «Die Aussagen des SVP-Politikers sind für ärmere Menschen abwertend»

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Bunker für Geflüchtete«Die Aussagen des SVP-Politikers sind für ärmere Menschen abwertend»

Geflüchtete sollten in Meggen in Bunkern untergebracht werden, sagte Thomas Schärli, SVP-Kantonsrat aus Meggen. Nun bläst ihm ein steifer Wind ins Gesicht. Die Juso spricht von zutiefst respektlosen Aussagen. 

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Darum gehts

Die Gemeinde Meggen will am Standort Gottlieben eine Containersiedlung errichten, um 100 Personen Platz bieten zu können. Laut der Gemeinde Meggen soll per Stichtag 1. September Platz für 97 Geflüchtete gestellt werden. Weil bisher aber nur 36 Personen eine Unterkunft zugeteilt werden konnte, müsste Meggen 30’000 Franken Strafe bezahlen. Diese Summe ist jetzt aber aufgeschoben, weil das Verfahren für die Erstellung der geplanten Container läuft.

Insgesamt sind gegen die geplante Asylunterkunft 14 Einsprachen eingegangen. Unter anderem auch von der örtlichen SVP. Deren Kantonsrat Thomas Schärli sagte zu 20 Minuten: «Meggen ist ein spezielles Volk. Man will nicht, dass Menschen aus ärmeren Verhältnissen hierherkommen.» Diese Aussage wird nun von der Juso Luzern in einer Medienmitteilung scharf kritisiert: «Dies zeigt wieder einmal mehr auf, dass die SVP Personen mit hohem Einkommen als bessere Menschen betrachtet und jene mit niedrigem Einkommen, Obdachlose und Geflüchtete ihnen scheissegal sind.»

«Wir wollen die Schutzsuchenden näher am Dorfkern, wo das Leben lebt und die demografische Durchmischung gut gegeben ist, unterbringen.»

SVP-Kantonsrat Thomas Schärli

«Als ich das Video mit diesen Aussagen sah, war ich fassungslos», sagt Léon Schulthess, Co-Präsident der Juso Luzern. Dies ist in seinen Augen eine Frechheit für die geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die ihre Heimat verloren haben. Schulthess: «Es ist auch blanker Hohn gegenüber der Bevölkerung und den Gemeinden, die ihre Aufgaben wahrnehmen.» 

Schärlis Aussagen ärgern Schulthess: «Er sagt damit, dass die reichen Bewohner von Meggen keine Ärmeren um sich herum haben möchten. In welcher Realität lebt Schärli, das macht mich hässig und fassungslos.» Schärli erklärt sein Argument betreffend der Reichen so: «Diese Flüchtlinge leben auf engstem Raum in Containern und sind für etwa ein bis drei Jahre täglich damit konfrontiert, teure Autos auf grosse Grundstücke fahren zu sehen. Einzelne Personen, denen überverhältnismässig viele Quadratmeter, meist davor mit einer schönen Garten- oder Parkanlage, zur Verfügung stehen. Deshalb wollen wir diese Schutzsuchenden, wenn, dann näher am Dorfkern, wo das Leben lebt und die demografische Durchmischung gut gegeben ist, unterbringen.»

Wenn Meggen schon Geflüchtete als Gäste aufnimmt, dann soll dies laut Schärli auch so geschehen, dass eine Integration in den Alltag gewährleistet ist, damit keine Unruhen, vor allem durch Langeweile und Abschottung, aufkeimen können. Weiter kritisiert Schärli den Artikel von 20 Minuten und schreibt: «Leider wurde hier die kontextlose Aussage von mir entsprechend genüsslich medial rausgeschnitten.» 

Auch in den sozialen Medien wurde der Artikel geteilt. So twittert etwa Kommunikationswissenschaftler Marki Kovic, dies sei sogar für SVP-Verhältnisse beschämend. Und auf den Tweet der Grünen Nationalrätin Meret Schneider gab es viele Retweets. 

Gemeinderat Meggen distanziert sich von Schärlis Aussagen 

Die Juso forderte auch die Gemeinde Meggen zu einer Stellungnahme auf. Diese teilte am frühen Donnerstagabend mit: «Der Gemeinderat Meggen übernimmt Verantwortung und will seinen Beitrag zur Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen aus der Ukraine solidarisch leisten. Er distanziert sich in aller Form von Aussagen, welche SVP-Kantonsrat Thomas Schärli am 31. August 2022 in einem Interview mit 20 Minuten gemacht hat.» 

Zum Vorschlag der SVP, die Flüchtlinge in der unterirdischen Zivilschutzanlage ohne Fenster anstatt in Wohncontainern unterzubringen, hält Gemeindepräsident Urs Brücker fest: «Unsere Zivilschutzanlage ist einerseits vom Kanton Luzern nicht zugelassen. Andererseits steht sie aus unserer Sicht für längere Aufenthalte, insbesondere eben für Frauen mit Kindern, überhaupt nicht zur Diskussion.» 

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