Die Cafés ziehen den Stecker

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WLANDie Cafés ziehen den Stecker

Kostenloser Internetanschluss lockt Laptop-Besitzer in die Cafés. Davon versprechen sich die Schweizer Gastrobetriebe ein volles Haus und einen höheren Umsatz. Was aber, wenn der Gast länger bleibt und dabei weniger konsumiert als erwünscht?

von
Andrea Löpfe

Im «unternehmen mitte» in Basel gehört das kostenlose WLAN dazu, wie das Gratis-Trinkwasser zum Kaffee. In dem alten Bankgebäude befinden sich zwei Bars und ein Kaffeehaus. Kostenloses Internet gibts an beiden Orten. «Wir bieten unseren Kunden seit Jahren die Möglichkeit, ohne Konsumationszwang unseren Internetzugang zu nutzen», so Benjamin Hohlmann, Gastronomiebeauftragter. Damit sind sie längst nicht mehr alleine. Immer mehr Cafés bieten Gratis-WLAN an, um Kunden anzulocken.

Selbst grosse Ketten wie Starbucks und McDonald's bauen das Angebot weiter aus. Die Starbucks-Filialen wollen mit einer Wohnzimmer-Atmosphäre ihre Kundschaft so lange wie möglich im Laden behalten, wie Reto Zangerl, Mediensprecher, auf Anfrage bestätigt. McDonald's hat sich sogar offiziell zum Ziel gesetzt, die Verweildauer von derzeit 14 Minuten pro Kunde zu verlängern. Klar, fehlt in der Fast-Food-Kette das Gratis-Internet nicht.

Keinen Saft mehr im Café

In den USA hat der Wind aber mittlerweile gedreht. Immer mehr Cafés in New York ziehen der Generation Laptop den Stecker, wie «The Wall Street Journal» schreibt. Für viele Arbeitslose und Freischaffende sind die sogenannten Coffee Shops zu Büros geworden. Sie besetzen stundenlang die Tische, beziehen gratis Strom und nippen, wenn überhaupt, den ganzen Tag am selben Kaffeebecher. «Ich hasse es, den Gebrauch von WLAN zu limitieren. Aber ich musste feststellen, dass die Laptops unsere lukrativere Mittagskundschaft vertreiben», beklagt die Besitzerin von Naidre's Janice Pullicino. Und sie ist damit nicht allein. Immer mehr Kaffees decken die Strombuchsen ab und verbieten den Gebrauch von Laptops über Mittag und am Abend. Andere Shops erheben für den WLAN-Gebrauch mittlerweile eine Gebühr, um den konsumgeizigen Kunden auf andere Art einige Dollars aus der Tasche zu ziehen.

Auch in Australien kämpft man mit dem Problem. Dort kämpfen die McDonald's-Filialen ebenfalls gegen WLAN-User, welche Plätze besetzen, auf denen man lieber essende Kundschaft begrüssen würde. Das australische Technik-Portal ITnews hat errechnet, dass die surfenden Gäste dreimal länger in den Filialen bleiben – meistens aber weniger konsumieren.

WLAN bleibt

Die Coffee-Shop-Betreiber in der Schweiz stören sich noch nicht an den Laptop-Kunden. Im Gegenteil: «Wir haben auch Kunden, die nur einen Kaffee trinken und mehrere Stunden sitzenbleiben», sagt Lena Dreher vom Cafe Nordbrücke in Zürich, «wir sind aber manchmal froh, wenn zu den ruhigen Stunden jemand im Laden sitzt.»

Auch das «unternehmen mitte» schlägt nicht Alarm, verlässt sich aber auf die Ehrlichkeit der WLAN-User. «Wichtig ist für uns, dass die Leute keine eigenen Lebensmittel mitbringen», erklärt Hohlmann, «wir stellen aber keine Verbotsschilder auf». Für ihn ist das kabellose Internet ein Teil der Unternehmensphilosophie. Auch Starbucks sieht keinen Handlungsbedarf. Man habe die richtige Formel gefunden, sagt Sprecher Reto Zangerl: «Unser Konzept geht auf, die Mischung zwischen jenen, die nur einen Kaffee zum Mitnehmen kaufen und jenen, welche sich im Starbucks gemütlich einrichten, ist gerade richtig.»

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